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Es machen sich zu viele große Ketten in den Innenstädten breit, die die Mitpreise treiben, findet Berlins Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne).

© Thilo Rückeis

Update

„Verhindern, dass es nur noch Starbucks gibt“: Der Berliner Senat will die Preisbremse für Gewerbemieten

Justizsenator Behrendt will im Bundesrat den Anstieg der Gewerbemieten stoppen. Das soll kleine Geschäfte schützen. Doch Unternehmer üben Kritik.

Der Berliner Senat prescht beim Thema Mieten weiter voran. Nach dem Mietendeckel fürs Wohnen nimmt sich nun Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) die Gewerbemieten vor – und das am liebsten bundesweit. Am Dienstag will der Senat eine Bundesratsinitiative beschließen, die zu einer sogenannten „Gewerbemietpreisbremse“ führen soll.

„In den letzten Jahren musste beobachtet werden, dass die Gewerbemieten in vielen Ballungsgebieten gleichsam explodiert sind“, heißt es in dem Antrag, der dem Tagesspiegel vorliegt, zur Begründung. Demnach seien die Mieten für große Gewerbeflächen in sogenannten 1B-Lagen in Berlin zwischen 2009 und 2018 um 266 Prozent gestiegen, in 1A-Lagen habe der Anstieg bei rund 50 Prozent gelegen.

„Wir wollen verhindern, dass es in den innerstädtischen Wohngebieten nur noch Ketten wie Starbucks oder Tourismusgewerbe wie Fahrradverleihe gibt“, sagte Behrendt dem Tagesspiegel und warnt vor „uniformen“ Städten. Es gehe ihm um Ladenlokale und Büroflächen für inhabergeführte Betriebe. „Einzelhändler wie Buchläden und Blumenläden oder Handwerkerbetriebe können bei den Mietpreisen nicht mehr lange mithalten“, so der Senator.

„Wenn wir nichts tun, ist es schwer vorstellbar, dass solche Geschäfte die nächsten fünf Jahre überleben.“ Auch soziale Träger, von Kindergärten bis hin zu Beratungsstellen, würden bereits seit Jahren über diese Problematik klagen.

Rechtliche Zweifel

Tatsächlich werden in begehrten Innenstadtlagen in Berlin enorme Mieten aufgerufen. So werden für 50 Quadratmeter Ladenfläche zwischen Ku’Damm und Bahnhof Zoo inzwischen gerne mal 50.000 Euro pro Monat verlangt. Auch Gewerbeflächen in den Seitenstraßen der Flaniermeilen sind nicht unter mehreren Tausend Euro im Monat zu haben.

In der Branche hält sich zudem hartnäckig das Gerücht, dass selbst der US-Konzern Starbucks am Hackeschen Markt ausgezogen ist, weil er die geforderte Miete für zu hoch hielt. Laut der Immobilienberatungsfirma Colliers hat Berlin Frankfurt (Main) und München bei den Durchschnittsgewerbemieten mit fast 22 Euro pro Quadratmeter inzwischen überholt.

Doch Behrends Initiative stößt bei Gewerbetreibenden nicht unbedingt auf Gegenliebe. „Aus unserer Sicht ist die Gewerbemietpreisbremse ein untaugliches Instrument, das das Problem des Gewerbeflächenmangels weiter verschärft“, sagte die IHK-Präsidentin Beatrice Kramm dem Tagesspiegel. „Statt mit weiteren staatlichen Eingriffen Investitionen in neue Gewerbeflächen zu drosseln, sollte das Land lieber die bereits bestehenden Möglichkeiten nutzen, um der Gewerbeflächenknappheit zu begegnen.“

So sollten Entwicklungskonzepte für Gewerbeflächen erarbeitet und umgesetzt werden. „Das heißt auch, die Planungsämter finanziell und personell in die Lage zu versetzen auch Gewerbegebiete zu planen“, mahnte Kramm. „Gerade das wurde in den letzten Jahren stark vernachlässigt."

Auch der Deutsche Städte- und Gemeindebund (DStGb) hält die Einführung einer Gewerbemietpreisbremse für "wenig zielführend und zu bürokratisch". Zudem hält man die vorgeschlagenen Regelungen für "streitanfällig" und "schwer durchsetzbar", wie der DStGb dem Tagesspiegel mitteilte. Stattdessen sprach sich der Verband für "neue Formen, wie etwa frequenzabhängige Mietenstaffelungen" aus.

Zudem gibt es unter Experten rechtliche Zweifel, da der Gewerberaum – anders als die Wohnung – nicht unter besonderem Schutz im Grundgesetz steht. Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages kam in einer Untersuchung in Auftrag des Abgeordneten Pascal Meiser (Linke) allerdings zu dem Ergebnis, dass die Beschränkung der Interessen der Vermieter „geeignet, erforderlich und angemessen“ sein müsse, um das „verfolgte Gemeinwohlziel zu erreichen“. Unter diesen Voraussetzungen könnte eine Gesetzesänderung grundsätzlich möglich und verfassungsgemäß sein.

Kritiker monieren dennoch, dass etwa in Berlin eine Bemessungsgrundlage fehle, da kein Gewerbeflächeninformationssystem gepflegt werde. Auch wird befürchtet, dass eine Mietpreisbremse die Investitionen in Gewerbeflächen hemmen würde.

Ausnahme für den Ku'Damm?

Der Berliner Senat wird aktiv, weil die Bundesregierung aus seiner Sicht zu wenig tut. Vor einem Jahr hatte der Bundesrat das Thema bereits an die Bundesregierung herangetragen. Doch seitdem hat sich nichts getan. Die Antwort auf eine Kleine Anfrage der Grünen förderte zudem zu Tage, dass die Bundesregierung es für „nicht angezeigt“ hält, Gewerbemietverhältnisse mit einer Bremse zu begegnen, wie sie es beim Wohnen getan hat.

Deshalb wurde Behrendt jetzt tätig, auch wenn noch nicht klar ist, wie eine Gewerbemietpreisbremse konkret aussehen könnte. In Behrends Antrag ist die Rede davon, „geeignete Regelungen“ in das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) aufzunehmen. Als Vorbild nennt der Justizsenator Österreich, wo die Bemessung von Gewerbemieten gesetzlich geregelt ist.

„Wie das konkret umgesetzt wird, muss noch diskutiert werden“, so der Senator. „Welche Gebiete von einer solchen Regelung betroffen sein sollten, müsste jede Stadt selbst entscheiden.“ Für Berlin hat er schon Ideen. „Hier würde ich spontan das Gebiet innerhalb des S-Bahn-Ringes in den Blick nehmen“, so Behrendt. „Dann könnte man immer noch diskutieren, ob es für Einkaufsstraßen wie den Ku'damm Ausnahmeregelungen geben soll.“

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