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Sechseckige Drachenfliese mit blauer Glasur, Bemalung und Blattgold aus dem Museum für Islamische Kunst Berlin.

© Rolf Brockschmidt

Schlüsselfunde der Berliner Archäologie: Im Zeichen des blauen Drachens

Als Studentin entdeckte die Berliner Archäologin Ute Franke im Iran eine wertvolle Drachenfliese. Sie brachte sie zur Islamischen Kunstgeschichte.

Tiefblau windet sich der Drache über die sechseckige Fliese.  Auf dem blauen Hintergrund, der mit Ornamenten verziert ist, erkennt man ihn nicht sofort. Die Fliese ist mit Blattgold belegt und rot umrandet, ein wertvolles Stück.

„Ich war fasziniert von der Farbigkeit dieser Fliesen, die bei den Grabungen des Deutschen Archäologischen Instituts (DAI) am Tacht-e Soleiman im Norden des Iran zutage kamen“, erzählt Ute Franke, bis vor kurzem Stellvertretende Direktorin des Museums für Islamische Kunst und jetzt Privatdozentin für Vorderasiatische Archäologie an der Freien Universität Berlin.

Diese Keramiken fanden die Archäologen in den 1970er Jahren nicht im Palast, der war schon erforscht, sondern im Schutt und den umliegenden Häusern. „All diese Fliesen, die wir damals gefunden haben, stammen aus einer Zweitverwertung in Privathäusern“, erzählt Franke.

Ich wurde zur Kleinfundbearbeitung eingesetzt und musste die Fliesenfunde kategorisieren.

Ute Franke über ihren Grabungseinsatz als Studentin 1976

Der zwischen 1270 und 1275 auf einem sasanidischen Feuertempel erbaute Palast wurde im frühen 14. Jahrhundert aufgegeben, weil sich die politischen Schwerpunkte änderten und das Ilchaniden-Reich zu Ende ging. Daraufhin baute man die wertvollen Lüster- und Ladschwardina-Fliesen, die in Kaschan eigens für diesen Sommerpalast hergestellt worden waren, aus und verwendete sie an anderen Standorten.

Ute Franke Im Depot des Museums für Islamische Kunst mit einer Fliese, wie sie im Iran am Tacht-e Soleiman in den 1960er Jahren gefunden wurden.
Ute Franke Im Depot des Museums für Islamische Kunst mit einer Fliese, wie sie im Iran am Tacht-e Soleiman in den 1960er Jahren gefunden wurden.

© Rolf Brockschmidt

Das, was übriggeblieben war, nutzen die Einwohner des Ortes zum Schmuck ihrer eigenen Häuser. Da der Ort Ende spätestens im 15. Jahrhunderts ganz verlassen wurde, lagen die Ruinen nur unter einer dünnen Schuttschicht und waren leicht zu finden.

Für Ute Franke war die Grabung auf dem abgelegenen Tacht-e Soleiman ein einschneidendes Erlebnis. 1974 hatte sie gerade angefangen, Vorderasiatische Archäologie in Göttingen zu studieren und reiste 1976 in den Semesterferien durch den Iran. „Ich schaute auch am DAI in Teheran vorbei. Dort sagte man mir, man suche noch Mitarbeiter für die Grabung am Tacht-e Soleiman, die schon seit 1958 bestand“, erzählt Franke.

Nach einer beschwerlichen zweitägigen Reise mit Bus und Auto kam die Studentin auf dem 2100 Meter hoch gelegenen Ort an. „Ich wurde zur Kleinfundbearbeitung eingesetzt und musste die Fliesenfunde kategorisieren“, erzählt sie. Sie durfte auch mit auf die Grabung und fand selbst bunte Fliesen, wie die mit dem blauen Drachen.

„Der Tacht-e Soleiman ist bis heute der einzige erhaltene und erforschte säkulare Bau dieser Zeit“, erzählt sie. „Drachen und Phönix sind Motive mongolisch-chinesischen Ursprungs, die für das Kaiserpaar stehen.“ Dschingis Khan und seine Erben hatten ab 1219/20 Iran erobert und eine neue Bildsprache mitgebracht. Mit diesen Fliesen waren die Thronhalle und Privaträume geschmückt. Tacht-e Soleiman ist ein historisch und kulturell bedeutender Ort – und seit 2003 Weltkulturerbe.

Ute Franke schwärmt bis heute von ihrer ersten Iranreise. „Ich wurde überall so gut und freundlich aufgenommen.“ 1977 nahm sie noch einmal an der Grabung teil und schrieb 1979 ihre Magisterarbeit über die bunten Fliesen vom Tacht-e Soleiman. Von da an wandte sie sich der islamischen Kunstgeschichte zu.

Über Stationen am DAI kam sie 2008 ans Museum für Islamische Kunst, wo die im Rahmen der Fundteilung nach Berlin gekommenen Objekte aufbewahrt werden. Mit Hilfe der Gerda Henkel Stiftung hat sie zusammen mit der Bundeskunsthalle in Bonn und iranischen Institutionen die Funde vom Tacht-e Soleiman für die Datenbank des Nationalmuseums Teheran aufgenommen. Jetzt ist sie dabei, die umfangreichen Berliner Bestände aufzuarbeiten. So hat eine blaue Drachenfliese ihren wissenschaftlichen Werdegang bis heute beeinflusst.

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