
© mauritius images/Alamy Stock Photos / Natural History Museum, London
Heute vor 220 Jahren: Browns bewegtes Leben
Den Zellkern hat er als einer der Ersten entdeckt, Tausende neue Pflanzenarten, sogar das wichtigste Unterscheidungsmerkmal von Blütenpflanzen. Aber sein Name wurde aus einem völlig anderen Grund weltberühmt.

Stand:
Da sammelst du dein Leben lang Pflanzen, nimmst an entbehrungsreichen, jahrelangen Expeditionen um die halbe Welt teil, wirst ein bedeutender, von Kollegen geschätzter Biologe und Pflanzenphysiologe - und am Ende bringt jeder deinen Namen mit einem physikalischen Phänomen in Verbindung, das du nur beiläufig entdeckt und noch nicht mal so richtig verstanden hast.
Robert Browns Weg in die Wissenschaft begann Ende des 18. Jahrhunderts an der Universität Edinburgh, wo der gebürtige Schotte Medizin und Botanik studierte. Seine Vorliebe galt bald den Pflanzen, zunächst vor allem Moosen. Noch während seines Studiums tauschte er sich mit William Withering, einem der damals bekanntesten britischen Botaniker, aus und entdeckte seine erste Pflanzenart, das Gras Alopecurus alpinus. Als er jedoch 1794 als Armeearzt nach Irland musste, schienen seine Hoffnungen, ein bedeutender Botaniker zu werden, dahin.
Doch dann suchte die Britische Royal Navy einen Botaniker, der kühn genug war, an einer Expedition rund um den noch kaum erforschten australischen Kontinent, damals noch „New Holland“ genannt, teilzunehmen. Brown zögerte nicht und ging am 18. Juli 1801 im südenglischen Spithead an Bord der HMS Investigator. Das Schiff umsegelte Afrika und das Kap der Guten Hoffnung und erreichte am Nikolaustag 1801 das Kap Leeuwin im Südwesten Australiens. Dann begann die Umrundung und Erkundung der Küsten der neuen Landmasse, auf der Brown unzählige Pflanzen sammelte und untersuchte. Am 9. Juni 1803, heute vor 220 Jahren, verließ er das Schiff mit rund 3400 Pflanzenproben, von denen allerdings ein Großteil auf dem Transport nach England bei einem Schiffbruch verloren gingen.
Entdecker des Zellkerns
Brown blieb noch bis Mai 1805 in Australien, bevor er nach Großbritannien zurückkehrte und seine Funde über Jahre aufarbeitete – allein für den Westen Australiens stammen 1200 Artbeschreibungen von ihm, ganze Pflanzengattungen gehen auf seine Arbeit zurück. Als erster erkannte er, dass sich Blütenpflanzen anhand ihrer Samenanlagen in Nacktsamer, also Gymnospermen wie Nadelhölzer, und Bedecktsamer, etwa Magnolien, einteilen lassen.
Seine Beobachtungen waren so genau, dass er beim Mikroskopieren von Orchideenzellen immer wieder einen kleinen Fleck sah, ein „Körperchen“, das zwar auch anderen Biologen aufgefallen war. Aber Brown benannte diese „areola“ 1831 in einem Vortrag vor der Linnéschen Gesellschaft in London und nannte sie „Nucleus“ . Zwar konnte er nicht wissen, dass dieser Zellkern der Aufbewahrungsort der Erbsubstanz in jeder höheren Zelle ist, aber er vermutete immerhin eine wichtige Bedeutung des Nukleus für die Embryonalentwicklung der Orchideen.
Doch für keine dieser Errungenschaften ist Browns Name heute weltberühmt, sondern für eine Beobachtung, die er 1827 beim Mikroskopieren von Pollen in einer Wasserlösung machte: Die nur ein zehntel Millimeter durchmessenden, gerade noch sichtbaren Blütenstaubkörnchen bewegten sich ruckartig hin und her. Brown spekulierte, dass es etwas mit der „Lebenskraft“ zu tun haben könnte, die es einer Theorie nach in jedem lebendigen Wesen geben müsse. Erst 1905 lieferte Einstein, über die molekulare Wärmetheorie sinnierend, eine mathematische Erklärung der „Brownschen Bewegung“: zufällige Bewegungen von Atomen und Molekülen, die durch unregelmäßige Zusammenstöße mit anderen Teilchen verursacht werden.
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