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„Konzern macht Millionengewinne“: Pfleger des Sana-Klinikums Lichtenberg streiken für mehr Lohn
Die Beschäftigten beklagen Reallohnverluste und verweisen auf andere Krankenhäuser in Berlin: Dort verdient man als Pflege- und Gesundheitskraft deutlich besser.
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Pfleger:innen, Therapeut:innen und Hauswirtschaftskräfte des Sana-Klinikums in Berlin-Lichtenberg legen am 10. und 11. Juni die Arbeit nieder. Die Belegschaft beklagt die Preissteigerungen der kürzlichen Zeit und verweist auf die deutlich besseren Gehälter an anderen Häusern der Hauptstadt: An der Charité, bei Vivantes und am Jüdischen Krankenhaus wird nach TVöD (Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes) gezahlt.
„Wir machen die gleiche Arbeit wie die Kolleginnen und Kollegen“, sagt die Intensivkrankenschwester Sophia Köbele. Sie ist Mitglied der Streikleitung. „In den unteren Gehaltsgruppen beträgt der Lohnabstand zum TVöD bis zu 18 Prozent.“
Die Gewerkschaft Verdi fordert zwölf Prozent mehr Lohn, mindestens aber 400 Euro mehr im Monat. Die Ausbildungsgehälter sollen um 200 Euro steigen, die Zulagen ebenfalls um zwölf Prozent.
Lohnerhöhungen gleichen Teuerung nicht aus
Es ist der zweite Warnstreik in der laufenden Tarifrunde. Verdi und der private Krankenhauskonzern verhandeln über einen neuen Tarif für bundesweit rund ein Dutzend Sana-Kliniken. Die als Aktiengesellschaft betriebenen Sana-Kliniken besitzen mehr als 50 Krankenhäuser sowie Reha-Einrichtungen und Altenheime.
Im Mai legte der Konzern dieses Gegenangebot vor: 150 Euro mehr ab Mai 2025, dann eine weitere Erhöhung um vier Prozent ab Oktober 2025. Außerdem bietet der Arbeitgeber eine Inflationsprämie von 2000 Euro im Jahr 2024, ein „umfangreiches Zulagenpaket“ sowie eine Berufsunfähigkeits- und Pflegeversicherung an.
Pflegerin Köbele findet das Angebot unfair. „Sana hat in den vergangenen Jahren Millionengewinne gemacht.“ 2021, dem letzten öffentlichen Geschäftsbericht, hatte der Konzern einen Jahresüberschuss von 67,1 Millionen Euro erzielt. Ihre Botschaft ist: Wer Profite erwirtschaftet, kann auch ordentliche Löhne zahlen.
Ihr zufolge wandern sie und die Kolleg:innen nur deswegen nicht zur Konkurrenz ab, weil sie sich dem Bezirk und dem Krankenhaus verbunden fühlen. „Die Verbindung zwischen den Patienten im Einzugsgebiet und der Belegschaft ist sehr eng.“
Notdienst laut Kliniksprecherin gewährleistet
Eine Sprecherin der Klinikleitung erklärt, dass das Problem der Abwanderung für das Klinikum kein Problem darstelle. Teilweise kehrten Arbeitskräfte von Vivantes und der Charité auch zurück, „die mit der Umsetzung der dortigen Personalangebote unzufrieden sind. Unserer Mitarbeitenden sind eher an einer langfristigen Beschäftigung an unserem Standort interessiert und wechseln bei Bedarf eher intern auf eine andere Stelle.“
Eine Notdienstvereinbarung haben Verdi und die Klinikleitung bisher nicht ausgehandelt. Diese regelt, welche Arbeiten auch bei einem Streik zu verrichten sind. Mit ihr kann eine Klinik zudem frühzeitig Stationen schließen, um die Patient:innen nicht zu gefährden. Im Gegensatz zu anderen Branchen blockieren Pflegekräfte nie ganz den Betrieb. Die Notversorgung werde während des Streiks gewährleistet sein, versichert die Sprecherin. „Menschen, die akut schwer erkrankt sind, können wie gewohnt weiterhin in die Klinik kommen.“
Ende Dezember hatte die Belegschaft die Leitung bereits zu Verhandlungen über einen Entlastungstarifvertrag aufgefordert. Ein solcher Tarifvertrag regelt nicht das Einkommen, sondern wie viele Arbeitskräfte der Arbeitgeber pro Schicht und pro Patient:in auf einer Station einsetzen darf. Laut Verdi-Gewerkschafter Max Manzey wird diese Tarifbewegung während der aktuellen Lohnrunde ruhen. Sollte sich die Geschäftsführung bis zum Herbst nicht zu Verhandlungen bereit erklären, wolle Verdi erneut Druck machen, notfalls mit Streiks.
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