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Wunschkinder sind heute durch die Reproduktionsmedizin häufig möglich. Designerbabys aber bleiben erst einmal eine - sehr umstrittene - Vision.

© University of Southampton

Verheißungen der Biomedizin: Forscher simulieren Designerbabys

Kann man Embryonen nach Wunscheigenschaften auswählen? Und geht der Wunsch dann auch in Erfüllung? Israelische Wissenschaftler haben die Frage beantwortet.

Die Biomedizin hat eine ganze Reihe Zukunftsszenarien zu bieten. Manche gelten allgemein als erstrebenswert, etwa die gerade gelungene gentherapeutische Heilung schwerer angeborener Leiden. Andere – wie das Klonen von Menschen – werden fast universell abgelehnt. Bei manchen gehen die Meinungen aber auseinander. Dazu gehört die Möglichkeit, Eigenschaften des Nachwuchses gezielt auszuwählen. „Designerbaby“ heißt das Schlagwort. „Designermensch“ wäre treffender, denn es geht hier nicht um das schönste Babylachen, sondern um Eigenschaften, die das ganze Leben mitbestimmen: Körpergröße, Intelligenz, Gesamtgesundheit, athletische Anlagen und dergleichen. Die erste Frage ist natürlich, ob das überhaupt geht. Forscher aus Israel haben versucht, sie per Simulation zu beantworten. Ihre Antwort lautet: Mit den etablierten Methoden der Reproduktionsmedizin derzeit nicht.

Strenge Regelung in Deutschland

Diese etablierten Methoden heißen Künstliche Befruchtung und Präimplantationsdiagnostik. Letzteres steht für die genetische Untersuchung des Embryos vor dem Einpflanzen in den Mutterleib. Tatsächlich ist es längst möglich, bei Embryos, die durch künstliche Befruchtung (IVF) gezeugt werden, genetische Eigenschaften zu testen. Wenn bei der Prozedur mehrere lebensfähige Embryos entstanden sind, können Reproduktionsmediziner im Idealfall einen, der die gewünschte Eigenschaft trägt, in den Mutterleib einpflanzen. In Deutschland ist das erlaubt, wenn sonst aufgrund der Erbanlagen der Eltern ein hohes Risiko für eine sehr schwere Erkrankung oder die Wahrscheinlichkeit einer Totgeburt bestünde.

Im Designerbaby-Szenario geht es aber meist um Eigenschaften, die von sehr vielen Genen abhängen, und nicht etwa von der einen klar definierten Erbanlage, die unausweichlich zur Erbkrankheit Chorea Huntington oder anderen "monogenetischen" Erkrankungen führt. Die Varianz in Körpergröße und Intelligenzquotient etwa ist jeweils in bedeutendem Maße genetisch mitbestimmt – aber eben von sehr vielen Genen.

Wer groß sein sollte, war nicht groß

Das Forscherteam, das seine Ergebnisse jetzt im Fachjournal „Cell“ vorstellt, simulierte eine Embryo-Auswahl per „polygenetic scores“ (PS). Das ist ein Ansatz, bei dem versucht wird, den Einfluss einer Vielzahl von Erbanlagen, die einigermaßen nachweislich etwas mit einer Eigenschaft – in diesem Fall Körpergröße – zu tun haben, zusammenzurechnen. Das Problem: Weder in den Simulationen kamen dabei deutlich größere Erwachsene heraus, noch in der Realität. Denn die Forscher untersuchten auch tatsächliche Familien mit vielen inzwischen erwachsenen Kindern. Ihre PS-basierten Voraussagen, wer der oder die Größte sein müsste, waren meistens falsch. Ein ganz praktisches Problem ist, dass bei einer IVF fast nie eine ausreichend große Auswahl lebensfähiger Embryos entsteht.

Viele Gene, vielfältige Einflüsse

Darüber, dass hier ohnehin eine ethische Grenze überschritten wäre, besteht ziemliche Einigkeit. Bei Designerbabys allerdings, die auf geringere Anfälligkeit für Diabetes oder Depression als die erkrankten Eltern hin ausgewählt wären, ist die Sache nicht mehr ganz so klar. Der Bonner Humangenetiker Markus Nöthen sieht aber noch ein anderes, rein biologisches Problem: Selbst wenn es irgendwann funktionieren sollte, sei es wahrscheinlich, dass man sich das „Wunschdesign“ durch Nachteile anderswo erkaufen würde, weil dieselben Gene eben auch andere Eigenschaften beeinflussen.

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