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FDP legt sich mit Gewerkschaften an: Liberale wollen Streikrecht einschränken
Bei der Bahn und anderen Bereichen der Daseinsvorsorge, wie etwa der Pflege, möchten die Liberalen zusätzliche Regeln für Gewerkschaften einführen.
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Die erste Reaktion kam von der Eisenbahnergewerkschaft EVG. Die Pläne der FDP seien „ein fundamentaler Angriff auf das Streikrecht und eine Kampfansage an die Gewerkschaften“, schimpfte der EVG-Vorsitzende Martin Burkert.
Im kommenden Frühjahr verhandelt die EVG bei der Bahn über höhere Einkommen. Im vergangenen Frühjahr hatten mehrfache Streiks der Lokführergewerkschaft GDL Diskussionen über das Streikrecht provoziert. In einem Papier, über das die „Süddeutsche Zeitung“ vorab berichtete, wird die FDP-Fraktion nun konkret.
Künftig sollten für Bereiche der Daseinsvorsorge, wozu Verkehr und Gesundheit, Betreuung und Pflege, Feuerwehr und Müllabfuhr gehören, ein paar Regeln eingehalten werden: Die FDP möchte eine Ankündigungsfrist von drei Tagen, damit sich „Streikopfer“ vorbereiten können. Ferner seien ein Notbetrieb von 50 Prozent der gewohnten Leistung zu gewährleisten, Warnstreiks müssten auf vier Stunden begrenzt werden und ein Schlichtungsverfahren zwingend einem Arbeitskampf vorangehen.
Nach den Streiks im Bahn- und Luftverkehr Anfang des Jahres hatte die FDP die Einschränkung von „persönlichen Freiheitsrechten von Millionen unbeteiligter Bürgerinnen und Bürger“ kritisiert. „Ausufernde Streiks gerade bei der Bahn gefährden zudem das Vertrauen in das öffentliche Verkehrssystem und damit die gesellschaftliche Akzeptanz für Klima- und Verkehrswende.“
Sozialstaat kürzen, Zukunftsinvestitionen verhindern und jetzt sollen den Beschäftigten noch ihre Rechte genommen werden.
Martin Burkert, Vorsitzender der Eisenbahnergewerkschaft EVG, über die FDP
Zu der Streikbereitschaft, über die sich die Liberalen ärgern, hätten verschiedene Faktoren beigetragen: Arbeitskräftemangel, Konkurrenz von Einzelgewerkschaften und „das Fehlen eines kodifizierten Arbeitskampfrechts“. Letzteres möchte die Partei nun angehen, damit Streik künftig „nicht das erste, sondern das letzte Mittel in einer Auseinandersetzung“ seien.
„Das ist an Zynismus kaum zu übertreffen. Sozialstaat kürzen, Zukunftsinvestitionen verhindern und jetzt sollen den Beschäftigten noch ihre Rechte genommen werden“, attackierte der EVG-Vorsitzende Burkert die FDP, die sich der Argumentation der Arbeitgeber anschließt. Steffen Kampeter, Chef der Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände, hatte im Februar angesichts der GDL-Streiks „ein klares Arbeitskampfrecht, ganz besonders für die Bahn und vergleichbare Bereiche“, gefordert.
„Das Vorgehen der Lokführergewerkschaft GDL wird genutzt, um das gesamte System infrage zu stellen“, hatte das die DGB-Vorsitzende Yasmin Fahimi zurückgewiesen. Sie können nicht nachvollziehen, „dass man ständig Überregulierung beklagt und nun nach dem Gesetzgeber ruft“, meinte Fahimi.
Neben der Bahn waren vor allem die Lufthansa, Flughäfen und der regionale Personennahverkehr Anfang des Jahres von Streiks betroffen. „In dem Moment, in dem Dienstleistungen stärker ins Zentrum von Tarifkonflikten rücken, haben die Arbeitgeber das Interesse, diese Streiks unwirksamer zu machen“, kommentiert der Verdi-Vorsitzende Frank Werneke die Diskussion. „Das Streikrecht ist bei uns Richterrecht, und damit sind wir in Deutschland gut gefahren.“
Die Dienstleistungsgewerkschaft würden gesetzliche Streikregeln besonders stark treffen. Anfang 2025 verhandelt Verdi mit den Arbeitgebern aus Kommunen und Bund über Einkommen und Arbeitszeit von mehr als zwei Millionen Beschäftigten im öffentlichen Dienst, ein Großteil davon ist in Bereichen der Daseinsvorsorge tätig. Feuerwehrleute und Müllwerker gehören zu den streikfreudigen Gewerkschaftsmitgliedern.
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