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Hinweisschild zu einer "Abklärungsstelle Corona-Virus" in Berlin.

© REUTERS/Michele Tantussi

Update

Angesteckt beim Feiern: 17 von 48 Berliner Coronavirus-Infizierten besuchten Club „Trompete“

Sie wollten Spaß haben, doch steckten sich mit dem Coronavirus an: Ein Drittel der Berliner Fälle lässt sich auf einen Infizierten zurückführen.

Mehr als ein Drittel der Berliner Coronavirus-Kranken haben sich offenbar durch einen Besuch im Club "Trompete" in Tiergarten angesteckt. Wie die Senatsgesundheitsverwaltung am Montag bestätigte, sind 16 Kontaktpersonen des ersten "Trompete"-Falls positiv auf Covid-19 getestet worden.

Die Männer und Frauen stehen alle in Verbindung zu jenem Bezirksamtsmitarbeiter aus Reinickendorf, der sich am 29. Februar in dem Club am Lützowplatz unweit des Konrad-Adenauer-Hauses, der CDU-Bundeszentrale, aufgehalten hatte. Die Senatsgesundheitsverwaltung hatte daraufhin alle Besucher jenes Abends aufgerufen, sich zu melden.

Insgesamt beläuft sich die Zahl der nachgewiesenen Coronavirus-Infektionen in Berlin auf 48, das teilte Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) am Montag mit. Mit einer Ausbreitung müsse gerechnet werden.

Noch lehnen die Berliner Amtsärzte, die auf Grundlage des Infektionsschutzgesetzes zuständig sind, ein Verbot von Großveranstaltungen ab: Konzerte, Clubs, Sportturniere können also vorerst stattfinden. Allerdings sind die Veranstalter aufgefordert, Gefahren – also auch Infektionsrisiken – selbst einzuschätzen.

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Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte empfohlen, Veranstaltungen mit mehr als 1000 Teilnehmern abzusagen. Dafür kritisierte Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) ihn am Montag deutlich.

Er finde die Äußerung „interessant“, sagte der Senator bei der Vorstellung der Polizeilichen Kriminalstatistik, aber Spahn habe „seine persönliche Meinung auf seinen persönlichen Social-Media-Kanälen bekannt gegeben“. Die Frage nach Schadenersatz sei damit nicht beantwortet. „Für eine gute Zusammenarbeit ist das nicht einfach“, sagte Geisel.

Kalayci: „Wir gehen von einem sehr deutlichen Anstieg aus“

Gesundheitssenatorin Kalayci warb derweil für mehr Realismus: „Wir gehen von einem kontinuierlichen und sehr deutlichen Anstieg der Fallzahlen aus“, sagte sie im Abgeordnetenhaus am Montag. Die aktuelle Entwicklung werde sich nicht ohne weiteres stoppen oder gar umkehren lassen.

Mehrfach verwies die unter Dauerbefragung von Medien und Politik stehende Senatorin auf die „sehr hohe Dynamik“ bei der Ausbreitung des Virus. „Was wir heute bereden, wird morgen wahrscheinlich nicht mehr aktuell sein“, sagte Kalayci im Gesundheitsausschuss. Dennoch würden die Behörden zumindest vorerst an der Strategie des „Containments“, also der Eindämmung des Virus durch das Unterbrechen der Infektionsketten, festhalten.

Senatorin: Behörden wohl bald an der Leistungsgrenze

Die Senatorin gestand ein, dass die zuständigen Behörden wohl bald an der Leistungsgrenze arbeiten würden. Kalayci schloss nicht aus, die zentralen Abklärungsstellen in sechs Kliniken künftig nur noch für Menschen „mit berechtigtem Interesse“ zugängig zu machen. Dazu zählten Kontaktpersonen von Infizierten sowie Menschen mit Symptomen wie Husten oder Fieber. Denkbar sei außerdem, die Tests bei einer weiteren Ausbreitung des Virus nur noch Mitarbeitern medizinischer Bereiche anzubieten.

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Ende vergangener Woche berichteten Augenzeugen von langen Schlangen vor den Abklärungsstellen. Teilweise wurden die Menschen nach Hause geschickt. Die Test-Kapazitäten reichten nicht mehr aus. Mittlerweile können laut Kalayci 1500 potenziell Betroffene am Tag auf Corona getestet werden. In Kürze sollen es noch mehr werden.

Hilfsorganisationen sollen Fahrdienst übernehmen

Um die für die Eindämmung zuständigen Gesundheitsämter der Bezirke zu entlasten, würden Mitarbeiter aus anderen Abteilungen der Bezirksverwaltungen eingesetzt, erklärte Kalayci. Auf diesem Wege entstünden so genannte „Pools“ von Angestellten, die im Notfall einspringen würden. Das Vorgehen sei mit den Bürgermeistern der Bezirke abgesprochen. Kalayci sagte, sie gehe davon aus, dass pro Bezirk etwa 50 Mitarbeiter bereitgestellt würden. Das bedeute, dass an anderer Stelle Engpässe entstünden. Diese Prioritätensetzung sei Teil eines Pandemieplans, der nun greife.

Den Fahrdienst für Betroffene von der Klinik zur jeweiligen Heimatadresse sollen Malteser Hilfsdienst, Johanniter, Rotes Kreuz und Arbeiter-Samariter-Bund übernehmen. Nach Angaben von Charlotte Rybak, Pressesprecherin der Malteser, seien diese Organisationen „von der Gesundheitssenatorin angefragt worden, ob sie für die Abstrich-Zelte vor den Rettungsstellen an sechs Krankenhäusern einen Krankentransport zur Verfügung stellen können.“ Die Koordination des Fahrdienstes liegt beim Roten Kreuz. Wann er startet, ist nicht bekannt. Zu der Frage, wer Betroffene in der Quarantäne bei Bedarf betreut, konnte ein Pressesprecher des Roten Kreuzes nichts sagen.

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