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Der gemeinsame Antrag der Berliner Universitäten für die Exzellenzstrategie.

© TU Berlin/Felix Noak

Update

Berlin University Alliance erhält rechtlichen Rahmen: Unimitglieder wollen mehr Mitbestimmung im Berliner Exzellenzverbund

Der Berliner Exzellenzverbund erhält einen gesetzlichen Rahmen. Aus den Unis kommt Kritik, der Senat der Humboldt-Uni hat bereits Verbesserungsvorschläge.

In einer digitalen Sitzung des Akademischen Senats (AS) hat die Humboldt-Universität den Gesetzentwurf für die "Kollaborationsplattform" der Berlin University Alliance (BUA) "in dieser Form" abgelehnt.

Dem politischen Senat Berlins, und damit dem Gesetzgeber, gab der AS am Ende ein paar konkrete Änderungswünsche mit auf den Weg.

Darum geht es: Die BUA, der in der Exzellenzinitiative erfolgreiche Zusammenschluss der drei Unis und der Charité, soll eine rechtliche Grundlage erhalten. Dafür will das Land demnächst die Kollaborationsplattform des Univerbunds ins Leben rufen.

Der sperrige Name steht für das Gremium, das den Kern der Allianz ausmachen und die Zusammenarbeit von FU, HU, TU und Charité organisieren soll. Über den Gesetzentwurf wird in dieser Woche in den Akademischen Senaten der drei Unis diskutiert.

"Corona wird für Hauruckverfahren ausgenutzt"

Schon die Tatsache, dass das in der Krisenzeit geschieht, stößt nicht überall auf Gegenliebe. „Corona wird ausgenutzt, um das im Hauruckverfahren zu beschließen“, ist aus der Berliner Professorenschaft zu hören.

Der Widerstand in der Sache ist grundsätzlicher. Die Plattform wird als eine Körperschaft öffentlichen Rechts gegründet und ist eine gemeinsame Gliedkörperschaft von FU, HU, TU und Charité. Diskutiert wird deshalb erneut die Frage, inwieweit die BUA durch die Plattform nicht doch zu einer eigenständigen Exzellenz-Einheit wird, die über den Unis schwebt.

Auch an der HU wurde jetzt die Sorge geäußert, die Kollaborationsplattform könnte sich "verselbstständigen".

Senatskanzlei und Uni-Präsidenten haben das immer von sich gewiesen. Aktuell betont Staatssekretär Steffen Krach auf Anfrage, die Plattform sei eben kein Dach, sondern eine Einrichtung der Universitäten, die der gemeinsamen Umsetzung der Exzellenzprojekte diene. „Und die Betonung liegt auf dienen.“

Im leeren Senatssaal der Humboldt-Uni wird eine Videokonferenz übertragen.
Der Akademische Senat der HU tagte per Videokonferenz, dem öffentlichen Teil konnten Gäste bei einer Übertragung in den leeren Senatssaal der HU folgen.

© Amory Burchard

HU-Präsidentin Sabine Kunst sagte am Dienstag im AS, es gehe darum, "neue Infrastrukturen in der BUA zu schaffen und gemeinsam betreiben zu können". So solle die BUA-Geschäftsstelle über die Plattform betrieben werden, Infrastrukturen angeschafft und Archive aufgebaut werden - gedacht sei etwa an große Datenspeicher, Superrechner oder Kryoelektronenmikroskope, sagte Kunst nach dem AS auf Anfrage.

Im Körperschaftsgesetz geregelt werden müsse auch der "Angehörigenstatus" der Forschenden in der BUA, erklärte Kunst. Für diejenigen, die die gemeinsamen Exzellenzprojekte durchführen, müsse ein integrierter Forschungsraum errichtet werden, dem sie dann auch formal angehören.

Der Haushalts-Vizepräsident der HU, Ludwig Kronthaler, betonte: "Die Kollaborationsplattform ist keine Universität, sie nimmt keine akademischen Aufgaben wahr." Damit wies er Forderungen von Studierenden und nichtwissenschaftlichen Mitarbeitern im AS zurück, im Wissenschaftlichen Rat der Plattform vertreten zu sein.

Können die Präsidenten über ihre Unis hinweg regieren?

Entscheidungen in der Plattform soll dem Gesetzentwurf zufolge ein Vorstand fällen, in dem die drei Unipräsident*innen und der Charité-Vorstandsvorsitzende sitzen. Ihnen steht der „Wissenschaftliche Rat“ zur Seite – mit je einem Dekan, einer Vertretung der Senate der Unis sowie je einer Wissenschaftlerin und je einem Nachwuchsforscher der Unis.

Könnten die Präsidenten hier quasi über ihre Einrichtungen hinweg regieren? AS-Mitglied Thomas Morgenstern aus der Gruppe der Mitarbeiter in Technik, Service und Verwaltung kritisierte nicht nur die fehlenden Statusgruppen. Es gehe auch nicht an, dass der Vorstand allein darüber entscheiden könne, "welche Wissenschaftler exzellent genug sind, um den Angehörigenstatus zu bekommen".

Dagegen wandte Vizepräsident Kronthaler ein, Ablehnungen stünden gar nicht zur Debatte, da jede und jeder, der an einem BUA-Projekt mitwirkt, den Status erhalten werde.

"Entspricht nicht Grundsätzen der Gruppenuniversität"

Morgenstern verwies auf die Position seiner Gruppe, nach der die Zusammensetzung des Wissenschaftlichen Rats "nicht dem Grundsatz der Beteiligung der Mitgliedergruppen in der Gruppenuniversität" entspreche.

Außerdem zeige die "breite Palette an Aufgaben", die die Plattform erfüllen solle, sehr wohl, "dass es um eine wissenschaftsadäquate Organisation bis in die Einrichtungen hinein gehen wird", hielt Morgenstern der Präsidentin und dem Vizepräsidenten für Haushalt entgegen.

[An dieser Stelle haben wir die zunächst sinngemäß zitierten Aussagen von Thomas Morgenstern auf dessen Bitte gegenüber der ersten Fassung vom 21. April präzisiert.]

Zuvor hatte Reinhard Flogaus aus der Gruppe der Akademischen Mitarbeitenden eingewandt, die Finanzierung der 20 Stellen in der BU-Geschäftsstelle und der Großgeräte würden sich dann auf den HU-Haushalt auswirken, wenn die BUA negativ evaluiert und nicht mehr vom Bund finanziert werde. Bislang seien die Mittel schließlich nur bis Ende 2026 gesichert.

Streit gibt es auch über einen Passus im Gesetzentwurf, auf den Staatssekretär Krach verweist, wenn es um die Kontrolle der Unigremien über den Plattform-Vorstand geht: Das Einvernehmen der Unigremien sei erforderlich, sobald sich BUA-Entscheidungen „nicht unerheblich auf wissenschaftsrelevante Belange“ der Partner auswirken.

Die Anglistin Helga Schwalm kritisierte die Formulierung "nicht unerheblich" als "sehr elastisch" und bat um Klärung, wer darüber entscheidet, welche Belange wissenschaftsrelevant sind - mit Erfolg.

Zwar erklärten Kunst und Kronthaler, hier sei ein "bewusst unbestimmter Rechtsbegriff" gewählt worden, der Konkretisierungen in der Praxis der BUA ermöglichen solle.

Nachdem sich am Ende aber Thomas Morgensterns Antrag durchsetzte, dass der AS den Gesetzentwurf zwar zur Kenntnis nimmt, ihn aber "in dieser Form" ablehnt und den politischen Senat um Überarbeitung bittet, standen doch ein paar Hinweise für eben diese Überarbeitung fest.

HU fordert mehr Rechte für den Wissenschaftlichen Rat

"Der Wissenschaftliche Rat soll gestärkt werden, indem er mehr Beratungsbefugnisse in Fragen der Satzung, des Wirtschaftsplans und in der Entscheidung darüber erhält, was nicht unerhebliche Belange sind", fasste Sabine Kunst nach der Sitzung die "Quintessenz" zusammen.

Die HU-Präsidentin will sich darüber hinaus dafür einsetzen, dass die "Berichtspflichten" des Vorstands im Gesetz deutlicher gefasst werden. Damit wolle sie "dem Eindruck entgegentreten, dass wir durchregieren", sagte Kunst.

Im Parlament nach der Sommerpause

Und was ist mit dem „Hauruckverfahren“? Auch das weist Krach zurück. Für den Gesetzentwurf werde das dafür festgeschriebene Verfahren „selbstverständlich eingehalten“. Es handele sich um einen „sehr transparenten Vorgang“.

Den Unis liegt der Entwurf seit dem 6. April vor, die Senatskanzlei hat die Frist zur Stellungnahme um zehn Tage auf den 30. April verlängert. Rückmeldungen aus den Unis würden sorgfältig geprüft, verspricht der Staatssekretär. Danach gehe der Gesetzentwurf in den Senat.

Krachs Ziel ist ein Termin vor der Sommerpause. Nach der Sommerpause könnte das parlamentarische Verfahren starten, wozu eine erneute Anhörung von Univertretern gehören wird.

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