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Im norwegischen Sleipner-Ölfeld in der Nordsee wird das Treibhausgas CO₂ bereits unter die Erde gepumpt.

© imago/Nature Picture Library/Philip Stephen

CO₂ unterirdisch einlagern: Globale Speicherkapazität ist weit geringer als gedacht

Die unterirdische CO₂-Speicherung soll dazu beitragen, den Klimawandel auszubremsen, heißt es. Doch das globale Potenzial ist geringer als gedacht – und mit Unsicherheiten behaftet.

Von Walter Willems

Stand:

Regierungen weltweit setzen in ihren Klimaschutzplänen darauf, das Treibhausgas Kohlendioxid (CO₂), etwa aus Gaskraftwerken, künftig unterirdisch einzulagern. So kann seine erwärmende Wirkung verhindert werden.

Doch die globale Kapazität dieses sogenannten CCS (Carbon Capture and Storage) ist einer Studie zufolge wesentlich geringer als bisher angenommen. Demnach lassen sich in Sedimentgestein weltweit nur etwa 1460 Gigatonnen (Milliarden Tonnen) sicher speichern, berechnet ein internationales Forschungsteam um Matthew Gidden vom International Institute for Applied Systems Analysis (IIASA) in Laxenburg, Österreich.

Nur sichere Speichermöglichkeiten berücksichtigt

Das komplette Ausschöpfen dieser Möglichkeit könnte die Erwärmung um 0,7 Grad Celsius reduzieren, schreibt die Gruppe im Fachjournal „Nature“. „Kohlenstoff-Speicherung wird oft als Weg aus der Klimakrise dargestellt“, sagt Gidden. „Unsere Resultate stellen klar, dass es ein begrenztes Werkzeug ist.“

Mögliche geologische Speicher für das Gas wären etwa ausgebeutete Öl- und Gaslagerstätten. In Deutschland wird eine Speicherung unter der Nordsee diskutiert.

Die Kohlenstoff-Speicherung kann nicht mehr länger als unbegrenzte Lösung betrachtet werden, unser Klima zurück auf eine sichere Stufe zu bringen.

Joeri Rogelj, Studienautor, IIASA

Wie viel CO₂ sich weltweit speichern ließe, war bisher weitgehend unklar. Bislang gingen manche Schätzungen von einer globalen Kapazität von 14.000 Gigatonnen aus, was eine Erwärmung zumindest theoretisch um etwa fünf bis sechs Grad verhindern könnte.

Die aktuelle Studie kommt zu einer drastisch geringeren Menge – vor allem deshalb, weil das Team nur als sicher eingestufte Speichermöglichkeiten berücksichtigte, ohne Risiken für Menschen und Umwelt. Dies sieht das Team in Gesteinsformationen in einer Tiefe zwischen 1000 und 2500 Metern und – im Fall von Offshore-Lagerstätten – unter Meeresgebieten bis maximal 300 Metern Tiefe innerhalb der ausschließlichen Wirtschaftszonen (AWZ).

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Ausgeschlossen sind zudem Gegenden mit erhöhter Erdbebengefährdung, Naturschutzgebiete sowie die Arktis und die Antarktis. Um Gebiete mit einer absehbaren künftigen Besiedlung zieht das Forschungsteam eine Pufferzone von 25 Kilometern.

Das solle im Falle von Leckagen Gesundheitsgefahren vermeiden – neben Erdbewegungen etwa eine Belastung von Grundwasser mit Kohlensäure oder die Mobilisierung giftiger Metalle durch austretendes CO₂.

Unklares Abkühlungspotenzial

Die Einschränkungen begrenzen das planetare CO₂-Speicherpotenzial auf 1460 Gigatonnen. 70 Prozent dieser Lagerstätten liegen an Land, etwa 30 Prozent sind offshore. Besonders viele solche Speicher liegen demnach in Ländern mit natürlichen Lagerstätten, darunter Russland, die USA, China, Brasilien und Australien.

Mit Blick auf die begrenzte planetare Speicherkapazität müssten Länder ihre Klimapläne sehr sorgfältig abwägen, heißt es: „Angesichts der auf Jahrtausende angelegten Zeiträume werden heutige Entscheidungen zum Kohlenstoff-Management die Bevölkerung über mehr als zehn Generationen beeinflussen.“

Der Studie zufolge kann man nicht davon ausgehen, eine starke Erwärmung des Planeten durch massive CO₂-Speicherung ausgleichen zu können. Zudem, so betont die Gruppe, gebe es substanzielle Unsicherheiten dazu, wie das Erdklima darauf reagiert, wenn der Atmosphäre CO₂ entzogen würde.

„Es ist noch immer ungewiss, ob die Entfernung von einer Einheit Kohlenstoff die Erwärmung in demselben Ausmaß umkehrt, wie der Ausstoß einer Einheit CO₂ sie erhöht“, heißt es. „Sollte diese Ungewissheit der Klimareaktion zu unseren Ungunsten ausfallen, müsste mehr Kohlenstoff als derzeit geschätzt entfernt werden, um die erwünschten Klimaziele zu erreichen.“

„Diese Studie sollte einen Wendepunkt für die Kohlenstoff-Speicherung bedeuten“, sagt IIASA-Co-Autor Joeri Rogelj. „Sie kann nicht mehr länger als unbegrenzte Lösung betrachtet werden, unser Klima zurück auf eine sichere Stufe zu bringen.“ (dpa)

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