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Windräder auf einem Bergrücken in Niedersachsen

© dpa/Julian Sttratenschulte

Nachhaltige Wege aus der Krise: So grün sind die Konjunkturprogramme im internationalen Vergleich

Weltweit werden Pläne vorgestellt, um die Wirtschaft anzukurbeln. Meist wird dabei auch auf Klimaschutz geachtet. Wie schneidet das deutsche Paket ab?

Für das über 130 Milliarden Euro schwere Konjunkturpaket, bei dem mehr als ein Viertel der Investitionen in den Klima- und Energiebereich fließen sollen, fand der französische Wirtschaftsminister Bruno Le Maire lobende Worte. Ein „ähnliches Paket“ wolle man für Frankreich schnüren, kündigte er an. Dabei hatte die französische Regierung vor allem in Sachen Klima vorgelegt.

Die staatliche Hilfe für den Flugkonzern Air France wurde auch an grüne Kriterien geknüpft. Das deutsche Paket sei im europäischen Vergleich das bisher umfassendste, gerade weil es Klima, Digitalisierung und Sozialaspekte vereine, sagt Juliet Phillips, Politikberaterin beim Thinktank E3G. Andere Länder hätten zwar auch Klima-Konjunkturmaßnahmen ergriffen, diese seien allerdings „bruchstückhafter“.

Seit Mitte März vergleicht Phillips die Maßnahmen der Länder im Zuge der Coronakrise und prüft diese auf ihren „grünen Gehalt“. Als überzeugende Klima-Konjunkturmaßnahmen lassen sich im deutschen Paket vor allem die Kaufprämie für Elektrofahrzeuge, die Transformationsförderung für Unternehmen und Lieferketten sowie die Mittel für nationale und internationale Wasserstoffprojekte verbuchen. Die zusätzliche Kaufprämie für Hybridautos sei zwar potenziell bedenklich, so die Expertin von E3G. Dennoch handele es sich um eine der größten Finanzspritzen für grüne Mobilität.

500 Euro Kaufprämie für ein Fahrrad

Auch in anderen Ländern steht die saubere Mobilität im Mittelpunkt: Frankreich hat einen Acht-Milliarden-Euro- Plan zur Wiederbelebung der Automobilindustrie angekündigt, doch es gibt darin bisher nur einige grüne Maßnahmen. Luxemburg will den Kauf von Elektroautos mit einem Zuschuss von 8000 Euro unterstützen. Von sich reden machte auch Italien, das den Kauf von Fahrrädern mit 500 Euro unterstützt.

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Nachholbedarf bescheinigt Phillips Deutschland vor allem beim Thema Gebäudesanierung. Das hiesige CO2-Einsparungsprogramm im Gebäudebereich wird um gerade einmal zwei Milliarden aufgestockt. Dänemark dagegen hat 4,5 Milliarden Euro für die energetische Sanierung von Sozialwohnungen bereitgestellt.

Auch Luxemburg gilt bei dem Thema als vorbildlich. 50 Prozent der Renovierungsausgaben von bis zu 30.000 Euro sollen subventioniert werden. Die Zuschüsse für nachhaltige Heizungen wurden auf bis zu 25 Prozent erhöht.

Südkorea geht "grün" voran

Als Vorbild beim grünen Konjunkturpaket gilt Südkorea. Dabei ist der rund zehn Milliarden Euro schwere südkoreanische „Green New Deal“ nur etwa ein Drittel so groß wie die angekündigten deutschen Klimainvestitionen. Doch Südkorea hat nachhaltig damit beeindruckt, mitten in der Coronakrise Klima explizit ins Zentrum des Aufschwungs zu rücken. Noch fehlen Details des Plans, aber die symbolische Wirkung ist groß.

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Rund 133.000 neue, klimafreundliche Arbeitsplätze sollen geschaffen, der Umbau der Industrie soll angegangen, Erneuerbare Energien rasch ausgebaut werden. Die Ankündigungen sind nicht frei von Widersprüchen: So unterstützt die südkoreanische Regierung eine zwei Milliarden Dollar schwere Rettungsaktion für den größten Kohlekraftwerkshersteller des Landes.

Aus der Tabelle von E3G-Expertin Juliet Phillips geht weiter hervor, dass sich auch andere Länder bei der Verknüpfung von Klima und Konjunktur Mühe geben. Island hat in seinem zweiten Covid-Wirtschaftspaket Zuschüsse in Höhe von umgerechnet drei Millionen Euro für Projekte zur Bekämpfung des Klimawandels gewährt. Die Investitionen sollen dazu dienen, die Umstellung auf nachhaltige Energie zu beschleunigen und weitere Klimaforschung zu finanzieren.

Subventionen für Öl abgeschafft

Das 50 Milliarden Dollar schwere Konjunkturprogramm Neuseelands beinhaltet ein „ökologisches Arbeitsplatzpaket“ in Höhe von mehr als einer Milliarde Dollar zur Schaffung von 11.000 Arbeitsplätzen. Pakistan verabschiedete ein Paket, das auf die Förderung von Plantagen, die Einrichtung von Baumschulen, Naturwäldern und die Förderung von Honig-, Obst- und Olivenplantagen abzielt.

Nigeria hat den Einbruch der Ölpreise genutzt, um die Brennstoffsubventionen abzuschaffen. Experten gehen davon aus, dass durch diese Entscheidung mindestens zwei Milliarden Dollar pro Jahr eingespart werden können. Und das zu einem Zeitpunkt, da Afrikas größter Rohölproduzent Mittel zur Bekämpfung der Coronavirus-Pandemie benötigt. Frühere Versuche, Subventionen abzuschaffen, führten zu regierungsfeindlichen Protesten.

Nicht überall auf der Welt ist der Klimaschutz in Coronazeiten ein Selbstläufer. In Australien hat die Regierung die Aufgabe, den wirtschaftlichen Aufschwung einzuleiten, einem Ausschuss übertragen, der überwiegend mit Vertretern fossiler Unternehmen besetzt ist. In den USA sollen Unternehmen, die eigentlich wegen Verstößen gegen Umweltgesetze zu Strafen in Millionenhöhe verurteilt wurden, während der Pandemie von der US-Regierung von den Zahlungen befreit werden.

Es gibt also Anzeichen dafür, dass im Rahmen der angekündigten Konjunkturpakete ein grüner Stimulus verfolgt wird, aber vieles erscheint eher „als Zusatz zum Business as usual, als dass sie einen umfassenden Richtungswechsel signalisieren“, fasst Expertin Phillips die Ergebnisse ihrer Arbeit zusammen.

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