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Marco Hüsges verdient an Emoji-Produkten Millionen.

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Ohne Worte: Wer mit Emojis Geld verdient

Emojis entwickeln sich zur universellen Zeichensprache des Digitalzeitalters. Nun kommen sie sogar ins Kino. Und mit der Popularität der Piktogramme macht vor allem einer Kasse: ein deutscher Unternehmer.

Smartphones haben die Kommunikation in vielerlei Hinsicht verändert. Eine ganz besondere ist der Einsatz von Emojis. Die gelben Grinsegesichter, Herzen und anderen Symbole ergänzen inzwischen einen Großteil der Textnachrichten, manchmal ersetzen sie die Buchstaben sogar ganz. Der Schweizer Tennisspieler Roger Federer hat schon einmal in einem Tweet seinen kompletten Tagesablauf in 43 Bildchen geschildert. In Großbritannien hat die Redaktion des Oxford Dictionarys eines der gelben Gesichter zum Wort des Jahres gewählt. Die bunten Zeichen sind so populär, dass sie nun sogar den Sprung vom Handybildschirm auf die große Leinwand schaffen: Anfang August kommt „Emoji – Der Film“ ins Kino. Darin werden der lachende Kackhaufen und all die anderen beliebten Bildchen zum Leben erweckt und müssen im Handy allerlei Abenteuer bestehen. Neben dem Filmstudio Sony Pictures, das so mit der Popularität der Piktogramme Kasse machen will, ist es jedoch vor allem ein Deutscher, der am Emoji-Boom gut verdient.

Marco Hüsges heißt der große Profiteur, seitdem er 2013 im Urlaub am Strand in Kroatien auf die clevere Idee kam, sich die Wortmarke „Emoji“ schützen zu lassen. So musste auch Sony einen Vertrag mit dem 46-Jährigen abschließen, um seinen Film so nennen zu dürfen. Die Geschäfte liefen aber schon vorher großartig für Hüsges und seine im Düsseldorfer Villenvorort Meerbusch ansässige Emoji Company. „Im Jahr 2015 haben wir unseren ersten Lizenzvertrag abgeschlossen und bis heute schon mehr als 350 Lizenznehmer“, sagt Hüsges. Dazu zählen Firmen wie Nestle, PepsiCo, Aldi, Ravensburger oder Zara.

Es geht um einen Millionenmarkt

Dabei vergibt die Emoji Company aber nicht nur das Recht, den Namen zu nutzen, sondern sie entwickelt eigene Variationen der Bildchen, mit denen die Kunden ihre Produkte gestalten können. 6000 Icons haben Hüsges und seine Designer bereits im Angebot. Die Emojis gibt es dann als Kissen oder in Keksform zu kaufen, sie finden sich auf Sonnenbrillen, Tassen bis zu Chips. „In diesem Jahr wird der Handelsumsatz mit Emoji-Markenartikeln voraussichtlich bei über 250 Millionen Euro liegen“, sagt Hüsges.

Gerade war er in Las Vegas auf der weltweit größten Lizenzmesse und reist nun von Mexiko nach Argentinien. In 65 Ländern hat der Deutsche schon Lizenzen vergeben. Besonders populär sind die Piktogramme aber in Asien. Für ein Restaurant in Hongkong hat Hüsges Dim Sum, gedämpfte Teigtaschen, als Emojis gestaltet. „In China explodiert die Marke gegenwärtig und wir erwarten dort und in Südostasien ein hohes Wachstum in den kommenden Jahren“, sagt Hüsges.

Erst Apple macht Emojis populär

Ihren Ursprung haben die Zeichen ebenfalls in Asien. Der Japaner Shigetaka Kurita erfand sie Ende der neunziger Jahre für eine dortige Telefongesellschaft. Doch erst, als ein übergreifender Standard entwickelt und implementiert wurde, mit dem sie zwischen verschiedenen Geräten kompatibel wurden, setzte der große Bilderboom ein.

Im Oktober 2011 hatte Apple erstmals Emojis in die iPhone-Tastaturen integriert. Nur einen Monat später enthielten schon zehn Prozent der Kommentare und Texteinträge beim Bilderdienst Instagram die Symbole. 2015 war es dann schon die Hälfte. In dem Jahr wurden nach Analysen des Unternehmens Swiftkey, das virtuelle Handytastaturen entwickelt, auch erstmals mehr Emojis benutzt als Emoticons – den Kombinationen aus Schriftzeichen wie ;-) oder :-(, mit denen Gefühle ausgedrückt wurden, bis es die grafische Version gab.

Deren Potenzial erkannte Hüsges schnell. Der Rheinländer hatte zuvor lange in der Computerspielbranche gearbeitet und beispielsweise das Downloadportal McGame.com gegründet. Als viele andere Unternehmen das Internet entdeckten, wechselte er die Perspektive. „From digital to physical“ lautet das Motto seiner Firma. Da die Emojis kostenlos in jedem Handy angeboten werden, lässt sich das Geschäft nur in der realen Welt machen. Das hat Hüsges erkannt. Und druckt die neue Zeichensprache des Digitalzeitalters auf immer mehr Produkte.

Wer über neue Emojis entscheidet

Die Berlinerin Rayouf Alhumedi beantragte das Kopftuch-Emoji.
Die Berlinerin Rayouf Alhumedi beantragte das Kopftuch-Emoji.

© Privat

Langsam ist Rayouf Alhumedis Geduld am Ende. „Immer noch muss ich warten, warten, warten“, sagt die 16-jährige Schülerin. Vor anderthalb Jahren hat sich die Berlinerin erstmals gefragt, warum es in ihrem iPhone ein Emoji mit Turban gibt, aber keines mit Kopftuch. „Erst hab ich an Apple geschrieben“, sagt Alhumedi. Eine Antwort bekam sie nicht. Dann fand sie heraus, wer darüber entscheidet, welche Bildsymbole ins Handy kommen: das Unicode-Konsortium in Kalifornien. In dem gemeinnützigen Gremium sind Konzerne wie Microsoft, Apple und Facebook zusammengeschlossen. Seit 1991 entwickeln sie die Standards, mit denen Schriftzeichen digital codiert werden, damit kyrillische oder laotische Buchstaben auf allen Rechnern richtig angezeigt werden. Daran beteiligt ist auch Markus Scherer, ein deutscher Informatiker, der bei Google arbeitet. „Es hat mich sehr überrascht, wie stark sich Emojis verbreitet haben“, sagt Scherer. „Als wir 2007 damit angefangen haben, hätte ich nicht gedacht, dass sie außerhalb Japans so populär werden.“

Mehr als 1000 Bildchen gehören zum Emoji-Standard

Dort hatten einzelne Telefonanbieter die Pixelbildchen zuerst eingeführt. Doch erst als Unicode auch begann, Standards für seine Darstellung festzulegen, konnten sie zwischen Smartphones verschiedener Geräte hin- und hergeschickt werden. Mehr als 1000 Bildchen gehören so inzwischen zum weltweiten Emoji- Standard, 56 neue kommen in den nächsten Wochen dazu. Unicode hat sie kürzlich veröffentlicht, beim nächsten Update der Smartphone-Betriebssysteme sind sie verfügbar. Dann hat Alhumedis Warten ein Ende. Und neben dem Kopftuch gibt es endlich auch Brokkoli und Bretzel, Steak und Saurier, Kokosnuss und kotzende Smileys.

Was relativ willkürlich erscheint, folgt klaren Regeln. Jeder Nutzer kann neue Emojis beantragen. Sieben Seiten verfasste Alhumedi in ihrem Begründungsschreiben für die Notwendigkeit eines Kopftuch-Emoji. Das Unicode-Konsortium entscheidet einmal pro Jahr, was hinzukommt. „Ein wichtiges Auswahlkriterium ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Emoji künftig häufig verwendet wird“, erklärt Scherer. Zudem müssen die Zeichen symbolisch für etwas stehen. „Es gibt mehr als 400 Hunderassen, da kann nicht jede ein eigenes Emoji bekommen“, sagt Scherer. Neue Tierarten sind dagegen möglich, so werden jetzt beispielsweise Zebra und Giraffe ergänzt. Bei Berufen, Essen, Haushaltsgegenständen oder Sportarten sieht Unicode noch Lücken. Zwischen 50 und 100 neue Emojis könnten daher auch in Zukunft noch jährlich dazukommen.

Finnland hat eigene Emojis - zum Beispiel den Elch

In Finnland haben sich die Emojis inzwischen sogar zur Staatsangelegenheit entwickelt. Das Außenministerium ließ 49 Piktogramme entwerfen, die die Seele des Landes spiegeln. Neben Rentier und Sauna gehört auch auch ein biertrinkender Mann in Unterhose dazu. Denn das Gefühl, sich allein zu Hause, nur mit Unterwäsche bekleidet, zu betrinken, ist im oft dunklen Norden offenbar so verbreitet, dass die Finnen ein eigenes Wort dafür haben: Kalsarikännit. Und nun eben auch ein eigenes Emoji.

Beim Unicode-Gremium hatte dieser Entwurf keine Chance. Doch zumindest zwei andere Nationalsymbole konnten die Finnen im offiziellen Emojikatalog unterbringen: Wollsocken und einen Saunagänger. Der wurde allerdings etwas entschärft. Statt einer unbekleideten Person sieht man nun nur einen Kopf in Dampfschwaden

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