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„Super Snack für einen Hai“: Weit gereister Pinguin hat kaum Überlebenschancen im Polarmeer
Der in Australien gestrandete und dort aufgepäppelte Kaiserpinguin wurde wieder freigelassen. Ein Meeresbiologe ist skeptisch, ob er die 3400 Kilometer nach Hause schafft.
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Ein Kaiserpinguin, der Anfang November in Australien landete, ist wieder zurück im Ozean – eine Entscheidung, die der deutsche Meeresbiologe Olaf Meynecke von der australischen Griffith University kritisch sieht: „Das ist das Ende des Pinguins.“
Die Nachricht über die Freilassung des Pinguins ging ähnlich wie zuvor das Auftauchen des Vogels an der Westküste Australiens Anfang November um die Welt: Ein Kaiserpinguin, der sich verschwimmt – und dabei rund 3400 Kilometer von der Antarktis entfernt an Land watschelt. Laut offiziellen Aufzeichnungen war so etwas noch nie zuvor passiert.
Es gibt keine Strömungen, die den Pinguin zurück in seine Heimat transportieren könnten.
Olaf Meynecke, Griffith University, Brisbane, Australien
Zwar können Kaiserpinguine auf der Suche nach Tintenfischen, Krill und kleineren Fischen bis zu 1600 Kilometer zurücklegen, doch mit über 3000 Kilometer hatte der Vogel, der bis zu 1,20 Meter groß und 40 Kilogramm schwer wird, einen Rekord aufgestellt. Die lange Reise hatte jedoch deutlich an seinen Reserven gezehrt. Das Tier wog, als man es in Australien auf die Waage stellte, nur noch 23 Kilogramm.
Ein königlicher Gast aus dem Tierreich
In der Obhut der Tierbetreuerin Carol Biddulph, die den Kaiserpinguin nach dem römischen Regenten Augustus „Gus“ nannte, nahm das Tier „eine ordentliche Menge an Gewicht zu“, sagte Biddulph australischen Medien. 20 Tage betreute sie den Pinguin aufwendig: Damit es ihm tagsüber nicht zu heiß wurde, wurden extra Wasserdüsen installiert, die sein Federkleid benetzten und ihn dadurch kühlten.
Am Mittwoch vergangener Woche wurde das Tier nun wieder im Südpolarmeer in die Freiheit entlassen. Dies bestätigte das für Biodiversität und Naturschutz zuständige Ministerium in Westaustralien (DBCA) am Freitag: „Lebe wohl und eine sichere Reise für unseren königlichen Gast aus dem Ausland.“ Laut DBCA hat Gus während seiner Zeit in Australien wieder dreieinhalb Kilo zugelegt. Auch mehrere tierärztliche Gesundheitschecks habe er bestanden.
„Super Snack für einen Hai“
Die Freilassung des Vogels im Südpolarmeer begründete die Behörde mit den höheren Temperaturen, die in Australien in den bevorstehenden Sommermonaten zu erwarten sind. Deswegen sei es „von entscheidender Bedeutung, den Pinguin in seine natürliche Umgebung zurückzubringen, wo er gedeihen und seine Temperatur regulieren kann“, so die Behörde. Doch während die Beamten wie auch die Pinguin-Betreuerin Biddulph fest davon überzeugt sind, dass Gus wieder nach Hause finden wird, hält der Meeresbiologe Meynecke dies für nicht sehr realistisch.

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Höchstwahrscheinlich werde Gus sterben – der einsame Vogel sei ein „super Snack für einen Hai“, sagte Meynecke. Dem Forscher zufolge gebe es auch keine Strömungen, die den Pinguin zurück in seine Heimat transportieren könnten.

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Seine einzige Chance wäre, wenn er erneut in Australien an Land ginge und nochmals gerettet werde. Obwohl Meynecke die Entscheidung, den Pinguin im Meer auszusetzen, kritisiert, so sieht er dennoch ein, dass man ihn auch nicht in die Antarktis hätte zurückbringen können. Die Gefahr, auf diese Weise Krankheiten in Pinguinkolonien einzuschleppen, sei zu groß. Die beste Chance für Gus wäre wohl ein Umzug in einen Zoo gewesen.
Erwärmung der Antarktis
Selbst wenn der unrealistische Fall eintreten sollte, dass Gus es bis in die Antarktis schafft, so erwarten ihn dort immer schlechter werdende Umweltbedingungen. Erst in der vergangenen Woche haben mehrere Hundert Polarforscherinnen und -forscher eine gemeinsame Erklärung abgegeben, in der sie dringende Maßnahmen fordern, um die Auswirkungen der Erderwärmung in der Antarktis aufzuhalten.
In der Erklärung mit dem Titel „Making Antarctica Cool Again“, die die ABC am Wochenende veröffentlichte, warnten die Forschenden vor den Folgen des globalen Meeresspiegelanstiegs, der durch das Abschmelzen der Eisschilde verursacht wird. „Allein der ostantarktische Eisschild enthält genug Wasser, um den globalen Meeresspiegel um etwa 50 Meter anzuheben, wenn er vollständig schmilzt“, hieß es. Das würde zwar Jahrtausende dauern. Aber schon ein Anstieg um einige Meter hätte „immense Auswirkungen auf Küstenstädte und Infrastruktur“.
Ähnlich schwerwiegend wären die Folgen für Kaiserpinguine. Schätzungen zufolge könnten bis Ende des Jahrhunderts 90 Prozent der Kaiserpinguin-Kolonien ausgestorben sein. Und das, obwohl die Vögel eine enorme Resistenz aufweisen: Sie können Temperaturen von bis zu minus 40 Grad Celsius überstehen, unter Wasser rund 20 Minuten lang die Luft anhalten und bis zu 535 Meter tief tauchen.
Insgesamt gibt es 18 verschiedene Arten von Pinguinen auf der Erde, alle leben auf der Südhalbkugel der Erde – in Australien, Neuseeland, dem südlichen Afrika, an der Westküste Südamerikas, auf den Galapagos-Inseln und der Antarktis.
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