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Blick in die Sonder-Verkehrsministerkonferenz der Länder in der Bayerischen Landesvertretung.

© dpa/Jörg Carstensen

„Das Finanzierungs-Hickhack nimmt kein Ende“: Bund und Länder wollen Deutschlandticket fortsetzen – Bezahlung jedoch weiter unklar

Im Grunde wollen alle das Deutschlandticket behalten. Doch die Verkehrsministerkonferenz kann sich nicht einigen, wer die Mehrkosten tragen soll. Im Herbst gibt es die nächste Verhandlungsrunde.

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In der Debatte über das sogenannte Deutschlandticket haben sich Bund und Länder auf der Verkehrsministerkonferenz (VMK) in Berlin grundsätzlich zu dem bundesweit einheitlichen Ticket für den öffentlichen Nahverkehr (ÖPNV) bekannt. Wie das Angebot über 2025 hinaus aber finanziert werden soll, blieb jedoch offen. 

Die saarländische Verkehrsministerin Petra Berg (SPD) bezeichnete es als „ganz klar“, dass es weiter ein Deutschlandticket geben werde. „Bund und Länder bekennen sich dazu“, sagte sie im Anschluss an die Sitzung der Verkehrsministerinnen und -minister.

Auch Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) habe auf der gemeinsamen Sitzung deutlich gemacht, dass der Bund weiter dabei sei. Nun spreche man über die Auslegung des Koalitionsvertrags, wonach der Preis von 58 Euro bis 2028 stabil gehalten werden soll. Für die Länder bedeute dies „natürlich, dass der Bund die Mehrkosten dann tragen muss“, sagte Berg.

Auch Bayerns Ressortchef Christian Bernreiter (CSU), der den Vorsitz der Ministerkonferenz hat, betonte, dass die Finanzierung der Nutzer vorerst stabil bleiben müsse. „Das ist jetzt die Aufgabe des Bundesfinanzministers, das sicherzustellen.“

„Wir Länder stehen zum Deutschlandticket“, sagte Bernreiter. Die Länder seien bereit, wie der Bund 1,5 Milliarden Euro zu zahlen. Darüber hinaus könnten die Länder aber keinen Beitrag leisten.

Für 2025 gebe es noch eine Finanzierungslücke von geschätzt 500 Millionen Euro, erklärten die Länder. „Jetzt schauen wir mal, ob sich der Bund bewegt“, sagte Bernreiter.

Im Koalitionsvertrag bekennt sich auch die neue Regierung zum Deutschlandticket und schließt weitere Preissteigerungen bis 2028 aus. Das nähmen die Länder zur Kenntnis, heißt es in einem gemeinsamen Beschluss zur VMK. Die daraus entstehenden Mehrkosten, so der Tenor, müsse dann aber auch der Bund tragen. 

Arbeitsgruppe soll Details ausarbeiten

Um noch in diesem Jahr zu einer Einigung zu kommen, soll es neben der regulären VMK im Herbst noch eine weitere Sondersitzung des Gremiums geben, hieß es.

Vor allem nach 2029 müsse man darüber reden, wie die Kosten verteilt würden – zwischen Bund, Ländern und den Kunden, sagte der baden-württembergische Verkehrsminister Winfried Hermann. „Da müssen wir einen fairen Schlüssel finden.“ Denn es sei klar, dass die Kosten stiegen.

Mehrkosten von 500 Millionen Euro

Knackpunkt bleibt, wie mögliche Mehrkosten für die Verkehrsunternehmen ausgeglichen werden sollen. Laut Sachsen-Anhalts Infrastrukturministerin Lydia Hüskens (FDP) geht es um eine Summe von rund 500 Millionen Euro. Auch über den künftigen Preis des Abos, der bisher bei 58 Euro pro Monat liegt, gab es kein Übereinkommen. 

Das Deutschland-Abo gibt es seit Mai 2023; es ermöglicht seinen Inhaberinnen und Inhabern bundesweit Fahrten im öffentlichen Regional- und Nahverkehr. Der Preis für das Ticket hat sich im Januar um neun Euro erhöht. 

Finanziert wird es vor allem mit Mitteln von Bund und Ländern, die jeweils 1,5 Milliarden Euro pro Jahr zuschießen. Darüber hinaus gehende Kosten wurden bisher über die Preissteigerung und übriggebliebene Mittel aus dem Jahr 2023 abgedeckt. Doch für die Zeit nach 2025 gibt es noch keine Regelung. 

Verbände kritisieren fehlende Einigung

Entsprechend groß war der Frust bei Umwelt-, Verkehrs- und Verbraucherverbänden. „Das Finanzierungs-Hickhack zum Deutschlandticket nimmt kein Ende“, teilte der Greenpeace-Verkehrsexperte Benjamin Stephan mit.

„Es liegt jetzt an Verkehrsminister Schnieder, dieses unwürdige Schauspiel zu stoppen und das Ticket mit einer verbindlichen Zusage des Bunds mit einem stabilen Preis zu sichern, so wie es die Bundesregierung im Koalitionsvertrag angekündigt hat.“

Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) hatte bereits am Vortag schnellstmögliche Klarheit über die Zukunft des Deutschlandtickets gefordert. Um die bislang rund 13,5 Millionen Nutzerinnen und Nutzer zu halten, brauche es dringend Verlässlichkeit, teilte VDV-Präsident Ingo Wortmann mit.

Es brauche einen ÖPNV-spezifischen Preisindex, an dem der Ticketpreis ausgerichtet wird und der Transparenz bei den Kundinnen und Kunden schaffe. 

„Es ist unverantwortlich, dass die Verunsicherung und die Ungewissheit in eine nächste Runde gehen“, sagte Oliver Wittke, Chef des größten deutschen Verkehrsverbundes, des Verkehrsverbundes Rhein-Ruhr, der Deutschen Presse-Agentur. „Wir brauchen schnellstens Planungssicherheit.“

Das alles sei nicht im Interesse der Fahrgäste. „Die Menschen rennen uns die Busse und Bahnen ein. Sie wollen öffentlichen Nahverkehr nutzen. Sie wissen aber nicht, zu welchen Konditionen.“ Die Verkehrsunternehmen müssten an der Preisgestaltung beteiligt werden. (dpa, Reuters)

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