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Leuchtende Karnickel sind noch nicht marktreif.

© IMAGO/Design Pics/Bearbeitung: Tagesspiegel

Grüner Schimmer dank Quallen-Gen: Ein Osterhase, der nachts leuchtet?

Machbar ist das: Einfach jenes Gen aus einer Qualle ins Erbgut einsetzen, das einen fluoreszierenden Farbstoff produziert, und schon schimmert das Karnickel im Dunkeln. Ein US-Start-up will das zum Geschäft machen.

Sascha Karberg
Eine Kolumne von Sascha Karberg

Stand:

Einst waren es Wölfe. Inzwischen hat der Mensch aus den wilden, stattlichen Raubtieren ganz allein durch gezieltes Züchten harmlos putzige Fellknäuel im Handtaschenformat gemacht.

Diesen seit Jahrtausenden waltenden Drang des Menschen, Tiere zum eigenen Vorteil zu nutzen und zu verändern, sollte man sich kurz vergegenwärtigen, bevor man die Idee, Karnickel im Dunkeln zum Leuchten zu bringen, als völlig absurd abtut.

Tatsächlich versucht das US-Start-up „The Odin“ genau das: Indem die Expertinnen und Experten dort Kaninchen ein bestimmtes Gen aus der Qualle Aequorea victoria ins Erbgut einsetzen, sollen die Tiere nachts grünlich leuchten. Das Gen produziert ein kleines, grünlich fluoreszierendes Protein, „GFP“ (Green Fluorescent Protein).

In molekularbiologischen Labors wird GFP routinemäßig eingesetzt als eine Art Laterne. Wenn Forschende GFP an ein noch unbekanntes Protein X hängen, leuchtet es grün und zeigt, wo und wann X aktiv ist – je nach Experiment im Körper von Spulwürmern, Fliegen, Mäusen, Affen und auch Kaninchen.

Der französische Biologe Louis-Marie Houdebine vom Pariser Institut National de la Recherche en Agronomie hatte schon 2000 ein solches GFP-Kaninchen kreiert. Von einem hell leuchtenden Kaninchen, so wie es auf einigen Abbildungen den Eindruck erweckt, kann jedoch keine Rede sein.

Denn GFP leuchtet nicht von allein, es muss mit UV-Licht zum Fluoreszieren angeregt werden. Und es braucht schon sehr gute Augen oder eine sehr lange Belichtungszeit beim Fotografieren, um das grünliche Schimmern überhaupt halbwegs zu erkennen. Was für Biologen reicht, die unterm Mikroskop nur einzelne Zellen oder Gewebe beobachten, wäre für den Spielzeugmarkt eher unbrauchbar.

Josie Zayner und Cathy Tie von „The Odin“ ficht das nicht an. Sie wollen mit ihrem „Los Angeles Project“ „komplexere, interessantere, schönere und einzigartigere“ Tiere schaffen, schreibt das US-Magazin „Wired“. Darunter nicht nur leuchtende Kreaturen, sondern auch allergenbefreite Katzen und Fabeltiere wie Einhörner und Hasenböcke.

Für vollmundige Ankündigungen und Inszenierungen ist Biohackerin Zayner allerdings bekannt. 2017 injizierte sie sich, damals noch als Josiah Zayner, die Gen-Schere „Crispr“ und während der Corona-Pandemie einen selbst gemixten Impfstoff gegen Covid. „The Odin“ gründete sie, um Gentechnik-Baukästen an Biohacker zu verkaufen für Do-it-yourself-Genexperimente.

Angeblich hat ihr fünfköpfiges Team bereits die Genome von Embryonen von Fröschen, Fischen, Hamstern und Kaninchen verändert. Unbekannt ist, ob ein mit GFP versetzter Kaninchen-Embryo bereits in die Gebärmutter eines Leihkarnickels eingesetzt und geboren worden ist.

Völlig unwahrscheinlich ist es nicht, dass Zayner ihre Ankündigung diesmal wahr macht. Denn ein GFP-Tier, ein grün fluoreszierender Fisch, ist in den USA schon auf dem Markt: der GloFish von „Yorktown Technologies“.

Dass „The Odin“ es noch rechtzeitig zum Fest schafft, einen leuchtenden Osterhasen zu präsentieren, wagt der Erbonkel allerdings zu bezweifeln.

Der „Erbonkel“ – Geschichten rund um Gene, jedes Wochenende.

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