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Trotz einbrechender Börsenkurse: Trump will auch weiterhin an US-Zöllen festhalten
Der Ausverkauf an den Börsen geht weiter. Während die EU-Handelsminister heute nach Lösungen suchen, erneuert Trump seine US-Zollankündigungen und verteilt China als „größten Übeltäter“.
Stand:
Im Zollkonflikt zwischen den USA und der Europäischen Union zeichnet sich keine Entspannung ab. US-Präsident Donald Trump zeigt weiterhin keine Bereitschaft, von seiner aggressiven Zollpolitik abzurücken. Die „seit langem geschundenen USA“ nähmen bereits jetzt „wöchentlich Milliarden von Dollar“ durch bestehende Zölle gegen Länder ein, die Amerika „ausnutzen“, schrieb der Republikaner auf seiner Plattform Truth Social.
Als „größten Übeltäter“ nannte Trump China. Die dortigen Märkte befänden sich auf Talfahrt, obwohl Peking Gegenzölle in Höhe von 34 Prozent auf US-Importe angekündigt habe, schrieb er.
Trumps Kurs sorgt weltweit für Verunsicherung. Zum Wochenauftakt ließ der handelspolitische Rundumschlag des US-Präsidenten die Börsenkurse noch weiter abrutschen. So ist der deutsche Leitindex Dax bei Handelsbeginn am Montagmorgen an der Frankfurter Börse um zehn Prozent abgestürzt. Der Dow Jones Industrial sackte um 3,3 Prozent auf 37.051,71 Punkte.
In Luxemburg beraten am Montag die Handelsminister der EU-Staaten über die Frage, mit welcher Strategie Trump zum Einlenken bei den Sonderzöllen bewegt werden könnte. Dabei betonte EU-Kommissionspräsident Ursula von der Leyen, dass die Europäische Union trotz Trumps Zollentscheidungen bereit sei zu verhandeln. In diesem Zusammenhang bot die EU den USA eine Vereinbarung zur gegenseitigen Aufhebung aller Zölle auf Industriegüter an.
Manchmal muss man Medizin nehmen, um etwas zu heilen.
Donald Trump, US-Präsident
Nach Trumps Zollankündigung: Dax und Nikkei stürzen ab
Für viele Privatanleger begann die Woche mit einem Schock. Als Folge der von den USA verhängten Zusatzzölle gehen die internationalen Aktienmärkte immer weiter auf Talfahrt. Zum Handelsauftakt stürzte der Deutsche Aktienindex (Dax) um rund zehn Prozent ab. Er fiel in den ersten Handelsminuten um mehr als 2.100 Zähler auf 18.489 Punkte. Dann folgte eine kleinere Gegenbewegung, das deutsche Börsenbarometer erreichte wieder 19.000 Punkte. Zuvor waren bereits die asiatischen Aktienmärkte eingebrochen.
Auch die Börsen in Asien verbuchten am Montagmorgen massive Verluste. Nach den negativen Vorgaben der Wall Street stürzte der 225 Werte umfassende Nikkei-Index an der Leitbörse in Tokio zwischenzeitlich um mehr als acht Prozent ab. Eine gute Stunde nach Handelsbeginn notierte er einen heftigen Abschlag von 2.086,71 Punkten oder 6,18 Prozent beim Zwischenstand von 31.693,87 Zählern.
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In China, Hongkong und Australien zeigten die Börsen im frühen Handel ebenfalls deutliche Verluste. Der Shanghai Composite Index sackte kurz nach dem Handelsstart um 4,4 Prozent auf 3.342 Zähler ab. Der Hongkonger Hang Seng Index gab zunächst sogar um 9,3 Prozent auf 20.730 Punkte nach. Der australische S&P/ASX 200 fiel im frühen Handel auf ein neues 100-Tage-Tief.
Trumps Zollpaket hatte die Börsen bereits in der vergangenen Woche weltweit auf Talfahrt geschickt. Eine Erholung ist nicht in Sicht. Marktbeobachter rechnen weiter mit größeren Kursschwankungen, bis sich die Auswirkungen des Zollkonflikts klarer herauskristallisieren, mehr über Gegenzölle bekannt wird oder mit den Kontrahenten über erste Deals gesprochen wird.
Trump: Ausländische Regierungen werden eine Menge Geld zahlen müssen
Trump signalisierte zwischenzeitlich Gesprächsbereitschaft unter bestimmten Bedingungen. Als Gegenleistung für die Aufhebung der Sonderzölle erwartet er massive Geldzahlungen. Ausländische Regierungen müssten „eine Menge Geld“ zahlen, um die Abgaben abzuwenden, sagte er am Sonntagabend (Ortszeit) an Bord der Air Force One vor Reportern.
Er erklärte, er sei nicht beunruhigt wegen der Verluste in Höhe von Billionen Dollar an den Aktienmärkten weltweit, infolge der Zölle und der daraus erwachsenden Furcht vor einem Handelskrieg. „Ich will nicht, dass irgendetwas untergeht. Aber manchmal muss man Medizin nehmen, um etwas zu heilen“, sagte er nach seiner Rückkehr von einem Golfwochenende in Florida.
Der Präsident berichtete, er habe am Wochenende mit führenden Politikern aus Europa und Asien gesprochen: „Sie kommen an den Tisch. Sie wollen reden, aber es gibt keine Gespräche, wenn sie uns nicht jedes Jahr eine Menge Geld zahlen.“ Am Montag erneuerte Trump schließlich seine Vorhaben bei der US-Zollpolitik.
Trump will mit Zöllen angebliche Handelsungleichgewichte korrigieren und mehr Produktion in die USA verlagern. Zugleich sollen die Zolleinnahmen dazu dienen, sein teures Wahlversprechen großer Steuersenkungen zumindest teilweise gegenzufinanzieren. Experten bezweifeln, dass Trumps Entscheidung zu einer Verlagerung von Industrie in die USA führen wird.
Was sagen Finanzexperten zum Börsenbeben?
„Der Verkaufsdruck hat zum Wochenstart noch einmal massiv zugenommen“, sagt der Finanzmarktexperte Andreas Lipkow. „Die Nerven liegen aktuell blank.“
Auch der Kapitalmarktstratege Jürgen Molnar vom Broker RoboMarkets berichtet von einer angespannten Lage: „Die Stimmung an der Börse ist so negativ wie lange nicht. Keiner will in das fallende Messer greifen und von der nächsten Gegenzoll-Maßnahme eventuell aus Europa erwischt werden.“
In vielen Depots haben sich in kurzer Zeit schon jetzt Verluste angesammelt oder sind Gewinne geschrumpft. Solange man nichts verkauft, sind das aber nur Buchverluste, in ein paar Monaten oder Jahren kann es schon wieder anders aussehen. Insofern verweisen viele Experten auf eine alte Börsenregel: Nicht in Panik verkaufen, Krisen aussitzen und auf besserer Zeiten warten.
Experten kritisieren „Frontalangriff auf den Welthandel“
Nicht nur für die Exportnation Deutschland sind die Zölle ein schwerer Schlag, der Außenhandelsverband BGA spricht von einem „Frontalangriff auf den Welthandel“. Der deutsche Botschafter in Großbritannien, Miguel Berger, sagte dem Sender Sky News: „Es handelt sich um den größten Angriff auf den Welthandel, den wir seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs erlebt haben.“
Die Unternehmen sind ohnehin in einer schwierigen Lage. Im vergangenen Jahr sanken die Warenexporte der deutschen Wirtschaft um ein Prozent, in diesem Jahr wird ein noch deutlich stärkerer Rückgang erwartet. Im Januar stand ein Minus von 2,5 Prozent zum Vormonat Dezember. Das Statistische Bundesamt legt heute Zahlen für Februar vor.
US-Zölle: Welche Branchen sind besonders betroffen?
Besonders stark war der Ausverkauf zunächst bei den US-Technologiewerten, die jahrelang die Gewinnerlisten angeführt hatten. Inzwischen gibt es aber kaum eine Branche, die nicht in den Abwärtssog hineingezogen worden ist.
Die pauschalen Zölle treffen eben alle Exporteure. Die Aktientitel mancher Konzerne, die Produktionsstätten auf der ganzen Welt haben und so Zölle weitgehend vermeiden können, haben sich in den vergangenen Tagen vergleichsweise gut geschlagen.
Wie reagiert Deutschland auf Trumps geplante Zölle?
Die Bundesregierung hofft darauf, eine Eskalation des Handelskonflikts mit der Regierung von US-Präsident Donald Trump vermeiden zu können. „Wir wollen ja keinen Handelskrieg herbeiführen, sondern das Ziel sollte schon sein, eher Handelshemmnisse weiter zu senken“, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit in Berlin.
„Und das Zweite ist, dass wir natürlich unsere heimischen Unternehmen schützen müssen vor dem, was ansonsten an Weiterungen kommt.“ Man dürfe jetzt nicht emotional reagieren, sondern müsse die Auswirkungen der US-Zölle verstehen.
Kanzler Olaf Scholz ist nach den Worten Hebestreits im Gespräch mit anderen europäischen Staats- und Regierungschefs und führenden deutschen Unternehmen. Er informiere auch diejenigen, die nun über eine neue schwarz-rote Koalition verhandelten. Es gebe „eine enge Verbindung zwischen der geschäftsführenden Bundesregierung und einer womöglich künftigen Bundesregierung“.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck plädiert für eine besonnene Antwort der EU. „Der Schaden kann noch größer werden“, sagte Habeck am Montag in Luxemburg vor einem Treffen der Handelsminister aus den 27 EU-Staaten. Die EU müsse jetzt ruhig und umsichtig, aber auch klar und entschieden agieren. Sie sei in einer starken Position, wenn sie Geschlossenheit unter Beweis stelle und sich nicht von Trump spalten lasse. (dpa/Reuters/AFP/mira)
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