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Versteckt sein Gesicht gerne hinter den Haaren: Royel-Otis-Gitarrist Otis Pavlovic

© IMAGO/ZUMA Press Wire

Das Indierock-Duo Royel Otis in Berlin: Heißestes Konzert, mörderischster Dancefloor

Die australische Band Royel Otis stellte im Urban Spree in Friedrichshain ihr Debütalbum vor. Sie demonstrierte, wie gut Indierock auch im Jahr 2024 noch klingen kann.

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Als zu Beginn des Jahres der „Eat the rich“-Thriller „Saltburn“ veröffentlicht wurde, ging das Internet wild. Vor allem die Schlussszene, in der der Protagonist Oliver nackt zu Sophie Ellis Bextors Song „Murder on the dancefloor“ durch das Anwesen tanzt, das er sich ermordet hat, wurde zu unzähligen Memes verarbeitet.

In genau diese Zeit fiel der Auftritt des australischen Duos Royel Otis bei der Show „Like a Version“, in der Künstler einen Coversong ihrer Wahl (und in ihrer eigenen Version) spielen. Royel Otis wählten klug. Sie spielten ebenjenen Hit der Nuller Jahre, der durch „Saltburn“ gerade an der Spitze sämtlicher Streaming-Charts stand – und landeten damit selbst einen viralen Hit.

Das Cover von „Murder on the Dancefloor“ spielen Royel Otis auch bei ihrem ersten Berlin-Konzert am Mittwochabend im Urban Spree in Friedrichshain, wobei der Song definitiv nicht dazu dienen muss, das Publikum warmzumachen – in dem kleinen, bis zum Rand vollen Konzertraum herrschen Sauna-Temperaturen. Auf der Bühne aufgestellte Ventilatoren verschaffen zumindest der Band ein bisschen Abkühlung, blasen Gitarrist Royel Madell aber auch die Haare nach hinten. „Das ist das Gegenteil von dem, was ich eigentlich will“, sagt Madell, der sein Gesicht für gewöhnlich hinter der Kurt-Cobain-Frisur versteckt.

Das Konzert, von der Plattenhändler-Kette Rough Trade organisiert, findet anlässlich der Veröffentlichung des Debütalbums auf CD und LP statt – digital ist „Pratts & Pain“ bereits im Februar erschienen. Nostalgie gibt es dabei nicht nur bei den Tonträgern: Das Album versetzt einen direkt in die Zeit der großen Indie-Disco-Hits der 2000er Jahre zurück, in die Zeit von MGMT oder The Strokes. Aber auch Reminiszenzen an The Cure, Joy Division, Shoegaze und Psychedelic-Rock sind nicht zu überhören.

Die Platte ist in London entstanden, wo Royel Otis mit dem britischen Produzenten Dan Carey (Fountaines DC, Foals) im Studio waren – und auch oft in dessen Stamm-Pub Pratts and Payne. Der Albumtitel soll eine Homage an dieses Pub sein. Dass das Payne mit Pain – also Schmerz – ersetzt wurde, zeigt den feinen Humor, den Royel Otis in ihre Musik einbringen. Gerade wenn es weh tut, merkt man, sollte man sich selbst nicht zu ernst nehmen.

Jeglicher Schmerz lässt sich am Mittwochabend aber ohnehin wegtanzen. Das Duo Royel Madell und Otis Pavlovic (aus deren Vornamen sich der Bandname zusammensetzt) wird von einem Schlagzeuger und einer Keyboarderin unterstützt; spätestens, als die Band einen ihrer ersten eigenen Hits „Fried Rice“ spielt, tanzt und singt der ganze Raum.

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Obwohl Royel Otis mit ihrem Grunge-Look auch ganz gut in die kleine Underground-Location passen, merkt man bei diesem Konzert, dass ihnen Großes bevorsteht. Songs wie „Going Kokomo“, „Sofa King“ oder das Cranberrys-Cover „Linger“, bei dem Sänger Otis Pavlovics Stimme so schön hell und brüchig klingt, dass man trotz der Hitze Gänsehaut bekommt, könnten ohne Probleme eine große Festivalbühne, wahrscheinlich sogar Headliner-Show tragen.

Im November spielen Royel Otis, als Teil einer Welttournee, im deutlich größeren Metropol in Schöneberg. Dieses zu füllen sollte für die Australier kein Problem sein – spätestens seit dem Bextor-Cover sind sie aus keiner Indie-Playlist mehr wegzudenken und haben das Potenzial, eine der großen Bands dieses Jahrzehnts zu werden. Und vielleicht läuten sie mit ihrem Erfolg nach dem Y2K-Trend der letzten Jahre auch eine neue Ära ein – das Revival von Indierock.

Dass sich hier Millennials (aus Nostalgie-Gründen) und Zoomer (auf der Suche nach Musik vor Autotune) vereinen könnten, zeigt der Abend im Urban Spree: Vertreter beider Generationen tanzen und schwitzen hier zusammen. Es ist in jedem Fall, in doppelter Hinsicht, das heißeste Konzert Berlins.

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