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Ein leerer Hörsaal an der Charité in Berlin.

© dpa/HANNIBAL HANSCHKE

Unis sind keine Autofabriken: Die Berliner Hochschullandschaft mit Weitsicht gestalten, nicht nach Kassenlage

Berlins Unis müssen sparen. Kann kurzsichtiges kürzen die Lösung sein? Was wir brauchen, sind durchdachte, langfristige Konzepte für eine zukunftsfähige Wissenschaft.

Barış Ünal
Eine Kolumne von Barış Ünal

Stand:

Auf den kürzlichen Vorschlag eines Berliner Wissenschaftspolitikers, weniger ausgelastete Studiengänge abzuschaffen, zusammenzulegen oder gleich gesamte Hochschulen einzusparen, reagierte der Berliner Senat mit Ablehnung, selbst, wenn es „in Zeiten großer finanzieller Herausforderungen“ keine Denkverbote geben dürfe.

Na, das macht doch Mut! In der Tat, darf es nicht verboten sein, zu denken. Möchte man der bedrohlichen finanziellen Schräglage in Berlin nicht nur mit Antworten aus den Untiefen des Stammhirns begegnen, dann muss insbesondere Denken unbedingt weiterhin unverzichtbar bleiben.

Angesichts der nahezu im Wochentakt eintrudelnden Hiobsbotschaften aus Senatsverwaltung und Hochschulleitung herrscht vermutlich vielerorts in der Berliner Hochschullandschaft eine große Sehnsucht nach wirklich einmal durchdachten Konzepten und Ideen.

In diese Kategorie fällt der oben beschriebene Vorschlag aber natürlich nicht. Universitäten sind keine Automobilfabriken, in denen abhängig von Konjunktur und Rentabilität Werke geschlossen werden können.

Auch sonst stellt sich die Frage, wie förderlich es für Denkprozesse im ganzen Land ist, wenn Wissenschaft und Forschung in die Hand von Krämern gegeben werden, die Hochschulen gerne primär nach Angebot und Nachfrage ausrichten würden.

Welche Studiengänge sind das denn, die wegkönnen? Wo es wenige Studierende gibt? Also kein Berufsschullehramt mehr? Richtig kostenintensive Fächer, wie Medizin? Die, mit denen man bei der Familienfeier nur verwirrte Blicke erntet? Oder behalten wir einfach nur noch die Studiengänge, nach denen angeblich der Arbeitsmarkt lechzt? Und wer entscheidet das dann –Unternehmensberatungen? Der Familienrat? Die Arbeitsagentur? Berufspolitiker aus der BWL-Schmiede?

Tragfähige Ideen fehlen

Wer käme auf die Idee, ähnliche Maßstäbe auch bei der Ausbildung anzulegen? Aus der stetig sinkenden Nachfrage nach Ausbildungen in Pflege und Handwerk zöge vermutlich niemand den Schluss, stattdessen nur noch in IT und Gamedesign ausbilden zu lassen und den Rest bequem einzusparen.

Auch wenn es populäre Schlager in der Wahlkampfkirmes sind, Orchideenfächer zu belächeln und Hochschulen abwickeln zu wollen: Momentan braucht es stattdessen tragfähige Ideen und ein Wissenschaftsmanagement, das über kurzfristige Sparmaßnahmen hinausblickt.

Schließlich sollte es im Interesse aller liegen, die Hochschullandschaft nicht nach Kassenlage, sondern mit Weitsicht zu gestalten. Gerade in Zeiten knapper Kassen sind kluge Konzepte gefragt – die Universitäten selbst sollten dabei nicht als Problem, sondern als Teil der Lösung verstanden werden.

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