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Nach „Einigung“ im Zollstreit mit den USA : Berliner Grüne fordert „weniger Kaffeerunden“ vom Berliner Senat
Berlins Landesregierung habe keinen geeigneten Plan, um die Folgen steigender Zölle der USA für lokale Unternehmen abzufedern, behauptet die Grüne Opposition. Das sieht man im Haus der Wirtschaftssenatorin naturgemäß anders.
Stand:
Die Details der Grundsatzeinigung im Zollstreit zwischen der EU und den USA sind noch lange nicht geklärt. Aber schon jetzt wächst diesseits des Atlantiks der Frust, speziell beim Export-Europameister Deutschland und hier besonders in Berlin, wo man besonders abhängig ist vom Handel mit den Staaten. Allen ist klar: Der Export wird in jedem Fall teurer.
Tuba Bozkurt, industriepolitische Sprecherin der Grünen im Abgeordnetenhaus, kritisiert den Deal, den US-Präsident Donald Trump und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen nach einem Treffen in Schottland am Sonntag skizziert hatten.

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„Die Verabredungen werden nicht nur Deutschland, sondern gerade Berlin besonders hart treffen“, schrieb die Bozkurt dem Tagesspiegel. Kein anderes Bundesland exportiere jährlich mehr Güter in die USA, das Volumen betrug zuletzt 1,59 Milliarden Euro im Jahr. Zurück kämen Importe für „nur“ rund eine Milliarde Euro. „Für Berlin ist die Rechnung bitter“, meint Bozkurt.
Bei den Unternehmensverbänden Berlin-Brandenburg (UVB) teilt man die Sorgen. Mit dem nun vereinbarten Basiszoll von 15 Prozent erhöhten sich die bisherigen Exportkosten um das Zehnfache, schrieb UVB-Geschäftsführer Sven Weickert diese Woche in einer Stellungnahme. „Daher müssen die Unternehmen jetzt noch effizienter produzieren, um diese Kosten zu kompensieren“, lautet seine Lehre daraus.

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Nicht nur die Höhe der Zölle sei ein Problem, auch die mit Trump offenbar vereinbarten Importe von Öl und Gas aus den USA, sagt Bozkurt. Diese würden insbesondere Berlins „grünen“ Clean-Tech-Industrie treffen. Diese Unternehmen beschäftigen sich ja mit klimafreundlicheren Alternativen zu fossilen Rohstoffen. Deren Geschäftsmodelle sind in Gefahr, sofern Öl und Gas zu billig verfügbar sind.
Bozkurt sieht Senatorin Giffey in der Pflicht
Als Wirtschaftspolitikerin wolle sie wissen, was die im April 2025 von Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) eingesetzte „Taskforce USA“ gerade mache, schreibt Bozkurt weiter. „Welche Ideen, Maßnahmen oder Handlungsempfehlungen habe diese Runde vorgelegt, wie wird eine größere Krise für Berlin abgewendet?“
Die Sorge in der Berliner Industrie sei groß, meint die Oppositionspolitikerin. „Berlin scheint blindlings in die Krise hineinzuschlittern – und beim Senat hört man die Grillen zirpen.“ Die sich abzeichnenden neuerlichen Kürzungen im Wirtschaftshaushaltsplan würden außerdem die Handlungs- und Planlosigkeit dieses Senats untermauern.
Um den Wandel hin zu einer grünen und gestärkten Industrielandschaft zu meistern, brauchen wir weniger Kaffeerunden.
Tuba Bozkurt, industriepolitische Sprecherin der Grünen im Abgeordnetenhaus
„Um den Wandel hin zu einer grünen und gestärkten Industrielandschaft zu meistern, brauchen wir weniger Kaffeerunden, mehr sinnvolle Förderung und öffentliche Impulse, die eine Stabilität für den Weg der Transformation sicherstellen“
Das bisher letzte Treffen der „Taskforce USA“ war im Juni
Wirtschaftssenatorin Giffey hatte im Juni eine „Taskforce USA“ einberufen, angesichts von Trumps erstmals konkreter formulierten Zoll-Drohungen an die EU. Am 26. Juni trafen sich in diesem Rahmen Vertreter von Kammern, Verbänden und Unternehmen und Gewerkschaften, darunter von der Industrie- und Handelskammer, den Unternehmensverbänden, und dem Verband der Medizintechnologie.

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Eine konkrete Tagesordnung dieses Termins legt Giffeys Verwaltung auf Nachfrage nicht vor, mit der Begründung, es gehe teils um vertraulich getätigte Aussagen von Unternehmen, teilt ihr Sprecher mit. Man habe eine Einordnung der Lage gegeben, auch unter Einbezug der Expertise des vom Land Berlin betriebenen New Yorker Büros (Berlin Business Office). Man habe zudem Erfahrungen aus Unternehmen, Verbänden und aus einer Umfrage von Berlin Partner unter Bestandsunternehmen in Berlin diskutiert, erinnert er sich.
Ziel dieser Beratungen sei es, Berlins spezifische Bedarfe oder Problemlagen frühzeitig zu erkennen, um gemeinsam Lösungswege zu finden. Das umfasse zum Beispiel das Eintreten für Berliner Handelsinteressen gegenüber Bund und EU im Zollstreit mit den USA oder auch die Entwicklung ganz konkreter Maßnahmen, die der Diversifizierung der Handelsbeziehungen dienten.
Ein konkretes Ergebnis sei das von Giffey vorgestellte Internationalisierungskonzept für die Berliner Wirtschaft mit einer Reihe von Maßnahmen, die Berlins Unternehmen bei der Erschließung neuer Märkte unterstützen sollen. Dafür sei auch eine Erhöhung der Budgetansätze im Doppelhaushalt 26/27 vorgenommen worden, um entsprechende Fördermaßnahmen der Wirtschaftsverwaltung zu finanzieren. Die nächste Sitzung der „Taskforce USA“ sei für den Herbst vorgesehen.
„Auf der positiven Seite kann man sagen, dass die Vereinbarung zwischen der EU und den USA endlich für Klarheit sorgt. Aber es bleibt der Unsicherheitsfaktor Trump und natürlich sind im Ergebnis die Zollerhöhungen auch für Berlin nicht gut“, sagt Giffeys Sprecher Matthias Kuder. Man unterstütze Unternehmen gezielt bei der Diversifizierung ihrer Absatzmärkte und setze darauf, die Beziehungen in den USA jenseits des Weißen Hauses zu stärken, fasst er die Strategie der Wirtschaftsverwaltung zusammen.
Ob es das ist, was Oppositionspolitikerin Bozkurt einfordert, steht auf einem anderen Blatt.
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