
© dpa/Julius-Chrstian Schreiner
Bei Brand gingen wertvolle Minuten verloren: Poller behindern Berliner Feuerwehr in Neukölln beim Löscheinsatz
Für Feuerwehrleute geht es beim Löscheinsatz um jede Minute – und um Leben und Tod. Ein Fall aus Neukölln zeigt, wie lebensgefährlich Poller im Notfall sein können.
Stand:
Berlins Innenstaatssekretär Christian Hochgrebe (SPD) legte sich vor zwei Wochen im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses fest: Polizei und Feuerwehr müssten trotz Verpollerung der Kieze im Ernstfall so schnell wie möglich an alle Einsatzorte gelangen können, um Gefahren zu bekämpfen und Leib und Leben zu schützen. „Wer die 110 oder die 112 anruft, der muss damit rechnen dürfen“, sagte Hochgrebe.
Doch zwei Tage später, am 4. Dezember, zeigte sich: Man kann nicht damit rechnen. Bei einem Wohnungsbrand am Maybachufer im Neuköllner Reuterkiez ist der Feuerwehreinsatz nach Tagesspiegel-Informationen durch Poller verzögert worden. Wertvolle, für das Löschen wichtige Minuten gingen verloren.
Zwei entscheidende Minuten
Die Modalfilter sollen den Durchgangsverkehr in den Kiezen reduzieren. Doch beim Brand am Maybachufer behinderten sie mehrere Einsatzfahrzeuge bei der Anfahrt. Beim ersten Löschfahrzeug (LHF) waren es zwei Minuten Zeitverlust. Rund 100 Meter vor dem Haus mit einer brennenden Wohnung musste der Wagen wegen einer Pollerreihe stoppen.
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Die Einsatzkräfte konnten, so wird aus der Feuerwehr berichtet, die Poller nicht umlegen oder entfernen. Warum – das blieb bislang unklar. In der Regel ist die Feuerwehr mit Technik ausgestattet, um Poller, Tore oder Schranken zu öffnen. Wegen fehlender Wartung und wegen der Witterungseinflüsse lassen sich zahlreiche Poller aber nicht mehr umlegen, berichten Feuerwehrleute.
Am Maybachufer mussten die Beamten des ersten Löschwagens deshalb Fahrräder beiseite räumen und über den Gehweg fahren. Wie brenzlig die Lage war, zeigt sich an der Alarmierungsfolge. Zunächst stufte die Feuerwehr den Fall um 2.48 Uhr mit der Stufe „Brand 4“ ein. Von einer eingeschlossenen Person war die Rede, auch Rettungswagen, Notarzt und Drehleiterwagen wurden losgeschickt.
Bei einem Feuer in einer Wohnung, zumal in einem Altbau, entscheiden Minuten. Die Flammen breiten sich rasend schnell aus, griffen auf ein Zimmer darüber über. Das erste Löschfahrzeug eskalierte die Alarmstufe um 3.06 Uhr auf „Brand 6“ und eine weitere Viertelstunde später auf eine „Massenanfall an Verletzten“. Das Feuer hatte sich in die Bausubstanz gefressen, die Feuerwehr musste die Böden aufreißen, um Brandnester zu löschen.
Die zweiminütige Verzögerung bei der Anfahrt, so heißt es von Feuerwehrleuten, dürfte maßgeblich dazu geführt haben, dass das Haus geräumt werden musste. Noch in der Nacht stellte die Feuerwehr fest, dass alle Wohnungen nicht mehr bewohnbar seien.
Strom und Gas mussten abgeklemmt werden. Ein Bewohner kam ins Krankenhaus, acht wurden ambulant behandelt. Insgesamt 14 Löschfahrzeuge waren im Einsatz, darunter eine Atemschutzstaffel, zwei Drehleitern und sechs Rettungswagen.
Erst im November war ein Fall vom Lausitzer Platz in Kreuzberg bekannt geworden. Eine Notärztin konnte einen Elektro-Poller nicht im Boden versenken. Zum Glück war ein BSR-Team in der Nähe, es hatte einen Transponder dabei. Laut Bewohnern wurden Rettungswagen und Notärztin zehn Minuten lang aufgehalten. Streit gab es wegen enger Zufahrten für die Feuerwehr auch um die Poller im Richardkiez in Neukölln.
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