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Vergraben. In dem unterirdischen Stollen bei Halberstadt waren rund 620 Millionen Geldscheine - der gesamte eingelagerte Bestand der früheren DDR-Staatsbank - gelagert.

© dpa

Auf der Suche nach der Ost-Mark: Die Spur des Geldes

620 Millionen Geldscheine sind in einem Tunnel bei Halberstadt vergraben worden. Doch das Versteck war nicht sicher. Diebe haben es geknackt.

Knapp zwei Euro kostete der Zehn-Mark-Schein der DDR bei Ebay. Neu fühlte er sich an, nichts deutete darauf hin, dass sich das Papier mit der aufgedruckten Jahreszahl 1971 schon einmal im Umlauf befunden hatte. Doch nicht nur bei Ebay gibt es ein schier unendlich scheinendes Angebot. Verkäufer aller Art offerieren komplette Serien und selbst Raritäten wie die nie in Umlauf gebrachten 200- und 500-Mark-Scheine. Dabei dürfte es eine solche Geldscheinschwemme gar nicht geben. Denn nach der Währungsunion sollten alle Exemplare mit den Konterfeis von Marx, Engels, Zetkin und anderen vernichtet werden. Doch es kam dabei zu mehreren Pannen.
So könnte der jetzt bei Ebay erstandene Schein aus einem der spektakulären Raubzüge stammen, die vor mehr als 15 Jahren stattgefunden haben. Die Spurensuche führt von Berlin aus rund 220 Kilometer nach Südwesten. Am Rand von Halberstadt befindet sich ein unterirdisches Labyrinth mit kilometerlangen Gängen, Eisenbahnstrecken und breiten Straßen. Unter dem Namen „Malachit“ mussten ab August 1944 Tausende KZ-Häftlinge und Zwangsarbeiter unter unmenschlichen Bedingungen den Thekenberg aushöhlen, damit die Nazis hier geschützt vor Bombenangriffen Flugzeuge montieren und andere Kriegstechnik herstellen konnten. Dazu kam es nicht mehr. Denn beim Ende der Arbeiten, bei denen mindestens 4000 Häftlinge den Tod fanden, war der Krieg vorbei.

100 Milliarden Ost-Mark im Tunnel

An diesem Ort, so beschloss die Staatsbank der DDR, sollten die riesigen Mengen an nicht mehr benötigten Geldscheinen eingelagert werden. Tatsächlich brachten in den Wochen nach dem 30. Juni 1990 Lastwagen aus der ganzen Republik insgesamt rund 620 Millionen Geldscheine mit einem aufgedruckten Wert von etwa 100 Milliarden Ost-Mark in die unterirdischen Stollen. Hier sollten sie unter einem Sand-Wasser-Gemisch und Buttersäure langsam und endgültig hinter dickem Stahlbeton verrotten. Diebe hatten keine Chance, standen doch Tag und Nacht Wachtposten vor den Eingängen. Die Bundeswehr war Hausherrin geworden, dem nun viele NVA-Offiziere in neuen Uniformen dienten.

Alu-Chips und Papiergeld. Die Ost-Mark gibt es nur noch für Sammler.
Alu-Chips und Papiergeld. Die Ost-Mark gibt es nur noch für Sammler.

© picture alliance / dpa

1994 kam das Ende für die militärische Präsenz und damit auch die Bewachung. Vandalismus und Zerstörungswut ließen von der einst so modernen Technik nicht viel übrig. Nur das Geldversteck schien für die Eindringlinge unerreichbar. Es spielte beim Verkauf der Anlage an einen Anwalt aus dem Rheinland gar keine Rolle mehr. Doch im Jahre 1999 geriet die Sammlerwelt in helle Aufregung. Immer mehr druckfrische DDR-Geldscheine kamen auf den Markt und verdarben die Preise. Es brauchte nicht viel kriminalistisches Gespür, um die Quelle zu entdecken: Das sicher geglaubte Versteck im Halberstädter Stollen hatte ein großes Loch, durch das Diebe zu den Geldscheinbergen hindurch krochen. Zwei junge Männer aus der Nachbarschaft wurden auf frischer Tat ertappt, als sie mit voll gestopften Rucksäcken das Weite suchen wollten. Die Geldscheine waren nicht verrottet, sondern im luftdichten Versteck konserviert worden.

KfW lässt Scheine verbrennen

Die Diebe kamen mit einer Bewährungsstrafe davon. Doch schon damals war klar, dass sie ihre Streifzüge nicht allein unternommen hatten. Sie waren auch nicht die einzigen. Anfang 2011 entdeckte die Polizei in einer Wohnung in Halberstadt zufällig 100 000 DDR-Mark. Auch sie stammten aus dem Stollen. Die Kreditanstalt für Wiederaufbau machte als Nachfolgerin der DDR-Staatsbank kurzen Prozess. Sie ließ das Versteck räumen und die Scheine in einer Müllverbrennungsanlage in Niedersachsen endgültig vernichten. Die Aktion kam aber offenbar viel zu spät, wie die großen Mengen an DDR-Geldscheinen im Internet zeigen – bei Ebay und anderen Quellen.

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