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Die Wirschaftskrise ist in den strukturellen Rahmenbedingungen, also zu viel Bürokratie begründet, sagen die Wirtschaftskammern. (Symbolbild)

© dpa/Bodo Schackow

Wirtschaft in der Hauptstadtregion: Berlin und Brandenburg leiden unter längster Schwächephase seit 20 Jahren

Die aktuelle Konjunkturumfrage der Wirtschaftskammern Ostdeutschlands zeigt: Die Wirtschaft in Berlin und Brandenburg stagniert. Hauptgrund seien zu viel Bürokratie, hohe Abgaben und Berichtspflichten.

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Offenbar sind es weder die Folgen der Pandemie noch die Auswirkungen des Ukraine-Krieges, die dazu führen, dass die Wirtschaft in Berlin und Brandenburg nicht richtig vorankommt. Die Hauptstadtregion erlebt die längste konjunkturelle Schwächephase seit 20 Jahren. Laut der aktuellen Konjunkturumfrage der ostdeutschen Industrie- und Handelskammern sind es die „wirtschaftlichen Rahmenbedingungen“, die den Unternehmen zu schaffen machten. Konkret heißt das: Zu viel Bürokratie, eine zu hohe Berichtspflicht, was Nachhaltigkeitskriterien angeht und zu hohen Abgaben.

Für die gemeinsame, repräsentative Umfrage haben die Industrie- und Handelskammern Berlins und Brandenburgs (Cottbus, Ostbrandenburg, Potsdam) 3000 Mitgliedsunternehmen im Januar dieses Jahres befragt.

Manja Schreiner ist seit Januar die Geschäftsführerin der IHK Berlin.

© Jens Ahner/IHK Berlin

Der Konjunkturklima-Index – er berechnet sich aus der aktuellen Geschäftslage und den Geschäftserwartungen der Unternehmen – liegt demnach mit 101 Punkten nur einen Punkt „über der Stagnationsschwelle und verharrt weiter am Rande des Abschwungs“, hieß es am Mittwoch der Präsentation der Konjunkturumfrage im Ludwig Erhard Haus in Charlottenburg.

Das klingt nicht gut. War es in den vergangenen Jahren noch der Fachkräftemangel, sind es nun die „wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen“, welche die Unternehmen als Hauptgrund dafür angeben, dass sie nicht wachsen. 60 Prozent der Berliner und 71 Prozent der Brandenburger Unternehmen gaben die aus ihrer Sicht problematischen Rahmenbedingungen als größte Geschäftsrisiken an. Danach erst folgten erst hohe Arbeitskosten, der Fachkräftemangel sowie der Inlandsabsatz und Energie- und Rohstoffpreise als Risiken.

© Quelle: IHK-Konjunkturbericht | Grafik: Tsp/Bartel

Schwäche der Industrie macht sich bemerkbar

In beiden Bundesländern mache sich mittlerweile ebenfalls die deutschlandweite Schwäche der Industrie bemerkbar. Im Vergleich zum Herbst 2024 steigen die Werte laut Umfrage für Brandenburg zwar leicht, allerdings nur von null auf zwei Punkte, in Berlin fallen sie dagegen von 29 auf 15 Punkte.

Auch im Baugewerbe bleibt die Lage angespannt. Der Handel und das Gastgewerbe leiden laut der Kammern in beiden Bundesländern vor allem unter der „Konsum-Zurückhaltung“ der Verbraucherinnen und Verbraucher. Es wird einfach weniger angeschafft.

Die einzige Branche, wo es bergauf geht, ist derweil das Dienstleistungsgewerbe. Es sei erneut der „konjunkturelle Anker in der Region“, hieß es. Hier sind es vor allem die Unternehmen, die „B2B“ arbeiten, also Produkte oder Services für andere Unternehmen anbieten und nicht für Endverbraucher. Sie wollen am meisten investieren. Allerdings entweder, indem sie Ersatz für ausgediente Maschinen oder Ähnliches beschaffen, oder Abläufe automatisieren.

Auflagen und Berichtspflichten, langsame Genehmigungsverfahren und zu wenige digitalisierte Prozesse in den Verwaltungen hemmen die derzeitige Wirtschaftslage.

Manja Schreiner, Geschäftsführerin der IHK Berlin

Große Hoffnung, dass sich die gesamte Lage bessert, hätten die Unternehmen nicht. Seit mittlerweile neun Umfragen in Folge seien die Erwartungen schlecht.

Appell an die nächst Bundesregierung

„Auflagen und Berichtspflichten, langsame Genehmigungsverfahren und zu wenige digitalisierte Prozesse in den Verwaltungen hemmen die derzeitige Wirtschaftslage“, fasst Manja Schreiner, Geschäftsführerin der IHK-Berlin, die Lage zusammen. Dazu kämen die hohen Energiekosten und eine überholungsbedürftige Infrastruktur. „Mit Blick auf die bevorstehende Bundestagswahl und die nächste Bundesregierung ist die wesentliche Forderung der Berliner Wirtschaft deshalb, bürokratische Hürden nicht nur einfach abzubauen, sondern mit Schwung einzureißen.“

Ihr Kollege, André Fritsche von der IHK Cottbus: „In Brandenburg erwarten 34 Prozent der Unternehmen deutlich schlechtere Geschäfte, in Berlin liegt der Anteil bei 22 Prozent. Ein nachhaltiger Aufschwung ist in beiden Wirtschaftsregionen nicht in Sicht.“

Knapp 60 Prozent der Berliner und Brandenburger Unternehmen fordern mehr Investitionen in den öffentlichen Nahverkehr, in den Schienenverkehr (54 Prozent) und in Bundesstraßen (40 Prozent). „Eine moderne Infrastruktur entscheidet über Wettbewerbsfähigkeit. Verlässliche Verkehrswege sichern Fachkräfte, stabilisieren Lieferketten und stärken den Standort“, sagte Monique Zweig, Hauptgeschäftsführerin der IHK Ostbrandenburg.

© Quelle: IHK-Konjunkturbericht | Grafik: Tsp/Bartel

Die hohen Preise, die gestiegenen Zinsen und die oft genannten wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen führten dazu, dass fast 40 Prozent der Unternehmen in der Gesamtregion gar nicht investierten – vor der Pandemie waren es nur ein Viertel. Christian Herzog, Hauptgeschäftsführer der IHK Potsdam, sagte: „Das ist nachvollziehbar, denn ohne verlässliche Rahmenbedingungen setzen Unternehmen kein Kapital ein, um Standorte auszubauen, Innovationen voranzutreiben oder Arbeits- und Ausbildungsplätze zu schaffen.“

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