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Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU).

© imago images/Christian Spicker

Update

Täuschungsvorwürfe gegen Kanzleramtsminister: Uni Gießen prüft Doktorarbeit von Helge Braun

Mögliche Verstöße gegen wissenschaftliche Standards: Die Uni Gießen prüft die Dissertation von Kanzleramtsminister Braun.

Stand:

Die Gießener Justus-Liebig-Universität überprüft, ob Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) in seiner Doktorarbeit 2007 gegen wissenschaftliche Standards verstoßen hat. Wie die Universität am Donnerstag mitteilte, gehe man Vorwürfen „auf mögliche Überschneidungen mit anderen Schriften“ nach.

Die Vorwürfe seien der Universität Ende Januar 2021 von einer Einzelperson gemeldet worden. Die Überprüfung bezieht sich demnach neben Überschneidungen mit anderen Schriften auch auf das "Verhältnis zu einer zuvor erschienenen Publikation mit Prof. Dr. Helge Braun als Ko-Autor", heißt es. „Der Betroffene hat überdies selbst um Überprüfung dieser Vorwürfe durch die JLU gebeten“, teilte die Uni weiter mit. Zuvor hatte die „Gießener Allgemeine Zeitung“ berichtet.

Welches Ausmaß die Vorwürfe haben und um wie viele inkriminierte Stellen es geht, ist bislang nicht zu erfahren. Anders als etwa bei den Fällen von Franziska Giffey, Annette Schavan oder Ursula von der Leyen (Letztere wie Braun Medizinerin) gibt es keine öffentlich einsehbare Dokumentation von Plagiatsexperten.

Über das Ausmaß der Vorwürfe ist nichts bekannt

Die Uni Gießen gab auf Anfrage über ihre offizielle Mitteilung hinaus keine weiteren Hinweise, was genau mit den „Überschneidungen mit anderen Texten“ und dem „Verhältnis zu einer zuvor erschienen Publikation“ mit Braun als Ko-Autor gemeint ist.

Möglich ist, dass es sich beim ersten Vorwurf um nicht gekennzeichnete Übernahmen aus fremden Texten, also Plagiate, handelt. Bei letzterem könnte gemeint sein, Braun werde unterstellt, er habe einen mit einem anderen Autor verfassten Aufsatz in seine Dissertation einfließen lassen, ohne dass explizit auf den Anteil des Kollegen hingewiesen wurde.

Der Kanzleramtsminister und Vorsitzende des CDU-Kreisverbands Gießen hat sich auf Twitter selbst zu den Vorwürfen geäußert. Die Universität überprüfe „auch auf meine Bitte hin den Bezug einer vorausgegangenen Teilpublikation der Ergebnisse von mir und anderen Autoren zu meiner Dissertation“, schrieb Braun am Mittwochabend.

Er sei „vom wissenschaftlichen Wert meiner Arbeit und von dem dadurch erzielten medizinischen Erkenntnisgewinn überzeugt“, sagte Braun zusätzlich der "Gießener Allgemeinen Zeitung".

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Eine Expertenkommission der Universität Gießen überprüft nun Brauns Dissertation in einem standardisierten mehrstufigen Verfahren gegen mögliche Verstöße der Regularien zum wissenschaftlichen Arbeiten, wie es in der Mitteilung der Universität heißt.

Das Vorprüfungsverfahren ist bereits durchgeführt

Die Ombudsperson der Universität habe den Sachverhalt bereits einer ersten Prüfung unterzogen und das Vorermittlungsverfahren nach Abschluss seiner Prüfung im Februar an den Vorsitzenden der Kommission zur Sicherung der guten wissenschaftlichen Praxis übergeben.

Der Vorsitzende habe ein Vorprüfungsverfahren durchgeführt. In diesem Rahmen hat Braun bereits Stellung zu den Vorwürfen genommen, was der Kanzleramtsminister bestätigte. Nach Eingang der Stellungnahme und dem Abschluss der Vorprüfung im April sei nunmehr die Kommission zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis mit der Weiterführung des Verfahrens betraut, teilt die Uni mit.

Braun wurde 2007 im Alter von 35 Jahren zum Doktor der Medizin promoviert. Seine Doktorarbeit befasste sich mit dem Einfluss intraoperativer Tachykardien (Herzrasen während einer Operation) auf die postoperative Prognose. Sie umfasst 154 Seiten.

Dass medizinische Doktorarbeiten in der Wissenschaft prinzipiell in der Kritik stehen, ist seit langem bekannt. Der Wissenschaftsrat beanstandete bereits 2004 die „,pro-forma’-Forschung“ in vielen dieser Arbeiten, deren wissenschaftlicher Erkenntniswert gering sei. Trotz dieser Kritik hat es in all den Jahren kaum eine grundlegende Reform an den Qualitätsstandards für die Promotionen in diesem Fach gegeben. (mit dpa)

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