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Babys erben von der Mutter mehr als vom Vater.

© Getty Images/Moment RF

Der lange Arm von Mutters Genen: Frauen vererben mehr als Männer

Eigentlich steuern beide Elternteile zum Nachwuchs jeweils die Hälfte ihres Erbguts bei. Dennoch üben Frauen mehr Einfluss auf den Embryo aus.

Sascha Karberg
Eine Kolumne von Sascha Karberg

Stand:

„Hat sie das Lächeln von ihrer Mutter oder von ihrem Vater?“ Wohl in jeder Familie wird darüber spekuliert, welches Merkmal und welche Eigenschaft ein Kind von dem einen oder dem anderen Elternteil geerbt hat. Aber ist so ein Neugeborenes nun eine Fifty/Fifty-Mischung beider Elternteile oder geben Mütter womöglich mehr an ihre Kinder weiter als die Väter?

Mimik, Marotten oder Muskelpakete des Nachwuchses hängen von der Beschaffenheit der väterlichen und mütterlichen Genkopien ab, die zur einen Hälfte aus der Eizelle und zur anderen Hälfte aus der Samenzelle stammen. Je nachdem, welche dominieren, entwickelt das Kind eher Papas oder Mamas Züge. Doch Mütter haben auf diese genetische Lotterie etwas mehr Einfluss als Väter.

Das beginnt schon mit der Eizelle. Sie wird von der Mutter mit Proteinen, RNA und anderen Molekülen vollgestopft, einer Art Starthilfe für die frühe Embryonalentwicklung. Sie organisieren die ersten Teilungen der befruchteten Eizelle, können aber auch Einfluss auf das Erbgut des Embryos nehmen, etwa wie stark bestimmte Gene eingeschaltet werden.

Das bedeutet, dass die Entwicklung des Nachwuchses anfangs von der Mutter gesteuert wird. Dieser Maternaleffekt kann sich aber auch noch Jahre und Jahrzehnte später auswirken, etwa auf das Risiko für bestimmte Erkrankungen, aber auch körperliche und geistige Merkmale.

Das gilt auch für Eigenschaften, die mit den Energielieferanten der Zellen, den Mitochondrien, zu tun haben. Diese Organellen gelangen nur über die Eizelle in das neue Lebewesen. Die Folge ist zum Beispiel, dass die sportliche Belastbarkeit eines Kindes vor allem von der Leistungsfähigkeit der Mutter bzw. ihrer Mitochondrien abhängt.

Bei Säugetieren wie dem Menschen beeinflussen Mütter das Leben ihres Nachwuchses außerdem über die Plazenta und nach der Geburt über die Muttermilch. Daher bestimmt die Ernährungssituation der Mutter während der Schwangerschaft und Stillzeit nicht nur die Größe, sondern auch die Gesundheit der Kinder mit: Die Mangelernährung Amsterdamer Frauen, die im letzten Winter des Zweiten Weltkriegs 1944 schwanger waren, beeinträchtigte ihre ungeborenen Kinder so sehr, dass sie häufiger als die Kinder besser ernährter Schwangerer an Stoffwechselerkrankungen wie Übergewicht und Diabetes erkrankten. Der Effekt war sogar noch bei den Enkeln messbar.

All das sind wissenschaftliche Hinweise, warum man die Herkunft eines zauberhaften Babylächelns womöglich eher der Mutter als dem Vater zuschreiben könnte. Aber natürlich gibt es auch noch andere, ganz und gar nicht wissenschaftliche aber dennoch gute Gründe, die Herkunft positiver Eigenschaften des Nachwuchses der Mutter zuzuschreiben. Vor allem am Muttertag.

Der „Erbonkel“ – Geschichten rund um Gene, jedes Wochenende.

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