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Zehn Millionen Euro für Berliner Gründer-Hub: Wissenschaftsverbund gewinnt im Bundeswettbewerb
Mit der Initiative „Unite“ will Berlin-Brandenburg Startups und Patente aus der Wissenschaft fördern. Mit ihrem Startkapital von 20 Millionen Euro hat sie sich um weitere Bundesmittel beworben: mit Erfolg.
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Unis und Forschungsinstitute sind derzeit gefragte Akteure, wenn es darum geht, die kriselnde deutsche Wirtschaft anzuschieben. Während in einigen Bundesländern, allen voran Berlin, die Hochschulen um ihre Grundfinanzierung kämpfen, bauen zahlreiche Standorte Kapital und Netzwerke auf, um Erkenntnisse aus der Forschung in Produkte umzuwandeln und zu vermarkten.
So fördert der Bund künftig zehn neue „Startup Factorys“ mit jeweils bis zu zehn Millionen Euro, von denen man sich Firmengründungen und Patente erhofft.
Gewonnen hat auch die Initiative „Unite“, für die sich die größten Unis, einige Fachhochschulen und Forschungseinrichtungen in Berlin-Brandenburg zusammengeschlossen haben. Auf das Startkapital mehr als 20 Millionen Euro kommen nun weitere zehn Millionen Euro vom Bundeswirtschaftsministerium, das den Wettbewerb der Startup-Fabriken ausgeschrieben hat.
Unite will pro Jahr 50.000 Personen mit Events und „Community-Formaten“ für das Unternehmertum „aktivieren“, ist auf der Website zu lesen. Zudem sollen Tausende in Kursen weitergebildet werden. Das Ziel ist, jährlich 500 Teams in seinen frühen unternehmerischen Schritten zu unterstützen und in der Region täglich ein neues Startup zu gründen. So sollen jedes Jahr 3500 neue Arbeitsplätze entstehen.
Der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) gratuliert Unite zu den Bundesmillionen: Dies sei ein „Startschuss für eine neue Ära der Gründungen aus Wissenschaft und Forschung“. Sein Ziel sei, dass Gründertum an den Hochschulen „zu einer Selbstverständlichkeit“ werde, sagte Wegner im Vorfeld dem Tagesspiegel. Generell gelte es für die Stadt zu schauen, „wie man mehr privates Kapitel akquirieren kann“.
An den Berliner Hochschulen und Forschungsinstituten gibt es bereits diverse Angebote, um Studierenden und Forschenden dabei zu helfen, ihre Idee in eine Anwendung oder ein Patent zu überführen. Macht das Großprojekt Unite nun die kleineren Centres for Entrepreneurship, Startup-Hubs oder andere Strukturen unter ähnlichem Label in der Region überflüssig?
Stefanie Molthagen-Schnöring verneint das. Sie ist bei Unite für „Science Innovation“ zuständig und als Vizepräsidentin für Forschung an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin mit der Kooperation von Unis und Unternehmen vertraut. Die Uni-Zentren seien bewährt und wichtig, könnten aber gar nicht alles abdecken, was es an förderwürdigen Talenten und Projekten gebe. Unite solle diese Lücken schließen.
Transfer in die Praxis in Berlin neu sortiert
Dennoch steht manche Errungenschaft der Unis in dem Bereich wegen der Haushaltskürzung des Senats auf der Kippe. Etwa das Institut für angewandte Forschung (IFAF), ein Verbund der vier Berliner Fachhochschulen mit Fokus auf dem Transfer von Wissen in die Praxis. Staatssekretär Henry Marx (SPD) hatte im Wissenschaftsausschuss am Montag angekündigt, dass das Institut zwar wegen Unite nicht abgeschafft werde, es sich aber „verändern“ müsse.
Derzeit ist vorgesehen, die Zuwendungen für das IFAF von 3,4 auf nur eine Million Euro zu reduzieren, zum Unmut auch der Berliner Wirtschaft. So hatte Marian Schreier von der Industrie- und Handelskammer Berlin in vergangenen Ausschüssen es als „funktionierende Struktur“ gelobt, die weiter finanziert werden müsse. Insbesondere kleine und mittlere Unternehmen würden das IFAF schätzen, da sie für frühe Phasen des Transfers Zugang zu den Hochschulen bekommen, um kleinere Projekte zu fördern.
Unite will dagegen auch die großen Player ansprechen. Ein Großteil des eingeworbenen Geldes soll in Bildungsprogramme fließen, um den Prozess von der ersten Idee bis hin zum Pitch vor möglichen Investoren – den Wagniskapitalgebern – zu beschleunigen. Kern des Ganzen ist zudem eine digitale Plattform, wo sich Geldgeber wie Gründungswillige ein Profil anlegen und finden können. Auch Events zur Vernetzung soll es geben.
Startups sind agiler als große Unternehmen
Startups seien für große Unternehmen mit eher behäbigen Strukturen oft interessant, um zu sehen, wo sich bestimmte Bereiche hinentwickeln, welche Innovationen möglich sind, sagt Laura Möller, Geschäftsführerin der „Unite-GmbH“. Junge Gründer kommen durch eine Firmen-Beteiligung an ihrem Vorhaben Kapital. „Die großen Unternehmen können hingegen Expertise beisteuern, was zum Beispiel Regulierungsvorschriften und Produktion in einer Branche angeht“, sagt Möller, die bereits selbst als Investorin für Wagniskapital dafür zuständig war, vielversprechende Startups zu finden und mit Kapitalgebern zu vernetzen.
Zehn Millionen Euro, die für das Vorhaben über einen Fonds zur Verfügung stehen, gehen direkt an ausgewählte Startups. Weil davon 30-50 Projekte profitieren sollen, gibt es für jedes zwischen 100.000 und 300.000 Euro. Das ist nicht viel und wohl eher für die Frühphase gedacht, bevor die Idee reif für die Präsentation vor Geldgebern ist.
In der neuen Förderrunde des Bundes haben neben Berlin auch Unis und Verbünde unter anderem in Köln und Hamburg, in Nordbayern, im Ruhrgebiet, in Baden-Württemberg und Sachsen mit Thüringen gewonnen. Mit diesen Startup-Fabriken konkurriert Berlin-Brandenburg also um Investoren, um die großen Versprechen von Innovation und Arbeitsplatz-Boom wahr werden zu lassen.
Die erste Jahreshälfte 2025 verzeichnete mit 1500 Startups bundesweit einen Aufschwung in der deutschen Gründerszene. Das waren neun Prozent mehr als in der zweiten Jahreshälfte 2024. Berlin und München sind weiterhin führend, was die Ausgründungen pro Kopf betrifft, meldete die Deutschen Presseagentur hierzu. Auch weitere Forschungsstandorte wie Heidelberg, Darmstadt und Aachen trügen zum Aufschwung bei. Die meisten Ausgründungen kamen demnach aus dem Software-Sektor.
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