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Szene des Films "Black Panther", der seit Februar 2018 in den Kinos ist. Viele Effekte wurden in Kreuzberg bei der Firma Rise erzeugt.

© Marvel Studios/dpa

Spezialeffekte der Firme Rise: Kreuzberger lassen den Blockbuster "Black Panther" glänzen

Die Berliner Firma Rise baut am Computer Filmlandschaften, Blitze und Donner. Bestaunen kann man das jetzt wieder im Kino - in "Black Panther"

Der Blick streift über eine majestätische Bergkulisse. Gebäude, die an Segelschiffe erinnern, schmiegen sich an eisige Höhen. Darunter erstrecken sich Gletscher, in der Tiefe leuchtet grün der Regenwald. Dies ist Jabariland, eine Provinz des afrikanischen Königreichs Wakanda. Jabariland ist einer der Schauplätze des Hollywood-Blockbusters „Black Panther“, der am 15. Februar in die deutschen Kinos kommt (Lesen Sie hier die Filmkritik). Entstanden sind die Berglandschaften und Paläste aber in Berlin: bei der Firma Rise in Kreuzberg, ein Design-Studio für Computeranimation und Visual Effects.

Wenn Superheldenkräfte, Explosionen oder ganze Städte simuliert werden müssen, wenden sich Filmfirmen aus aller Welt an die Spezialisten aus Kreuzberg – und das kam in letzter Zeit ziemlich häufig vor: An der Netflix-Serie „Dark“ hat Rise mitgearbeitet, an der Fernsehserie „Babylon Berlin“ sowie an diversen Superheldenfilmen der Marvel Studios, darunter „Guardians of the Galaxy“, „Iron Man 3“ und mehreren „Avenger“-Filme. Rund 100 feste Mitarbeiter beschäftigt das Unternehmen in Berlin und an den Standorten München, Stuttgart und Köln, rund 30 Prozent der Belegschaft sind weiblich. In Spitzenzeiten kommen bis zu 120 freie Mitarbeiter hinzu.

Bei der Gründung im Jahr 2007 hatte Rise gerade mal vier Mitarbeiter. Nach dem Umzug von Friedrichshain in die Schlesische Straße ist das Unternehmen kontinuierlich gewachsen. Der erste große Auftrag waren „Die drei Fragezeichen“ für das Studio Hamburg. Doch der internationale Durchbruch kam 2009 mit „This is Love“ von Matthias Glasner, erzählt Florian Gellinger, Mit-Inhaber von Rise, der in einem Konferenzraum mit Blick auf die Spree sitzt, ein riesiger Bildschirm zeigt Filmszenen, an denen die Firma mitgewirkt hat.

Marvel rief an - nach einem "Autounfall"

Für „This is Love“ hatte Rise eine aufwendigen Autounfall simuliert, 2011 meldeten sich die Marvel Studios. „Die Effektarbeit am ersten Captain America war unsere Eintrittskarte“, erinnert sich Gellinger. Schon bald war Rise ein Ansprechpartner für Spezialeffekte wie Blitze, Naturphänomene, Plasma-Geschosse und zusammenstürzende Wolkenkratzer. Der Schwerpunkt liegt heute aber auf den sogenannten Environments: Komplett computeranimierten Schauplätze, in die real gefilmte Schauspieler eingefügt werden.

So wie jetzt bei „Black Panther“, der ebenfalls auf einem Marvel-Comic basiert. Hauptfigur T'Challa (Chadwick Boseman) kehrt darin in sein Heimatland Wakanda zurück, um dort die Thronfolge des verstorbenen Vaters anzutreten. Mit Produktionskosten von rund 200 Millionen US-Dollar setzt der Film auf Hollywood-Stars wie Michael B. Jordan, Martin Freeman und Lupita Nyong'o. Rise hat für „Black Panther“ unter anderem die Hochkultur im fiktiven Jabariland gestaltet.

Inspiration in Uganda geholt

Im März 2017 reisten Gellinger und seine Kollegen deshalb mit den Marvel Studios nach Uganda. Mit zwei Hubschraubern flogen sie über das 5000 Meter hohe Ruwenzori-Gebirge und machten Aufnahmen. An einem der Hubschrauber hing eine Filmkamera, beim anderen Helikopter stellten sich Rise-Mitarbeiter auf die Kufen, um hochauflösende Fotos vom Gletscher zu schießen. „Aus knapp 10 000 Fotos haben wir uns die Höhenverteilung des Gletschers ausrechnen lassen“, erzählt Gellinger. „Dieser Detailgrad ging dann in die 3D-Software ein, und unsere Mitarbeiter haben das Material wie Bildhauer mit Stift und Tablet bearbeitet, so als wäre es aus Knete oder Ton“. Mit eigens entwickelter Software wurde der Baumbestand im Gebirge simuliert, die Paläste auf den Berggipfeln baute Rise ebenfalls am Computer.

Fernsehen soll heute genau so gut aussehen wie Kino, sagt Florian Gellinger, Mit-Inhaber der Kreuzberger Firma Rise. Er ist mit seinen Mitarbeitern auf Filmeffekte spezialisiert und hat deshalb viel zu tun.

© Kitty Kleist-Heinrich

Nicht nur in Hollywood haben Visual Effects, kurz: VFX, enorm an Bedeutung gewonnen. „Früher war Fernsehen Fernsehen – und Kino war Kino“, sagt Gellinger. „Heute sollen die Drachen bei ,Game of Thrones‘ genauso gut aussehen wie bei ,Herr der Ringe‘ oder ,Harry Potter‘.“ Bei großen TV-Produktionen würde Geld nun so gut wie keine Rolle mehr spielen. Für die 300 Millionen US-Dollar Budget gebe es dann eben nicht nur einen Zwei-Stunden-Film, sondern zehn Stunden TV-Programm. Und die BluRay-Box werde auch nach einem Jahr noch für 40 Euro im Handel verkauft. Zudem würden sich große TV-Produktionen mittlerweile auch global vermarkten lassen.

120 Mitarbeiter werkelten an "Babylon Berlin"

Die gestiegenen Ansprüche an Fernsehen zeigen sich auch bei „Babylon Berlin“: 120 Rise-Mitarbeiter werkelten rund sechs Monate an der Krimi-Serie aus Berlin. „Insgesamt haben wir mehr als 800 Einstellungen bearbeitet“, berichtet Gellinger. Für „Babylon Berlin“ bearbeitete Rise viele Szenen, die in den Babelsberger Studios gedreht wurden. Dort gab es keine Straßenbahn, nur drei Oldtimer und nicht genügend Statisten, erzählt Gellinger: „Man brauchte also erst einmal eine Simulation für die Menschenmenge auf der Straße.“ Auch hierfür schrieb Rise eine eigene Software: Sie simuliert unter anderem, wie Menschen beim Überqueren der Straßen nach links und rechts schauen. Oder auch, dass sie Bekannte treffen und stehen bleiben, um miteinander zu reden. „Auf den Straßen soll ein natürliches Durcheinander entstehen“, so Gellinger. Weil in den Babelsberger Studios kein Platz für die breiten Berliner Boulevards war, verbreiterte Rise nachträglich die Straßen am Computer.

Die Hauptstadt dient den Tricktechnikern ohnehin immer wieder als Vorlage. Für historische Filme hat Rise vorsorglich in Berlin mehrere Nazi-Bauten eingescannt, darunter den Tempelhofer Flughafen und das Messegelände. Als 2008 die Köpenicker Papierfabrik brannte, eilte Gellinger mit seiner Kamera zur Oberbaumbrücke. „Die Aufnahme von den Rauchschwaden ist fast in jedem unserer Filme drin, in denen etwas brennt oder explodiert.“

Derzeit arbeitet Rise am neuen "Avenger"-Film

Inzwischen hat sich am Spreeufer rund um Rise ein kleines Ökosystem verwandter Firmen entwickelt, darunter Sound-, Grading- und Schnitt-Unternehmen. Gellinger bedauert, dass von den Berliner Hochschulen bislang nur wenig Nachwuchs kommt. Zwar würden sich einige Privathochschulen stark engagieren, doch gerade die staatliche Filmuniversität Babelsberg habe Nachholbedarf. „Dort gibt es zwar jetzt einen VFX-Masterstudiengang“, sagt Gellinger, aber VFX „lernt man aber am besten in der Projektarbeit. Dieser Praxisbezug fehlt noch in der Berliner Ausbildung.“

Arbeit würde es bei Rise genug geben. Derzeit arbeitet die Firma am Marvel-Film „Avengers: Infinity War“, der im Mai in die Kinos kommt und an der Bestsellerverfilmung des Fantasy-Romans „Drachenreiter“ – und auch da muss es jeweils ordentlich krachen.

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