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Vorwürfe des früheren Arbeitgebers: Berlins Messe-Chef Mario Tobias in Bedrängnis?
Ärger um Mario Tobias, den Geschäftsführer der landeseigenen Messe Berlin: Seine frühere Arbeitgeberin, die IHK Potsdam, wirft ihm Fehlverhalten bei der Ausgestaltung seiner Vergütung vor.
Stand:
Der Berliner Messe-Geschäftsführer Mario Tobias muss sich mit Vorwürfen seiner ehemaligen Arbeitgeberin auseinandersetzen, der IHK Potsdam. Die Kammer wirft ihm vor, die Verlängerung seines Arbeitsvertrages als Hauptgeschäftsführer der IHK nicht satzungsgemäß dem Präsidium der Kammer vorgelegt zu haben.
In diesem Arbeitsvertrag wurden, so berichte es der RBB, 2018 ungewöhnlich hohe Gehaltszahlungen und Altersbezüge vereinbart. Der Rechnungshof des Landes habe diese Gehaltsvereinbarungen 2022 in einem Prüfbericht als kritisch angesehen. Nach Angaben der heutigen Präsidentin der IHK, Ina Hänsel, habe Tobias ihr diesen Prüfbericht zwei Monate lang vorenthalten.
Auf Anfrage erklärte die IHK Potsdam, es gebe Schadensersatzansprüche gegen Tobias in sechsstelliger Höhe – das habe ein Rechtsgutachten ergeben. Laut RBB geht es um 250.000 Euro.
Laut Prüfbericht des Landesrechnungshofs, der dem Tagesspiegel in Auszügen vorliegt, hätten sich die Versorgungsleistungen der IHK auf 2,7 Millionen Euro summiert, wäre Tobias bis zum Renteneintritt bei der IHK beschäftigt geblieben. „Der Landesrechnungshof sieht das arbeitgeberfinanzierte Versorgungsniveau (…) als kritisch an.“
Die IHK Potsdam schaltete auch die Rechnungsprüfungsstelle des Dachverbandes der Industrie- und Handelskammern (DIHK) ein. Die erklärte nach Prüfung der Vorgänge, es liege ein „Verstoß gegen die Satzung“ vor. Es sei nicht „völlig ausgeschlossen“, dass sich daraus „Schadensersatzansprüche gegen die handelnden Personen“ ableiten ließen.
Tobias bewarb sich um einen neuen Job
Im April 2023 habe die IHK den Arbeitsvertrag mit Tobias aufgehoben, drei Monate zuvor soll sich dieser schon als neuer Messe-Geschäftsführer beworben haben. Unklar ist derzeit, ob der Aufsichtsrat der Messe Berlin, der über die Personalie zu entscheiden hatte, vom Prüfbericht des Landesrechnungshofs Brandenburg und den Vorwürfen gegen Tobias wusste.
Bekannt ist, dass Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) und Aufsichtsratschef Eric Schweitzer, Miteigentümer des Recyclingkonzers Alba und ehemaliger Berliner IHK-Präsident, Tobias im Mai 2023 als neuen Messechef präsentierten und von einer Idealbesetzung sprachen. Damals gab es heftige Kritik vom Koalitionspartner CDU. Der CDU-Abgeordnete Michael Dietmann sprach von „Mauschelei 2.0“.

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Die IHK Potsdam informierte die Staatsanwaltschaft Potsdam mehrfach über die Vorgänge, es wurden jedoch keine Ermittlungen aufgenommen. Eine Beschwerde der IHK dagegen wurde vom Generalstaatsanwalt des Landes zurückgewiesen.
Am 26. September dieses Jahres schließlich stellte die IHK-Strafanzeige gegen Tobias wegen Untreue und Betrugs. Auch nach dieser Anzeige entschied die Staatsanwaltschaft diesen Freitag, „mangels Anfangsverdachts“ von Ermittlungen abzusehen.

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Weder die Messe noch Tobias selbst äußern sich zu den Vorwürfen. Eine beauftragte Anwaltskanzlei versucht im Hinblick auf die Beurteilung der Staatsanwaltschaft, sämtliche Berichterstattung zu verbieten und teilt pauschal mit, dass die berichteten Vorwürfe jeglicher Tatsachengrundlage entbehren.
Aufgeschreckt von ersten Medienberichten dieser Woche haben Mitglieder des Abgeordnetenhauses Gesprächsbedarf angemeldet. Tobias lud kurzfristig am Freitag zu einer Videokonferenz ein, um erste Fragen zu beantworten.
Was wusste die Messe über die Vorwürfe?
Unterstellt man, dass die Vorwürfe der IHK Potsdam gegen Tobias wahr sind, bleibt die Frage, inwieweit der Aufsichtsrat der Messe seinerzeit über den kritschen Rechnungshofbericht und mögliche Verstöße gegen die Satzung der Kammer informiert war.
Stephan Schwarz (parteilos) und Inhaber des großen Facility-Management-Unternehmens GRG, saß seinerzeit als parteiloser Wirtschaftssenator im Aufsichtsrat der Messe, um die Interessen des Landes Berlin zu vertreten. Mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden der Messe, Eric Schweitzer, hat er seit vielen Jahren vertrauensvoll und freundschaftlich zusammengearbeitet. Schweitzer ist Miteigentümer des Alba-Konzerns und war viele Jahre Präsident der Berliner Industrie- und Handelskammer (IHK) und des Dachverbandes DIHK, Schwarz fast zeitgleich Präsident der Berliner Handwerkskammer.

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Der ehemalige Senator Schwarz erinnert sich jetzt, dass man im Aufsichtsrat vor dem Hintergrund der damaligen Compliance-Vorwürfe gegen den entlassenen Messe-Chef Martin Ecknig alles besonders gründlich habe machen wollen. „Wir wollten ein überkorrektes Verfahren. Es wurde eine Headhunterin mit der Kandidatensuche beauftragt. Auch waren die entsprechenden Compliance-Fachleute der Messe eng eingebunden“, sagte Schwarz dem Tagesspiegel am Freitag.
Im Positionsprofil für den künftigen Messe-Chef, den die Berliner Personalagentur Hoffmann & Partner im Auftrag suchen sollte, stand: „Der zukünftige Positionsinhaber (m/w/d) sollte mit seinem breiten internationalen Netzwerk und seiner umfassenden Vertriebserfahrung die Messe Berlin als Full-Service-Dienstleister international positionieren und dazu beitragen, das positive Image der deutschen Hauptstadt in die Welt zu tragen und die vorhandenen Kapazitäten auszulasten“.
Am Ende verdichtete sich das Feld auf wenige Kandidat:innen, darunter mindestens zwei Frauen, wie damals kolportiert worden war. Schwarz erinnert sich, dass eine Favoritin nicht genommen worden sei, mit dem Argument, dass sie keine direkte Erfahrung mit dem Messe-Geschäft habe. Kandidat Tobias, der diese ebenfalls im Lebenslauf nicht nachweisen konnte, habe man eher zugetraut, sich in dieser „konservativen Branche“ zurechtzufinden.
Schwarz bestätigt, dass Eric Schweitzer in seiner Funktion als Aufsichtsratschef das Verfahren „moderiert“ habe, weist aber darauf hin, dass die Entscheidungen in den zuständigen Gremien – Personalausschuss und Aufsichtsrat – getroffen worden seien. Es habe keine Situation gegeben, in der Schweitzer gesagt habe, „dass man Mario Tobias jetzt dringend mit einem Posten versorgen müsse, oder dergleichen“. Das Verfahren sei „mehr als vorschriftsmäßig“ gelaufen.
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