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Wegen schlechter Wirtschaftsprognose in Berlin: Spitzenverband will Frauentag als Feiertag abschaffen
Weil die wirtschaftliche Lage stagniert in der Hauptstadtregion, schlagen die Unternehmensverbände (UVB) unter anderem vor, den internationalen Frauentag als Feiertag wieder zu streichen.
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Es ist Jahresanfang. Das ist für die Vertreter der Unternehmensverbände Berlin und Brandenburg (UVB) – in ihrer Funktion ausschließlich Männer – alljährlich Anlass, Medienvertretern eine Einschätzung zu geben, wie sich die wirtschaftliche Lage in der Region mutmaßlich entwickeln wird. Die Prognose ist schnell in einem Wort zusammengefasst: schleppend. Allerdings werden auch Appelle an die Politik gerichtet, was aus Sicht der Wirtschaft passieren muss, damit es wieder bergauf geht.
In diesem Jahr wagte sich UVB-Hauptgeschäftsführer Alexander Schirp mit einem Vorschlag nach vorn: Man solle darüber nachdenken, ob es in Berlin jeden Feiertag (von denen Berlin im Vergleich zu anderen Bundesländern zwar weniger hat) geben müsse. Zum Beispiel der „Frauentag“. Würde der 8. März, der in Berlin seit 2019 ein gesetzlicher Feiertag ist (und in Mecklenburg-Vorpommern seit 2023) wegfallen, „würden zusätzlich 230 Millionen Euro volkswirtschaftlich erwirtschaftet“, sagte Schirp.
Frauentag war in der DDR bedeutend und wurde zelebriert
Der Internationale Frauentag entstand als Initiative sozialistischer Organisationen in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg. Er wurde im Zuge des Kampfes um die Gleichberechtigung, des Wahlrechts für Frauen sowie der Emanzipation von Arbeiterinnen eingeführt. In der DDR wurde der 8. März als „Tag der Frau“ ein extrem wichtiger Feiertag und wurde regelrecht zelebriert.
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Dass jährlich am 8. März weltweit Frauen für gleiche Rechte und ein selbstbestimmtes Leben demonstrieren, sieht der Verbandschef nicht als Widerspruch an. Er plädierte dafür, den „Frauentag zu flexibilisieren“ und jeweils auf einen Sonntag im März zu legen. Folgt man dieser Argumentation, stört das offenbar weniger die wirtschaftliche Entwicklung.
Arbeitssenatorin Kiziltepe zweifelt an Ernsthaftigkeit des UVB-Vorschlags
Arbeitssenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) äußerte sich kritisch zu Schirps Vorschlägen. „Am 8. März demonstrieren weltweit Frauen für ihre Rechte“, teilte sie mit. „Dieser Tag wurde in Berlin als Feiertag erkämpft und erinnert an den Aufstand der Textilarbeiterinnen in New York 1857.“
Wer diesen wichtigen Kampftag infrage stelle, nehme Frauenrechte nicht ernst genug und ignoriere die zunehmende Gewalt an Frauen, sagte die Senatorin weiter. „Wenn das wirklich ein ernstgemeinter Vorschlag des UVB sein sollte, gibt es hier großen Diskussionsbedarf.“
Auf die Frage, ob es auch andere Feiertage gäbe, die aus Sicht der UVB abgeschafft werden können, antwortete Schirp: „Wir haben auch schon mal über den Pfingstmontag nachgedacht oder über den 3. Oktober“.
Wir können natürlich so weiterwurschteln und Frauentag machen, aber dann muss keiner Krokodilstränen weinen, wenn wir nicht aus der Kurve kommen.
Alexander Schirp, Hauptgeschäftsführer der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg (UVB)
Der „Tag der Deutschen Einheit“ also auch? Er kenne das schon, dass auf diese Vorschläge empörte Reaktionen kommen, erwiderte Schirp. „Wir können natürlich so weiterwurschteln und Frauentag machen, aber dann muss keiner Krokodilstränen weinen, wenn wir nicht aus der Kurve kommen.“
Wachstum in Berlin und Brandenburg leicht über dem Bund
Schließlich stecke die Wirtschaft in Berlin und Brandenburg fest in der Stagnation und werde „nur zögerlich in Schwung“ kommen, prognostiziert Schirp. Die UVB erwarten eine leichte Erholung von lediglich 0,5 bis einem Prozent höheren Bruttoinlandsprodukt. Immerhin werde die Region damit „leicht über dem Bundesdurchschnitt“ liegen.
Vor allem wies der UVB-Chef auf die fehlenden Investitionen von bis zu 50 Milliarden Euro für Berlins Infrastruktur hin. Die Lösung aus Sicht der UVB: Privatisierung. Staat und Private könnten Straßen, Schulen und öffentlichen Nahverkehr „gemeinsam modernisieren“. Ähnlich wie das Land Berlin dies nun mit dem Internationalen Congress Centrum (ICC) vorhat, wo derzeit in einem Bieterverfahren ein Investor gesucht wird.
„Der Staat muss sich mit privaten Investoren verbünden, um handlungsfähig zu bleiben“ schlug Schirp vor. Sonst drohe ein weiterer Verfall der Infrastruktur. Berlin müsse dieses Thema ohne Denkverbote diskutieren. „Nicht neue Schulden machen uns wettbewerbsfähig, sondern stabile Finanzen und ein gemeinsames Vorgehen von Staat und privaten Investoren.“
Privates Kapital für die wirtschaftliche Infrastruktur sei eines der Top-Themen, mit denen sich die UVB in diesem Jahr befassen werden. (mit dpa)
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