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Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) zum Schulstart

© Britta Pedersen/dpa

„Das Fass ist übergelaufen“: Landeselternsprecher klagt Scheeres wegen Corona-Krisenmanagement an

Die Bildungssenatorin soll sich Gesprächen monatelang verweigert haben. Ein breites Bündnis fordert nun eine Milliarde Euro Soforthilfe vom Senat.

Endlich wieder Schule – und dann doch keine mehr: An mindestens acht Berliner Schulen gibt es inzwischen Infektionen oder Covid-19-Erkrankungen. In sieben Fällen mussten sich einzelne Kontaktlehrkräfte und Lerngruppen in Quarantäne begeben.

Hingegen fiel am Köpenicker Gerhart-Hauptmann-Gymnasium am Donnerstag der gesamte Unterricht aus, nachdem am Mittwoch eine Lehrkraft positiv auf das Coronavirus getestet worden war. Auch am Freitag bleibt die Schule geschlossen. Dies bestätigte die Senatsbildungsverwaltung auf Anfrage. Laut Behördensprecher Martin Klesmann habe es aber bei keinem der Einzelfälle eine Infektion in der Schule gegeben.

Während das Gerhart-Hauptmann-Gymnasium am Donnerstag auf die Testergebnisse wartete, formierte sich in der Zentrale der Bildungsgewerkschaft GEW ein neues Bündnis für einen „Corona-Bildungspakt“. Die GEW hatte zusammen mit dem Landeselternausschuss zu dem Treffen geladen, an dem auch Vertreter der Berliner Schüler, Lehrkräfte, Erzieherinnen, Schulleitungen sowie des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes und des Gesamtpersonalrates teilnahmen.

In einer Mitteilung, die am Nachmittag verschickt wurde, rief das neue Bündnis den Senat auf, „ die Schulen in ihrem Umgang mit der Corona-Krise nicht länger allein zu lassen“. Es brauche „Corona-Soforthilfen für eine bessere Ausstattung – ohne werden wir die Schulen nicht unbeschadet durch diese Krise steuern können“, erklärte das Bündnis.

Scheeres soll Gesprächsangebote über Monate ausgeschlagen haben

Eine Milliarde Euro werde gebraucht, für mehr Personal, Räume und digitale Infrastruktur, forderte die GEW-Vorsitzende Doreen Siebernik. Zudem ließen die GEW und der Landeselternausschuss mit dem Vorsitzenden Norman Heise die Öffentlichkeit wissen, dass sie zu dem Gespräch über einen „Corona-Bildungspakt“ eingeladen hätten, nachdem die Bildungssenatorin Gesprächsangebote „über Monate ausgeschlagen“ habe.

Dem Tagesspiegel sagte er: „Das Fass ist übergelaufen. Heute war es soweit“. Es reiche nicht, wenn Scheeres auf den jüngst eingerichteten Hygienebeirat verweise, da es sich dabei um ein „gesundheitsfachliches Gremium“ handele. Es gehe jetzt um „ernsthafte Partizipation“.

Positive Testungen bei mehreren Schulkindern

Bei Berlins Schülern und Eltern ist die Besorgnis groß. An Schulen in Bezirken wie Steglitz-Zehlendorf, Charlottenburg-Wilmersdorf und Reinickendorf ist je ein Kind positiv auf Sars-CoV-2 getestet worden. In Neukölln waren elf Beschäftigte einer Schule in Quarantäne geschickt worden, die noch vor Schulstart Kontakt zu einem Infizierten hatten, der vorübergehend dort war.

Am Hauptmann-Gymnasium werde es am Freitag „schulisch angeleitetes Lernen zu Hause geben, weil einige Lehrkräfte auf Testergebnisse warten“, begründete Behördensprecher Klesmann die Entscheidung, die Schule noch nicht zu öffnen. In den übrigen Schulen seien nur die Kontaktpersonen der positiv getesteten Schüler – zum Beispiel Klassenkameraden – in Quarantäne geschickt worden.

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Der Schulleiter des Hauptmann-Gymnasiums sagte, es handele sich nur um eine „zeitlich eng befristete Vorsichtsmaßnahme“. Da die Lehrkraft nur mit wenigen Schülern und Kollegen Kontakt gehabt und die Hygieneregeln eingehalten habe, sei eine Ansteckung unwahrscheinlich.

Die Schüler hatten überwiegend frei – aber nicht alle: „Mein Klassenlehrer ist im Digitalen ziemlich fit“, berichtet eine Zehntklässlerin. Daher habe er Mathe per Videokonferenz angesetzt – getrennt nach Jungen und Mädchen, um die Gruppengröße im Chat zu verkleinern.

Am Evangelischen Gymnasium zum Grauen Kloster in Schmargendorf ist eine Schülerin infiziert, dies wurde am Dienstagabend bekannt, berichtet die Schulleiterin Annette Martinez Moreno in einer Mail. „Die Schülerinnen und Schüler der betroffenen Klasse bleiben bis auf weiteres zu Hause“.

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Sie und die Lehrer wurden am Donnerstag nach Schulende vom Gesundheitsamt getestet. Lehrer durften Donnerstag wieder unterrichten. „Das Gesundheitsamt stuft sie als Kontaktpersonen der Kategorie II ein. Wir tragen als Schule seit Beginn des Schuljahres auch im Unterricht Masken, auch im Lehrerzimmer“, dies sei der Grund für die Kategorisierung, vermutet Moreno. „Wir sind froh, dass die Schule nicht geschlossen wurde. Das wäre so kurz nach Schuljahresbeginn eine herbe Enttäuschung für uns alle gewesen“.

Scharfe Kritik am Management der Senatsbildungsverwaltung vom Bezirkselternausschuss

Scharfe Kritik am Management der Senatsbildungsverwaltung kommt vom Bezirkselternausschuss (BEA) des schülerreichsten Bezirks Pankow. Die BEA-Vorsitzende Juliane Bartel kritisiert, dass „die Regelungen zum Tragen von Masken bei Nichteinhaltung nicht von den Schulen durchgesetzt werden können.

„Absurd“ findet die stellvertretende BEA-Vorsitzende Carola Ehrlich-Cypra, dass mehrere Pankower Schulen den neuen Musterhygieneplan nicht von der Bildungsverwaltung erhielten, sondern „über den Landeselternausschuss und die Presse“. Es könne nicht sein, dass, wenn Mitarbeiter der bezirklichen Schulaufsichten krank seien oder die Meldung nach Feierabend käme, diese erst am nächsten Morgen weitergeleitet werden könne.

„Wenn die Behörde Regelbetrieb für die Schulen beschließt, soll sie bitte auch selbst in Regelbetrieb arbeiten und für die Schulen und ihre Beschäftigten ansprechbar sein“, lautete denn auch eine Forderung, die Ronald Rahmig für die Vereinigung der Berufsschulleiter in der Erklärung des Bündnisses erhob.

Die gemeinsame Erklärung des Bündnisses kann man HIER herunterladen.

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