
© Screenshot / TikTok
Berliner Polizist duzte Clanboss im TikTok-Livestream: Gericht verbietet „Officer Denny“ auf Social Media
Ein Berliner Polizist ist als „Officer Denny“ bei TikTok, Instagram, Twitch und Youtube aktiv. Die Polizei wollte ihm das untersagen. Das ist nun ein Fall für die Justiz.
Stand:
Als „Officer Denny“ beschäftigt er sich bei Tiktok mit Internetvideos zu angeblicher Polizeigewalt, nimmt Texte von Rappern auseinander, die zu Gewalt gegen Polizisten aufrufen, und erklärt den Polizeialltag. Doch der Polizeihauptkommissar hat selbst Ärger mit Polizei und Justiz – weil er per Livestream mit Clanboss Arafat Abou-Chaker plauderte und ihn sogar duzte. Nun untersagte ihm das Verwaltungsgericht per Eilbeschluss, weiter als „Officer Denny“ auf verschiedenen Plattformen in den sozialen Medien aufzutreten.
Bei TikTok hat der Polizeihauptkommissar 170.000 Follower. Als die Polizei von der Live-Plauderei mit dem Clanboss erfuhr, untersagte sie dem Beamten, sich weiter auf der Plattform zu tummeln. Im Juni 2022 weitete die Behörde das Verbot auf die Plattformen Youtube, Instagram und Twitch aus, auf denen er aktiv ist.
Der Beamte legte Widerspruch ein, die Polizei reagiert noch schärfer: Die Behörde verbot „Officer Denny“ generell eine Nebentätigkeit mit Bezug zur Polizei auf allen bestehenden oder zukünftigen Kanälen und Plattformen. Und sie forderte von ihm, alle Beiträge mit Polizeibezug sowie den Profilnamen zu löschen.
Ich quatsch’ da des Öfteren über grundlegende Sachen meines Berufs.
„Officer Denny“ in einer Erklärung via Instagram.
Dagegen legte der Polizist dann einen Eilantrag vor dem Verwaltungsgericht ein, den wies das Gericht nun jedoch zurück. Der Beamte habe bei seiner Nebentätigkeit in den sozialen Medien seine dienstlichen Pflichten verletzt. Das Live-Interview mit dem Clanboss offenbare ein nicht zu akzeptierendes Näheverhältnis zum Clanmilieu. Deshalb seien Zweifel begründet, dass der Polizist sein Amt künftig pflichtgemäß und unparteiisch ausüben werde. Als Beamter unterliege er besonderen Treuepflichten zum Dienstherrn, dem widersprächen aber private Kontakte ins Clanmilieu.
Abou-Chaker ist einer der prominentesten Namen im Clanmilieu. Er steht mit drei Brüdern weiterhin vor dem Landgericht, in der seit Sommer 2020 laufenden Verhandlung wird ihm vorgeworfen, den Rapper Bushido erpresst, eingesperrt und verletzt haben. Einige Männer des Clans sind bereits mit Straftaten aufgefallen.
Gerichtsentscheidung nicht rechtskräftig
Um Bushido ging es auch im Livestream. Später verteidigte sich „Officer Denny“, es gehe um einen Fall, „mit dem ich gar nichts zu tun habe“. Er sei als „Privatperson auf TikTok live“ gewesen, schrieb er in einer Instagram-Story. „Ich quatsch’ da des Öfteren über grundlegende Sachen meines Berufs, aber stelle immer klar, dass ich keine Behörde, sondern nur mich selbst repräsentiere.“
Er habe das „Gesprächsangebot zum Doppellive von einer Person“ erhalten, „die meines Wissens nicht vorbestraft ist“. Und er erklärte: „Ich bin grundsätzlich ein offener, neutraler, unvoreingenommener Mensch und halte vom rechtsstaatlichen Prinzip, dass jeder als unschuldig zu betrachten ist, bis ihm die Schuld bewiesen werden kann, sehr viel.“
Auch als die Polizei bereits ein Disziplinarverfahren eingeleitet hatte, machte „Officer Denny“ weiter. Im Frühjahr 2022 veröffentlichte er zwei Videos von Twitch-Livestreams. Mit dabei waren zwei bekannte Männer, die im Bushido-Fall auf der Seite von Clanboss Abou-Chaker stehen. Der Polizist unterhielt sich mit dem Berliner Rapper Fler und dem Hip-Hop-Journalisten „Rooz“, die Themen: Rechtsextreme in der Polizei, Bodycams, Polizeihass, Kriminalität und „Realness in der Rapszene“.
Seine Videos mit Polizeibezug und seinen Usernamen hat „Officer Denny“ übrigens noch nicht gelöscht, wie ihm das Verwaltungsgericht auferlegt hatte. Der Beamte geht in die nächste Instanz und hat beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (OVG) Beschwerde eingelegt.
Benjamin Jendro, Sprecher der Gewerkschaft der Polizei (GdP) in Berlin, nannte die Entscheidung des Verwaltungsgerichts richtungsweisend. Es bringe „die Problematik der privaten Präsenz von Polizisten mit dienstlichem Bezug im Social Media auf den Punkt“, sagte Jendro. „Wenn man als Sicherheitsbehörde authentisch Nachwuchs werben und Polizeiarbeit nahe bringen möchte, sollte das ausschließlich über Corporate Influencer geschehen.“
Es sei gut, dass Berlins Polizei die Gefahren mittlerweile erkannt habe und an verbindlichen und transparenten Regeln und Tipps arbeite. „Die Thematik Instacops ist lange zu stiefmütterlich behandelt und in Kauf genommen worden, sodass Einzelne mit ihrem Social-Media-Verhalten dem Bild der Polizei und auch sich selbst schaden.“
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