
© dpa/Alberto Saiz
Wasserkreislauf gerät aus dem Takt: Meteorologen warnen vor globalen Krisen
Rund 60 Prozent der Flüsse weltweit führten 2024 zu viel oder zu wenig Wasser. Dürren, Überschwemmungen und schmelzende Gletscher zeigen die wachsenden Risiken für Mensch, Wirtschaft und Umwelt.
Stand:
Im vergangenen Jahr lagen rund 60 Prozent der Flüsse weltweit entweder über oder unter dem Normalwert – führten also zu viel oder zu wenig Wasser. Das geht aus dem neuesten Bericht der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) hervor.
Nur bei etwa einem Drittel der globalen Flusseinzugsgebiete herrschten 2024 normale Bedingungen. Damit zeichnet der Bericht das sechste Jahr in Folge ein Bild zunehmend unberechenbarer Wasserkreisläufe.
Die WMO warnt vor einer Kettenreaktion von Schäden: Extreme Niederschläge und Dürren wirken sich direkt auf Wirtschaft, Infrastruktur und Gesellschaft aus. 2024 war das heißeste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen.
Zwischen Dürre und Flut
Viele Regionen litten unter schweren Dürren, während andere von verheerenden Überschwemmungen getroffen wurden. Fast alle der 75 größten Seen weltweit wiesen überdurchschnittliche Wasserstände auf. Gleichzeitig meldeten alle Gletscherregionen zum dritten Jahr in Folge Verluste durch Schmelze.
In dem Bericht wird die Zunahme von Dürren, Überschwemmungen und Gletscherschmelze mit der globalen Erwärmung in Zusammenhang gebracht – verstärkt durch das El-Niño-Jahr 2024, also eine Kombination aus langfristigem Klimawandel und kurzfristigen Klimaschwankungen.
Tausende Todesopfer
2024 führten extreme Regenfälle in Afrika zu rund 2500 Todesopfern und vier Millionen Vertriebenen. In Europa gab es die schwersten Überschwemmungen seit 2013, ein Drittel des Flussnetzes überschritt die Hochwasserschwellen. Asien und der Pazifik erlebten rekordverdächtige Regenfälle und Wirbelstürme mit über tausend Todesopfern.

© IMAGO/James Wakibia
In Brasilien trafen gleichzeitig extreme Wetterlagen aufeinander: Überschwemmungen im Süden forderten 183 Todesopfer, während das Amazonasbecken von einer Dürre betroffen war, die 59 Prozent des Landes erfasste.
Europa besonders betroffen
In Mitteleuropa herrschten 2024 überdurchschnittlich nasse Wetterbedingungen. Die Donau und viele Nebenflüsse führten teils extrem hohe Abflussmengen. Ein Drittel des europäischen Flussnetzes überschritt die Hochwassergrenze. Insgesamt waren 413.000 Menschen betroffen, über 335 starben, wirtschaftliche Schäden beliefen sich auf rund 18 Milliarden Euro.
Auch Deutschland blieb nicht verschont: Sturzfluten in Bayern im Juni, Starkregen mit Evakuierungen in Saarland und Rheinland-Pfalz prägten das Jahr.
Besonders dramatisch waren die Folgen des Sturms „Boris“ im September: Vom 12. bis 16. fielen in Polen, Deutschland, Tschechien und Nordostrumänien Niederschläge, die der Menge von drei Monaten entsprachen.
Im oberen Donaubecken wurde in Loučná nad Desnou in der Tschechischen Republik mit 704,2 Millimeter die höchste jemals innerhalb von fünf Tagen gemessene Niederschlagsmenge registriert. Der allein durch dieses Ereignis verursachte wirtschaftliche Schaden wird auf 1,65 Milliarden Euro geschätzt.
Immer extremere wasserbedingte Gefahren wirken sich zunehmend auf Leben und Lebensgrundlagen aus.
Celeste Saulo, Generalsekretärin der Weltorganisation für Meteorologie (WMO)
Im Oktober 2024 führten heftige Regenfälle in Valencia, Spanien, zu katastrophalen Überschwemmungen: 232 Menschen starben, der wirtschaftliche Schaden betrug 17,5 Milliarden Euro.
Der WMO-Bericht fordert eine intensivere Überwachung der Wasserressourcen und besseren internationalen Datenaustausch, um auf die zunehmenden Extreme im globalen Wasserkreislauf reagieren zu können.
„Kontinuierliche Investitionen und eine verbesserte Zusammenarbeit beim Datenaustausch sind entscheidend, um Überwachungslücken zu schließen“, sagte WMO-Generalsekretärin Celeste Saulo. „Ohne Daten laufen wir Gefahr, im Blindflug zu fliegen.“
„Wasser erhält unsere Gesellschaften, treibt unsere Volkswirtschaften an und verankert unsere Ökosysteme“, betonte WMO-Generalsekretärin Saulo. Gleichzeitig stünden die Wasserressourcen der Welt unter wachsendem Druck: „Und immer extremere wasserbedingte Gefahren wirken sich zunehmend auf Leben und Lebensgrundlagen aus.“
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