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Trumps Zoll-Deal mit der EU: Muss die deutsche Wirtschaft zahlen?
Die USA und die EU wenden einen Handelskrieg gerade noch so ab. Doch kann ein Deal, den Trump feiert, gut für die EU und Deutschland sein? Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Stand:
Die EU und die USA haben sich nach harten Verhandlungen auf einen Deal zur Entschärfung des Zollkonflikts geeinigt. Doch kann eine Vereinbarung, die US-Präsident Donald Trump überschwänglich feiert, gut für die Wirtschaft und die Menschen in der EU sein?
Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.
Worauf haben sich die EU und die USA geeinigt?
Die von Trump zum 1. August angedrohten Zölle in Höhe von 30 Prozent auf die Einfuhr europäischer Produkte in die USA sind abgewendet. Die EU akzeptiert allerdings, dass die USA künftig auf die große Mehrheit der Importe aus Europa einen Zoll in Höhe von 15 Prozent erheben.
Ich glaube, das ist der größte Deal, der jemals gemacht wurde.
US-Präsident Donald Trump feuert das Abkommen mit der EU.
Betroffen sind davon auch europäische Autoimporte, für die bis vor wenigen Monaten noch ein Zollsatz von nur 2,5 Prozent galt. Lediglich auf eine begrenzte Zahl von Waren sollen künftig bei der Einfuhr keine Abgaben fällig werden. Dazu zählen nach Angaben von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zum Beispiel Flugzeuge, bestimmte Chemikalien, Agrarprodukte und kritische Rohstoffe.
Gab es weitere Zugeständnisse von EU-Seite?
Die EU sichert Trump zu, bis zum Ende von dessen Amtszeit US-Energie im Wert von 750 Milliarden Dollar zu kaufen. Nach Angaben von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sollen Flüssigerdgas (LNG), Öl und Kernbrennstoffe aus den Vereinigten Staaten die Lücken füllen, die nach dem geplanten vollständigen Verzicht auf russisches Gas und Öl entstehen werden.
Zusätzlich verspricht die EU Trump, in den kommenden Jahren weitere 600 Milliarden US-Dollar in den USA zu investieren. Trump feierte nach der Einigung und sagte: „Ich glaube, das ist der größte Deal, der jemals gemacht wurde.“
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Was bedeutet die Einigung für die deutsche Wirtschaft und Verbraucher?
Das wird sich vermutlich erst in den nächsten Monaten genau zeigen. Gut ist, dass sich die Ungewissheit ein Stück weit reduziert. Schlecht ist, dass ein Teil der US-Zölle aufrechterhalten bleibt. Zölle machen Produkte in der Regel teurer und bremsen damit den Handel. Denkbar ist deswegen weiterhin, dass deutsche Unternehmen Geschäfte in den USA verlieren und Arbeitsplätze abbauen müssen.
Vom Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) hieß es in einer ersten Reaktion, das Übereinkommen sei ein unzureichender Kompromiss, der ein fatales Signal an die eng verflochtene Wirtschaft auf beiden Seiten des Atlantiks sende. Auch ein Zollsatz von 15 Prozent werde immense negative Auswirkungen auf die exportorientierte deutsche Industrie haben. Nach Angaben des Verbands der Automobilindustrie (VDA) werden allein die jährlichen Kosten für die Unternehmen der deutschen Automobilindustrie auf eine Milliardensumme geschätzt.
Die Deutsche Industrie- und Handelskammer wertete die Einigung als „dringend benötigte Atempause“ für viele Unternehmen und forderte weitere Verhandlungen. „Die deutsche Wirtschaft kann vorerst durchatmen: Die Gefahr einer Eskalation im Handelsstreit mit den USA ist abgewendet“, erklärte DIHK-Hauptgeschäftsführerin Helena Melnikov am späten Sonntagabend.
Doch der Deal habe „seinen Preis“, der „auch zu Lasten der deutschen und europäischen Wirtschaft“ gehe, fuhr Melnikov fort. Zudem handele es sich nur um einen ersten Schritt, bei dem viele Details noch unklar seien. Melnikov forderte, die EU müsse nun weiter mit den USA verhandeln und „an einem umfassenden, fairen und zukunftsgerichteten Handelsabkommen arbeiten“.
Bundesregierung und EU-Kommission müssten nun unter anderem für „wettbewerbsfähige Standortbedingungen“ und „weitere Freihandelsabkommen“ sorgen. „Gerade in Märkten wie Südamerika, Asien und Australien liegt enormes Potenzial“, erklärte Melnikov. Das Freihandelsabkommen zwischen der EU und den südamerikanischen Mercosur-Staaten müsse „endlich ratifiziert“ und „die Verhandlungen mit Indien, Indonesien und Australien mit Nachdruck weitergeführt werden“.
Die „Wirtschaftsweise“ Ulrike Malmendier sieht im Zollabkommen zwischen der EU und den USA eine schwere Bürde für Teile der deutschen Wirtschaft. Zölle in Höhe von 15 Prozent seien eine „ungeheure Belastung für die Wirtschaft, nicht nur hier, sondern auch in den USA“, sagte Malmendier im ARD-„Morgenmagazin“. In den Jahren und Jahrzehnten zuvor habe ein Satz von ungefähr einem Prozent gegolten. „Im Vergleich dazu ist das schon ein Drama.“
Malmendier, die in Kalifornien lehrt, sagte, vor allem für einzelne Firmen und Branchen könnten die Auswirkungen erheblich sein. Was es für die Gesamtwirtschaft bedeutet, sei hingegen schwer abzuschätzen.
Die Winzer sind indes „total enttäuscht“. „Der sogenannte Deal ist für die Weinbranche ganz schlecht“, sagte Winzer Johannes Selbach vom Weingut Selbach-Oster, der dem Verband Deutscher Weinexporteure angehört.
Vor allem die Region Mosel, aus der fast die Hälfte aller deutschen Weine in die USA gehen, würde von US-Zöllen in Höhe von 15 Prozent hart getroffen. Noch gebe es aber einen Hoffnungsschimmer, sagte Selbach. Einige Güter aus dem Agrarbereich müssten noch verhandelt werden. „Da hoffen wir, dass da Wein noch nach- oder mit verhandelt wird. Dass das noch nicht das Ende ist.“
Warum hat die EU den Deal akzeptiert?
Wäre es zu keiner Einigung gekommen, hätten ab dem 1. August US-Zölle in Höhe von 30 Prozent gedroht. Die EU wollte eine Eskalation verhindern, da diese den Handel und Arbeitsplätze kurzfristig noch mehr bedroht hätte.
Hinzu kam die Sorge, Trump könne im Fall eines verschärften Konflikts neue Drohkulissen aufbauen – beispielsweise, indem er erneut die militärische Beistandspflicht innerhalb der Nato infrage stellt oder die Unterstützung für die Ukraine zurückfährt – beides sind äußerst sensible Themen angesichts der Bedrohungen durch Russland.
Das heutige Abkommen schafft Sicherheit in unsicheren Zeiten.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zur Einigung mit den USA
Wenn die Europäer im Bereich der Verteidigung nicht so abhängig von den USA wären, hätten sie den Deal vielleicht nicht akzeptiert. Wirtschaftlich ist die EU nämlich mit etwa 450 Millionen Bürgerinnen und Bürgern in 27 Ländern eine echte Marktmacht, die den Vereinigten Staaten in einem Handelskonflikt schwer zusetzen könnte.
Wie erklärt die EU den Deal?
Von der Leyen sagte nach dem Treffen mit Trump: „Das heutige Abkommen schafft Sicherheit in unsicheren Zeiten.“ Europäische Unternehmen bräuchten in diesen aktuell so turbulenten Zeiten Vorhersehbarkeit, um planen und investieren zu können. Hinter vorgehaltener Hand wird zudem auch in der EU-Kommission eingeräumt, dass der Vorwurf von Ungleichgewichten in den Handelsbeziehungen zwischen der EU und den USA nicht ganz von der Hand zu weisen war.
So verbuchte die EU im Warenhandel mit den USA 2024 nach jüngsten Zahlen des Statistikamts Eurostat einen deutlichen Überschuss in Höhe von rund 198 Milliarden Euro. Im Dienstleistungsbereich sah es zwar für die USA besser aus – am Ende blieb für die EU aber noch immer ein Handelsüberschuss von 50 Milliarden Euro.
Wie reagieren EU-Mitgliedsstaaten?
Das Rahmenabkommen sei schlechter als die Vereinbarung, die Großbritannien mit den USA getroffen hat, sagte Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán. „Präsident Donald Trump hat Kommissionspräsidentin (Ursula) von der Leyen zum Frühstück verspeist. Das ist passiert, und wir hatten das vermutet, da der US-Präsident bei Verhandlungen ein Schwergewicht ist, während die Frau Präsidentin ein Federgewicht ist“, erklärte Orban.
Auch aus Frankreich kommt scharfe Kritik. Der französische Premierminister François Bayrou sprach am Montag von einem „einem schwarzen Tag“ für Europa. Es sei traurig, dass die EU – „ein Bündnis freier Ländern, die ihre Werte und ihre Interessen verteidigen wollen“ – sich nun zur „Unterwerfung“ entschlossen habe.
Die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni sagte am Montag, sie müsse die Einzelheiten des Abkommens zunächst prüfen. Grundsätzlich begrüßte sie aber die Einigung, die „potenziell verheerende“ Folgen einer Eskalation des Zollstreits verhindere.
Was gewinnt Trump?
Der 15-Prozent-Zoll dürfte jährlich Zusatzeinnahmen in Milliardenhöhe in die US-Staatskasse spülen. Nach EU-Angaben lag der durchschnittliche US-Zollsatz auf Importe aus der EU in der Praxis vor dem Amtsantritt Trumps bei lediglich etwa ein Prozent und damit ebenso niedrig wie der Zollsatz der EU auf US-Importe – zumindest dann, wenn man nur den tatsächlichen Warenhandel zwischen der EU und den USA zugrunde legt.
Wie kam es zu dem Deal?
Vorausgegangen waren in den vergangenen Monaten zähe Verhandlungen und immer neue Drohungen und Eskalationen durch Donald Trump. Zuletzt lud der US-Präsident von der Leyen und ihren Handelskommissar Maros Sefcovic dann ein, am Wochenende in sein Luxus-Golfhotel in Turnberry in Schottland zu kommen.
Bei einem rund einstündigen Treffen wurde der Deal dann fix gemacht. Trump argumentierte in den Verhandlungen vor allem mit dem Handelsungleichgewicht zwischen den USA und der EU. Zudem will er mit seinem Kurs unter dem Motto „America First“ industrielle Produktion zurück in die USA holen. Die zusätzlichen Zolleinnahmen sollten außerdem helfen, seine umfangreichen Steuersenkungen gegenzufinanzieren.
Ist der Handelskonflikt nun vollständig beigelegt?
Das bleibt abzuwarten. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen räumte nach Bekanntgabe des Deals ein, dass noch nicht alle Details abschließend geklärt sind. Offen ist unter anderem, wie es mit den US-Stahl- und Aluminiumzöllen weitergeht, die Trump in den vergangenen Monaten auf 50 Prozent erhöht hatte.
Die EU hofft, dass bestimmte Mengen davon ausgenommen werden, konkrete Daten wurden allerdings bislang nicht genannt. Unklar war bis zuletzt auch, ob es bei Arzneimitteln wirklich bei einem Zollsatz von 15 Prozent bleiben wird und in welchem Umfang es zur geplanten Anpassung von Standards für Autos und andere Industriegüter kommt. (dpa)
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