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Achterbahnfahrt

© IMAGO/Zoonar/IMAGO/Zoonar.com/Daniel Pfleiderer

Hirn auf Speed: Wie in der Achterbahn der Thrill entsteht

Den einen wird schon vom Zuschauen schlecht, die anderen können gar nicht genug kriegen: Ob Geschwindigkeit Rausch oder Reue auslöst, hängt von ein paar wenigen Zellen ab.

Eine Kolumne von Sascha Karberg

Mit dem Mountainbike den Berg hinabfahren, auf Skiern die Piste hinunterrasen oder mit der Achterbahn durch Loopings fahren – hohe Geschwindigkeit ist für viele Menschen mit einem rauschartigen Glücksgefühl verbunden. Der Erbonkel hat sich dafür sogar mal von einem fast 200 Meter hohen Turm im neuseeländischen Auckland gestürzt – an einem Seil, versteht sich.

Wie das Glücksgefühl entsteht, ist allerdings nur bruchstückhaft verstanden. Bis vor ein paar Jahren wussten Forscher noch nicht einmal, wie der Körper Geschwindigkeit oder Beschleunigung überhaupt misst. Das Rätsel löste die norwegische Hirnforscherin May-Britt Moser und ihr Lebens- und Forschungspartner Edvard Moser. Sie machten Experimente an Ratten in einem Laufwagen ohne Boden, dessen Geschwindigkeit sie kontrollieren konnten.

Je nachdem, ob die Tiere 7, 14, 21 oder 28 Zentimeter pro Sekunde liefen, umso stärker reagierten spezialisierte Nervenzellen in der Nähe des Hippocampus des Rattengehirns. Diese „Speed-Zellen“ gehören zu einer Hirnregion, die Orientierung im Raum ermöglicht und eine Art „Karte“ von der Umgebung anlegt. Je nachdem, wo eine Ratte oder ein Mensch in einem Raum steht oder in welche Richtung er läuft und wie schnell, senden andere Nervenzellen elektrische Impulse.

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Zum Glücksgefühl kommt es aber erst, wenn diese und andere Nervenzellen die Amygdala, das Gefühlszentrum im Hirn, anfunken und so das sympathische Nervensystem anregen. Puls und Atem wird dann beschleunigt und Dopamin, Endorphine und Adrenalin freigesetzt. Hirnregionen, die auch bei einer Angstreaktion aktiv sind, arbeiten verstärkt. Ob dieses „sensorische Erlebnis“ dann als reale Gefahr oder angenehmer Nervenkitzel empfunden wird, hängt vom Typ – eher ängstlich, eher risikofreudig – ab. Und von der jeweiligen Situation: Das Absacken eines Flugzeuges bei Turbulenzen wird anders interpretiert als der ebenso freie Fall beim Bungeejumping.

Beim Sprung vom Turm in Auckland kam das Glücksgefühl allerdings nicht zustande. Kurz nach dem Absprung ruckte das Seil heftig und der Erbonkel hing fest: in 170 Metern Höhe. Eine Panne? Ein Problem mit der Seilwinde? Bevor das panische Gehirn begriffen hatte, dass der kurze Stopp für ein Beweisfoto in schwindelerregender Höhe zum Programm gehörte, war der kurze freie Fall schon vorbei.

Was wir zum Leben mitbekommen und was wir weitergeben – jedes Wochenende Geschichten rund um Gene und mehr in der „Erbonkel“-Kolumne.

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