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Antisemitische Angriffe auf Neuköllner Kneipe: So viele Delikte hat die Polizei am „Bajszel“ registriert
Seit Monaten wird die Neuköllner Kulturkneipe immer wieder aus der pro-palästinensischen Szene attackiert, zuletzt gar mit Steinen und einem Brandanschlag. Neue Zahlen zeigen das Ausmaß.
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Seit Monaten wird die Kulturkneipe „Bajszel“ in Berlin-Neukölln immer wieder aus dem pro-palästinensischen Spektrum heraus angegriffen, zuletzt wurden unter anderem ein Brandanschlag verübt und ein Pflasterstein gegen die Scheibe geworfen.
Eine bislang unveröffentlichte Anfrage der Linken-Abgeordneten Anne Helm und Niklas Schrader, die dem Tagesspiegel vorab vorliegt, zeigt erstmals das Ausmaß der Angriffe: Demnach registrierte die Polizei zwischen dem 7. Oktober 2023, dem Terrorangriff der Hamas auf Israel, und dem 16. Oktober 2024 insgesamt 15 Angriffe auf die Kneipe. Der aktuellste Angriff mit einem Pflasterstein ist da noch nicht eingerechnet.
Los ging die Angriffsserie demnach am 21. Mai 2024: An dem Tag wurden erstmals sechs rote Dreiecke, das Symbol, mit dem die Hamas ihre Gegner:innen kennzeichnet, auf die Fensterscheibe geschmiert.
Ab dem 18. September geriet die Kneipe dann offenbar erst richtig in den Fokus pro-palästinensischer Gruppen: Ab dem Tag wurde die Kneipe beinahe täglich beschmiert, etwa mit Parolen wie „Fuck Israel“ und Hamas-glorifizierenden Sprüchen. Dazu kam der erwähnte Brandanschlag am 29. September. In drei der 15 genannten Fälle, darunter einer brennenden Toilettenpapierrolle auf dem WC, ist für die Polizei kein direkter Bezug zum Nahost-Konflikt erkennbar.
In den anderen Fällen ermittelt die Sonderermittlungsgruppe „BAO Nahost“, die die Polizei am 30. Oktober 2023 nach dem Hamas-Angriff eingerichtet hat. Der Neuköllner Linke-Politiker Schrader sagte dem Tagesspiegel, dass „die permanenten Einschüchterungsversuche“ gegen das Bajszel unerträglich seien.
Wir dürfen nicht akzeptieren, dass ein Klima der Angst gegen Menschen geschaffen wird, die sich dem Kampf gegen Antisemitismus verschrieben haben.
Niklas Schrader, Linken-Abgeordneter
„Wir dürfen nicht akzeptieren, dass ein Klima der Angst gegen Menschen geschaffen wird, die sich dem Kampf gegen Antisemitismus verschrieben haben. Es ist gut, dass die Betreiber:innen sich davon nicht beeindrucken lassen“, so Schrader weiter. Er forderte besseren Schutz und Beistand für die Kneipe in der Bedrohungssituation. „Das erwarten wir auch von den Sicherheitsbehörden“, sagte Schrader.
Die BAO Nahost wird immer dann tätig, wenn die Ermittler:innen einen politischen Bezug zum Nahost-Konflikt annehmen. Dass die Gruppe damit gut beschäftigt ist, zeigen die weiteren Zahlen aus der Anfrage von Helm und Schrader: Demnach ermittelte die BAO Nahost (Stand 17. Oktober) bislang etwa wegen 1827 Sachbeschädigungen, 4 Fällen von schwerer Brandstiftung, 4 Sprengstoffexplosionen, 131 Fällen gefährlicher Körperverletzung, 112 Bedrohungen (davon fünf mit Waffen), 608 Fällen der Volksverhetzung sowie 654 Fällen des Verwendens von Zeichen terroristischer oder verfassungsfeindlicher Organisationen.
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