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Berlin Regierender Bürgermeister Kai Wegner (r.) ist unzufrieden mit dem von Friedrich Merz (l.) Ergebnis der CDU bei der Bundestagswahl.

© Imago/Political-Moments

Update

Berlins Regierender Wegner rechnet mit Merz-Kurs ab: „Von der Brandmauer-Debatte haben die politischen Ränder profitiert“

Es ist das historisch zweitschlechteste Ergebnis der CDU in Berlin: Viele Christdemokraten sind unzufrieden. Scheidende Bundestagsabgeordnete rechnen mit dem Kurs von Friedrich Merz ab.

Stand:

Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) hat sich enttäuscht über das Ergebnis der CDU bei der Bundestagswahl gezeigt. „Die CDU hat die Bundestagswahl mit deutlichem Vorsprung gewonnen und einen klaren Regierungsauftrag erhalten. Dennoch kann das Wahlergebnis nicht zufriedenstellen“, sagte er dem Tagesspiegel.

Wegner machte für das schlechte Abschneiden der Union indirekt die von Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz forcierten Abstimmungen zur Migrationspolitik im Bundestag verantwortlich, bei denen die CDU/CSU-Fraktion gemeinsam mit der AfD-Fraktion abgestimmt hatte. „Von der Debatte um die Brandmauer haben vor allem die politischen Ränder profitiert“, sagte der Regierende Bürgermeister. „Wir werden in den kommenden Tagen und Wochen darüber in den Gremien beraten müssen.“

Die neue Bundesregierung muss zügig handlungsfähig werden, um die vielen aufgestauten Probleme in unserem Land lösen.

Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU)

Der Berliner CDU-Chef erklärte, dass Deutschland nun dringend neue Investitionen in die Infrastruktur und ein wirtschaftspolitischer Neustart nötig seien. Auch brauche das Land eine „grundlegende Kursänderung“ in der Sicherheits- und Migrationspolitik. „Die neue Bundesregierung muss zügig handlungsfähig werden, um die vielen aufgestauten Probleme in unserem Land zu lösen“, forderte er.

So haben die Berliner Wahlkreise gewählt

Die Karte zeigt die Ergebnisse für die Berliner Wahlkreise bei der Bundestagswahl 2025.

Daten: Landeswahlleiter Berlin, Stand 14.03.25, 10:25

Bei der Berliner CDU löste das Ergebnis der Bundestagswahl in der Hauptstadt überwiegend Frust aus. Zwar konnte die Partei mehrere Wahlkreise direkt gewinnen. Nach Auszählung eines großen Teils der Wahllokale lag die Partei mit 18,3 Prozent der Stimmen jedoch nur auf Platz zwei in der Hauptstadt hinter der Linken.

Die CDU verbesserte sich damit leicht im Vergleich zum Ergebnis bei der vorangegangenen Wahl. Angesichts des diesmal deutlich besseren Bundestrends bleiben die Werte jedoch schwach. Die Christdemokraten erzielen damit das zweitschlechteste Ergebnis ihrer Geschichte in Berlin und bleiben erneut deutlich hinter ihren bundesweiten Werten zurück.

„Die CDU in Berlin hat sowohl bei der Erst- wie bei der Zweitstimme zugelegt in Berlin. Das ist erfreulich“, sagte der Berliner CDU-Fraktionsvorsitzende Dirk Stettner dem Tagesspiegel. Trotzdem habe man nur Platz zwei erreicht.

Es ist bitter, dass die CDU in vielen Berliner Kiezen prozentual verloren hat.

Danny Freymark, CDU-Direktkandidat in Lichtenberg

„Der Linken ist es offensichtlich mit einer hochpopulistischen Kampagne sehr erfolgreich gelungen zu mobilisieren“, blickte Stettner auf die Wahlsieger in der Hauptstadt. „Wir werden nicht auf diese Populismus-Bahn einschwenken, sondern unsere bürgerliche Politik in Berlin fortsetzen.“

Andere Berliner Christdemokraten wurden am Wahlabend deutlicher. „Es ist bitter, dass die CDU in vielen Berliner Kiezen prozentual verloren hat“, sagte der Lichtenberger Direktkandidat und stellvertretende Fraktionsvorsitzende im Abgeordnetenhaus Danny Freymark in einer ersten Reaktion.

Andere Berliner CDU-Politiker blickten auf das unter den Erwartungen gebliebene Bundesergebnis der Partei. „Das ist natürlich ein enttäuschendes Wahlergebnis. Die Ampel hat weit über 18 Prozentpunkte verloren, wir haben nicht mal jede dritte dieser
Stimmen bekommen“, sagte der aus dem Bundestag ausscheidende bisherige Wahlkreisabgeordnete aus Steglitz-Zehlendorf Thomas Heilmann.

Mit unter 30 Prozent sei das Mandat „relativ schwach“. Insbesondere die Fokussierung auf das Thema Migration sei „sicher falsch“ gewesen, sagte Heilmann.

Er ergänzte mit Blick auf den Kanzlerkandidaten der Union, Friedrich Merz: „Die Erwartungen einiger im Zusammenhang mit der Abstimmung über den Entschließungsantrag haben sich ganz offensichtlich nicht erfüllt. Das wird wohl eher keine einfache Situation für die Union.“

Schwieriges Thema Migration

Der Entschließungsantrag der Unionsfraktion für eine massive Verschärfung der deutschen Migrationspolitik hatte Ende Januar im Bundestag eine Mehrheit bekommen – dank der AfD. Die Abstimmung war die allererste im Bundestag, bei der die AfD als Mehrheitsbeschafferin diente. Seither tobte eine Debatte, ob die CDU im Zweifel auch mit der AfD koalieren würde. Merz hatte das stets kategorisch ausgeschlossen.

Ähnlich äußerte sich die frühere Berliner CDU-Landesvorsitzende und bisherige Bundestagsabgeordnete Monika Grütters: „Das Wahlergebnis hat nicht zuletzt am schwierigen Thema Migration gelegen.“

Dies hätte man im Wahlkampf nicht in den Mittelpunkt stellen dürfen. „Wo auch immer man das aufruft, kommt man nicht besser dabei weg als die Populisten“, sagte Grütters. Angesichts des Ergebnisses von unter 30 Prozent herrsche bei ihr „eine gewisse Ernüchterung und auch ein bisschen Ratlosigkeit“, sagte die CDU-Politikerin.

Vor den Erfolgen der AfD auf Kosten der Union warnte der CDU-Direktkandidat in Marzahn-Hellersdorf Mario Czaja. „Der Osten ist ganz offensichtlich ein deutliches Frühwarnsystem für das gesamte politische System in Deutschland“, sagt er. „Und man sieht hier ganz deutlich, dass wenn die Parteien der Mitte streiten, anstatt gemeinsam Lösungen zu finden, dann gerät das ganze politische System ins Kippen“, erklärte er weiter.

„Selbstverständlich hätten wir uns ein Ergebnis deutlich über 30 Prozent gewünscht. Daran wird weiter zu arbeiten sein“, sagte auch Fraktionschef Dirk Stettner. Grundsätzlich bewertete er die Situation jedoch anders: „Friedrich Merz wird Bundeskanzler unseres Landes. Die Ampel ist klar abgewählt und der Politikwechsel ist gelungen“, sagte er.

Stettner setzte seine Hoffnungen vor Ende der Auszählungen auf eine Zweierkoalition im Bund, um „mit einer erneuerten SPD gute Politik für unser Land machen zu können“. Wichtig sei, nun in der Wirtschafts- und Migrationspolitik Erfolge zu erzielen. „Dann wird auch die AfD entzaubert und wir kommen hoffentlich wieder zu guten bürgerlichen Verhältnissen“, sagte Stettner.

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