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25 Euro pro Quadratmeter kosten die Mieten im Neubaugebiet Friedenauer Höhe durchschnittlich.

© imago/Schöning

„Neubau ist für Menschen, die nach Berlin zuziehen“: Grünes Quartier, Friedenau, 25 Euro pro Quadratmeter

Berlins Bauwirtschaft will wieder mehr bauen. Vor allem kompakte Wohnungen und solche für Zugezogene. Die zahlen auch Mieten von 25 Euro pro Quadratmeter – und im Extremfall 35.

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In Berlins Bauwirtschaft deutet sich ein Stimmungswechsel in der Krise an: Sind 2024 mit 15.362 weniger Wohnungen als im Vorjahr fertiggestellt worden, äußern nun mehrere Unternehmen, mehr Bauprojekte in Berlin angehen zu wollen.

So plant etwa der Immobilienentwickler Instone Real Estate wieder Flächen in Berlin für 500 Wohnungen pro Jahr zu kaufen. „Wir waren lange zurückhaltend, nun planen wir mit mehr Optimismus“, sagt Saidah Bojens, Leiterin der Berliner Niederlassung. Vier bis fünf Projekte pro Jahr will Clemens Paschke, Geschäftsführer von WvM Berlin Immobilien in der Hauptstadt angehen. Der Projektentwickler setzt aktuell unter anderem mit dem Zwieseler Hof 321 Wohnungen in Lichtenberg um.

Trotz noch immer zu vieler Vorgaben und langer Genehmigungszeiten: Das Berliner Schneller-Bauen-Gesetz habe einen Einstellungswechsel in den Verwaltungen bewirkt, sagt Simon Kempf, Geschäftsführer von Periskop Development, und verantwortlich für das Projekt Urbane Mitte am Gleisdreieck.

Im Extremfall mieten Berliner:innen für 35 Euro pro Quadratmeter

Berlin brauche die privaten Investoren, um die mindestens 20.000 notwendigen neuen Wohnungen pro Jahr zu erreichen, sagt Andreas Tied, der bei der Berliner Investitionsbank (IBB) den Bereich Immobilien leitet, „und die müssen Projekte mit entsprechender Wirtschaftlichkeit umsetzen.“ In guten Lagen bedeute das im Neubau 25 Euro Durchschnittsmiete pro Quadratmeter, so Tied. Die sind auch im Schnitt im neuen Quartier Friedenauer Höhe von Instone Real Estate außerhalb des geförderten Wohnraums fällig. In Extremfällen, bei sehr guter Lage und Ausstattung, zahlten Berliner Mieter:innen auch 35 Euro, so Tied.

Im Durchschnitt lag der Quadratmeterpreis bei Angebotsmieten im Neubau zuletzt bei 20,50 Euro pro Quadratmeter, im Bestand sind es nach Daten der IBB 14,35 Euro. Der Preis ist aber stark von der Lage abhängig: In Mitte lag 2024 die Hälfte aller Angebote bei mehr als 20 Euro pro Quadratmeter.

Lange bleiben die meisten nicht in den kleinen, hochpreisigen Wohnungen

In die wenigen neu fertiggestellten, zentral gelegenen Wohnungen würden insbesondere Gutverdiener einziehen, die neu nach Berlin kommen, so Tied. Im Quartier Friedenauer Höhe seien es außerhalb des sozialen Wohnungsbaus vor allem kleine Haushalte mit Studierenden und Menschen, die im Zentrum arbeiteten. Langfristig blieben die meisten nicht in den Wohnungen, sagt Sascha Nöske aus dem Vorstand der Strategis AG, die ein Projekt im Quartier verantwortet.

Nöske bestätigt, dass Neubauten eher Menschen mieten, die nach Berlin zuziehen. Eine Mietbelastung von 40 Prozent und mehr ist laut Nöske im Friedenauer Quartier normal. Das liegt deutlich über der oft als kritisch angegebenen Grenze von 30 Prozent des Nettoeinkommens. Kein Wunder, seien doch 7500 Euro Nettoeinkommen nötig, wolle sich ein Haushalt eine 80 Quadratmeter-Wohnung bei solchen Preisen leisten und die kritische Grenze nicht überschreiten, rechnet Tied.

Die „Todeszone“: Wohnungen über 750.000 Euro

„Die aktuellen Grundstückspreise erlauben Projektentwicklern keine günstigen Einstiege, die langen Planungsverfahren auch nicht, die Zinsen sind nur wenig besser geworden“, sagt Nöske. Die Kosten werden auf Mieter:innen und Käufer:innen umgelegt.

Eigentumswohnungen hatten Unternehmen zuletzt nur zäh verkaufen können – auch, weil Bauprojekte vor einigen Jahren zu groß geplant worden seien für die dann explodierten Finanzierungskosten, sagt Clemens Paschke. Wer sich damals eine Wohnung für 750.000 Euro leisten konnte, könne heute nur noch für 500.000 Euro kaufen – die Einkommen hätten nicht mit Zins und Tilgung mitgezogen. Mindestens 30 Prozent Eigenkapital seien für eine Finanzierung aber nötig, schätzt Nöske.

Wohnungen für 750.000 bis 1,2 Millionen Euro gelten im Verkauf daher als „Todeszone“: „Das kann sich keiner mehr leisten“, sagt Paschke. Bei WvM Berlin Immobilien habe man Projekte umgeplant, hin zu kompakteren Wohnungen. Im Schnitt lagen die Angebotskaufpreise im Neubau von Eigentumswohnungen im vergangenen Jahr in Berlin bei 7700 Euro pro Quadratmeter – 2015 waren es noch etwa 4000 Euro, wie Daten der IBB zeigen.

Trotz verhaltenem Optimismus: Noch immer zehrt Berlins Wohnungsmarkt von Baugenehmigungen aus den Vorjahren, die Genehmigungszahl ist zuletzt gesunken, warnt Andreas Tied. Die hiesige Bauwirtschaft drängt auf weitere Beschleunigung.

Laut Daten der IBB dauerte es zuletzt im Schnitt 32 Monate, bis ein Projekt abgewickelt war, 2008 waren es noch 15 Monate. Im Fall der Friedenauer Höhe habe es erste politische Überlegungen bereits 2007 gegeben – die Baugenehmigung erfolgte 2019. Im kommenden Jahr werden die letzten Wohnungen fertig, mit dem Bau sei man vor dem Zeitplan. „Es braucht in Berlin also 20 Jahre, um 1100 Wohnungen zu bauen“, kritisiert Saidah Bojens.

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