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Am Alex müssen große Einzelhändler einfach präsent sein. Auf den Umsatz kommt es gar nicht so sehr an.

© Jörg Carstensen/dpa

Büroimmobilien: Der Berliner Markt erreicht neue Dimensionen

Laden- und Büromieten in Berlins Toplagen steigen weiter. Warum Handelsketten und Unternehmen sie trotzdem klaglos zahlen.

Immobilien in absoluten Toplagen werden in Berlin immer teurer. Was bei Wohnungen beklagt wird, ruft bei Mietern und Maklern von Büroräumen und Geschäften allerdings kein Murren hervor. Forderungen nach einer Deckelung der Mietpreise sind zwar in einzelnen Kiezen zu vernehmen. Wenn es aber um die 1A-Lagen am Kurfürstendamm und dessen Seitenstraßen, den oberen Tauentzien, den Hackeschen Markt oder den Alexanderplatz geht, scheint jede Steigerung klaglos hingenommen zu werden. Dabei müsste doch gerade der durch den Onlinehandel gebeutelte Einzelhandel stöhnen. Und bei Büroflächen herrscht ohnehin Mangelwirtschaft. So stiegen die Büromieten im ersten Halbjahr 2017 nach Angaben des Maklerhauses Savills auf 29,80 Euro pro Quadratmeter. Der Leerstand in Berlin dürfte zum Jahresende auf zwei Prozent sinken.

Wie und womit also kalkulieren Unternehmen, wenn sie sich dennoch für teure Premiumlagen entscheiden?

„Der Alexanderplatz ist die traditionell wichtigste Einzelhandelslage im Ostteil Berlins mit hervorragender Verkehrsanbindung sowie starken Magnetmietern wie Kaufhof und Primark“, sagt Einzelhandelsexperte Ronald Steinhagen, Geschäftsführer von Comfort. Das Maklerunternehmen hat soeben ein Ladengeschäft an den Sportschuh- und -bekleidungs-Filialisten Foot Locker im „Alexanderhaus“ vermittelt. Die US-amerikanische Handelskette ist seit 2001 die Nachfolgegesellschaft von Woolworth. Dass die Immobilie – Stammhaus der Berliner Sparkasse – anlässlich des 200-jährigen Jubiläums im nächsten Jahr zurzeit mit neuen Einzelhandelsflächen auf Umsatz getrimmt werden soll, leuchtet ein. Doch Laufkundschaft hin oder her: Ob Foot Locker hier vis-à-vis vom „Alexa“ Umsatz erzielen wird?

"Es gilt, Marke und Produkt am richtigen Ort zu positionieren"

Doch darauf kommt es nicht unbedingt an. Mit einem 500-Quadratmeter-Flagship-Store, wie ihn Foot Locker hier im Frühjahr 2018 beziehen will, können auch andere Unternehmensziele verfolgt werden. Vor allem international agierende Einzelhändler scheuen sich nicht, Spitzenmieten zu zahlen. Sie sind aus dem Ausland ein ganz anderes Niveau gewöhnt. In New York liegen Top-Mieten auf der Upper 5th Avenue jenseits der 2500 Euro pro Quadratmeter im Monat, in Londons New Bond Street bei rund 1000 Euro. Und so scheut man auch Angebotsmieten von bis zu 400 Euro pro Quadratmeter im Monat auf dem Tauentzien nahe dem KaDeWe nicht.

„Für diese Einzelhändler ist der vor Ort erzielte Umsatz nicht entscheidend. Sie erzielen offline wie online weltweit so starke Umsätze, dass die Miete nicht der springende Punkt ist“, sagt Inga Schwarz, Head of Research des Maklerhauses Avison Young in Deutschland. „Sie verstehen ihre Flagship Stores als Image- und Marketinginstrument.“ Als Händler unterstreiche man mit dieser Standortwahl, dass man ganz vorne im Konzert der Großen mitspiele. „Es gilt, Marke und Produkt am richtigen Ort zu positionieren.“

Unter diesen Vorzeichen werden auch in einer anderen Spitzenlage Neuvermietungen gemeldet. Im Ensemble am Leipziger Platz 14-16 in Berlin beziehen bis Mitte 2018 Vodafone und Superdry, eine britische Textilhandelskette, Einzelhandelsflächen im Erdgeschoss und ersten Obergeschoss. Von seinen rund 1700 Quadratmetern am Leipziger Platz 14 will Vodafone wiederum Teile an ein Gastronomiekonzept untervermieten. Nach Einschätzung von Carsten Fischer, geschäftsführender Gesellschafter von DC Values, das die Geschäfte vermittelt hat, kann der Leipziger Platz gemeinsam mit der Mall of Berlin und dem Potsdamer Platz zu einem der Shopping-Highlights in Berlin mit überregionaler Strahl- und Zugkraft werden.

Gute Lage lockt potenzielle Bewerber

Spitzenlagen, die zum Image passen: So denken auch international tätige Unternehmen, die repräsentative Büroräume suchen. „Büroflächen in Berlins Zentrum sind vor allem für zwei Gruppen von Unternehmen interessant“, sagt Niclas Karoff, Mitglied des Vorstands der TLG Immobilien AG, Berlin: „Die einen legen Wert auf eine repräsentative Adresse in zentraler Lage. Für die anderen gewinnt die Lage des Arbeitsplatzes im Wettbewerb um knapper werdende qualifizierte Fachkräfte an Bedeutung. Deshalb bevorzugen viele, besonders jüngere Unternehmen Lagen, die citynah, verkehrstechnisch gut angebunden und gerne auch ein wenig ,hip’ sind.“

„Neben der rein repräsentativen Funktion macht die Lage und Ausstattung von Büros im ,War for Talents’ zunehmend den Unterschied. Deswegen ,leisten’ sich immer mehr Unternehmen entsprechende Flächen“, bestätigt auch Michael Horn, Head of Occupier Solutions Germany bei Avison Young. Wenn sich junge, bestens ausgebildete Absolventen auf Bewerbungstour begäben, sei die Auswahl an potenziellen Arbeitgebern groß. Hier könnten Personalchefs insbesondere mit dem Umfeld punkten.

Bei der Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr gilt: U- oder S-Bahn sollten sich in der Nähe befinden. „Gibt es nur einen Bus oder eine Straßenbahn, führt das bereits zu einer Abwertung der Lage“, sagt Jörg Möller, Geschäftsführer der Commodus Asset Management GmbH, einer Investmentgesellschaft mit integriertem Immobilienmanagement.

Die Spitzenmiete steigt auf knapp 30 Euro pro Quadratmeter

Auf dem Berliner Bürovermietungsmarkt wurde zum Abschluss des ersten Halbjahres 2017 in etwa ein so hohes Niveau wie im Rekordjahr 2016 erreicht. Berlin katapultiert sich damit klar auf die Spitzenposition der gefragtesten deutschen Bürostandorte. „Büronutzer sind zunehmend bereit, auch höhere Mietpreise als im Vorjahr zu zahlen. Insbesondere wegen des kontinuierlichen Wirtschaftswachstums sowie einer gefüllten Pipeline zahlreicher großvolumiger Vermietungen können wir davon ausgehen, erstmals die 900000-Quadratmeter-Marke zu knacken“, sagt Marcus Lehmann, Head of Office Letting Berlin bei Colliers International, zu seinen Erwartungen für 2017.

Die Spitzenmiete ist auf 29,20 Euro pro Quadratmeter gestiegen, die Leerstandsquote liegt bei nur 2,7 Prozent. „Im vergangenen Quartal haben wir einen Abschluss von 45 Euro pro Quadratmeter pro Monat gesehen“, stellt Nicolai Baumann, Managing Director vom kanadischen Beratungshaus Avison Young, fest. „Das sind Mieten, die wir aus Deutschlands Finanzmetropole Frankfurt kennen, aber für den Berliner Markt sind das neue Dimensionen.“

Verantwortlich dafür zeichnet eine Vielzahl hochpreisiger Abschlüsse in den Toplagen der City Ost sowie am Potsdamer Platz. Rund 40 neue Mietverträge wurden Angaben der Immobilienberater zufolge im höchsten Preissegment über 20 Euro pro Quadratmeter geschlossen.

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