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© Julius Geiler

Update

Aufmarsch im Nordosten Berlins: Neonazis und Linke ziehen durch Marzahn-Hellersdorf – 39 Festnahmen

Neonazis waren am Sonnabend in Marzahn-Hellersdorf unterwegs. Die vorwiegend jungen Männer protestierten gegen eine Demonstration aus dem linken Spektrum.

Stand:

An der ersten Neonazi-Demonstration in Berlin seit vier Jahren haben sehr viel weniger Personen teilgenommen als angekündigt. Statt der angemeldeten 400 Demonstranten zogen am Sonnabend weniger als hundert Teilnehmer durch den Bezirk Marzahn-Hellersdorf.

Wie bereits bei den bundesweiten rechtsextremen Störaktionen gegen Christopher Street Days im Sommer stach besonders das junge Teilnehmerfeld hervor. Unter den Demonstranten befanden sich zahlreiche Jugendliche und Minderjährige, einige mit Springerstiefeln und Glatze.

Aufgerufen hatten vor allem neu gegründete rechtsextreme Gruppierungen wie „Jung und Stark“ und „Deutsche Jugend Voran“ (DJV), auch einzelne sächsische Neonazis waren vor Ort.

Gegen 15 Uhr wurde die Versammlung am S-Bahnhof Springpfuhl mit den Worten „Willkommen in der schönen Reichshauptstadt“ eröffnet. Unter „Ost, Ost, Ostdeutschland“-Rufen und der Parole „Bambule, Randale, Rechtsradikale“ setzte sich die Masse kurz darauf in Richtung Raoul-Wallenberg-Straße in Bewegung.

Die Polizei schützte unter anderem eine Geflüchtetenunterkunft auf dem Weg der Neonazis.

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Im Demonstrationszug waren Reichsfahnen zu sehen, ebenso Kleidung der rechtsextremen Kleinstpartei „Der III. Weg“. Immer wieder wurde das sogenannte „White Power“-Zeichen gezeigt.

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Die Polizei schützte unter anderem eine Geflüchtetenunterkunft auf dem Weg der Neonazis.

Passanten und einzelne passierende Autofahrer reagierten mit „Nazi raus“-Rufen auf die Demonstranten. Gegen 16 Uhr erreichte die Demo den S-Bahnhof Raoul-Wallenberg-Straße, wo sich zeitgleich mehr als tausend Teilnehmer einer linken Demonstration versammelten.

Die Neonazis tragen ein Banner mit der Aufschrift „Stoppt den linken Terror“.

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Die linke Demo trug den Titel „Patriarchat sterben lassen – Antifaschistisch kämpfen“. Sie startete kurz nach 17 Uhr am S-Bahnhof Raoul-Wallenberg-Straße und zog durch die Marzahner Hochhaussiedlungen ebenfalls zum S-Bahnhof Mehrower Allee. Die weniger als 100 Neonazis liefen mit weitem Abstand hinter den etwa 1300 Teilnehmern.

Zur linken Demonstration sammelten sich die Teilnehmer am Bahnhof Raoul-Wallenberg-Straße.

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„Es reicht nicht, im Herbst mit einem Pumpkin Spice Latte im ‚The future is feminist‘-Shirt gemütlich auf dem Sofa den Fall des Patriarchats herbeizumanifestieren“, hieß es im Aufruf der linken Demonstration. Ein „Pumpkin Spice Latte“ habe noch kein Patriarchat zu Fall gebracht. Stattdessen wolle man sich die Straße nehmen, auch um „den Faschos nicht das Spielfeld“ zu überlassen.

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Vermummte attackieren Teilnehmer von Neonazi-Demo

Wie die Polizei am Sonntag mitteilt, wurden nach den beiden Demonstrationen zwei Teilnehmer des Neonazi-Aufmarschs von einer zehnköpfigen Gruppe vermummter, schwarz gekleideter Personen attackiert. Dabei erlitten der 27- und der 30-Jährige Verletzungen am Oberkörper und im Gesicht. Eine medizinische Behandlung lehnten sie ab.

Außerdem wurde mutmaßlich während der Demonstration das Auto einer Demoteilnehmerin des rechtsextremen Protests angezündet. Gegen 16.30 Uhr bemerkte sie die eingeschlagenen Scheiben sowie einen brennenden Grillkohleanzünder auf dem Fahrzeugreifen. Die Polizei geht von einer vorsätzlichen Brandstiftung mit politischer Tatmotivation aus. Der Staatsschutz ermittelt.

Am Ende des Tages zählten die Beamten 39 Festnahmen sowie elf eingeleitete Strafverfahren. Diese wurden unter anderem wegen des Verdachts des Widerstands und tätlichen Angriffs gegen Vollstreckungsbeamte, der Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen, der gefährlichen Körperverletzung, des Verstoßes gegen das Waffengesetz, der Sachbeschädigung, der versuchten Brandstiftung und des Missbrauchs von Notrufe gefertigt.

Dass die Neonazis durch Marzahn-Hellersdorf liefen, dürfte kein Zufall sein: In den vergangenen Monaten war es insbesondere dort immer wieder zu politisch motivierten Straftaten aus dem rechtsextremen Bereich gekommen. Einige Berliner Kader der im Sommer neu gegründeten Organisation DJV wohnen in dem Bezirk.

Viele der teilweise sehr jungen Neonazis gelten als gewaltaffin. Das Berliner Landeskriminalamt hat in den vergangenen Monaten nach Tagesspiegel-Informationen zahlreiche sogenannte Gefährderansprachen mit Akteuren von „Deutschen Jugend Voran“ und „Jung und Stark“ geführt.

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