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Imkerin Hanna pflegt ihre Bienenstöcke auf dem RAW Gelände.

© Robert Klages

Drohungen, Brandschutz und ein Bienenstich: Streit um Imkerin Hanna und ihre Bienen auf dem RAW-Gelände

Im Schatten des „Amazon Towers“ gibt es Streit um Hanna und ihre Bienen. Die Imkerin erzählt von Drohungen, sie solle das RAW-Gelände verlassen. Die Eigentümerin will ihren Standort lediglich verrücken, sonst droht ein Hausverbot.

Stand:

Etwa eine halbe Stunde lang wirft der am Montag eröffnete „Amazon Tower“ pro Tag Schatten auf Imkerin Hanna und ihre Bienen auf dem RAW-Gelände in Berlin-Friedrichshain. Neben Gemeinschaftsgärten und einem Biergarten bietet die Umwelt- und Erlebnispädagogin seit 2023 Führungen für Kitas und Schulen auf ihrem 20 Quadratmeter großen Biotop an, informiert über Wildbienen und produziert Honig mit dem Namen „Schwärmerei“.

„Aber nun bin ich von `GentriBEEzierung`betroffen“, erzählt die 38-Jährige dem Tagesspiegel. Man habe ihr klar und deutlich zu verstehen gegeben, dass sie wegmüsse, und zwar am besten sofort. Es sei ihr mit Vandalismus gedroht worden, sollte sie noch länger ihre Bienen an dem Standort an der Revaler Straße 99 halten.

Die Eigentümerin droht mit Hausverbot, sollte Hanna bis Juli nicht bereit sein, ihren Standort um ein paar Meter zu versetzten und zu verkleinern.

Das Gelände „RAW Ost“ wurde 2024 von einem privaten Besitzer an die Holding-Gesellschaft „Corestate“ verkauft. Seit diesem Jahr bekommen die Mieter:innen nur noch kurzzeitige Duldungen. Eine Sprecherin teilte mit, Hanna besitze keinen Mietvertrag und habe sich mit der Zeit zu intensiv auf dem Gelände ausgebreitet, es mache den Anschein eines Kleingartens.

Man habe Hanna einen anderen Standort auf dem Gelände angeboten, so die Sprecherin weiter. Etwas kleiner und weiter weg von der anliegenden Halle, neben der Hanna ihre Bienenwaben hat. Im Juli komme der Brandschutz und Hanna müsse „keinesfalls das Gelände verlassen“, sie könne allerdings keinesfalls an ihrem derzeitigen Standort bleiben.

Imkerin Hanna mit Blick auf den „Amazon Tower“.

© Robert Klages

Sollte sie der Aufforderung zum Umzug samt Verkleinerung nicht nachkommen, werde man ein Hausverbot ab Juli aussprechen. Im Gespräch mit Hanna sei auch davon gesprochen worden, dass man ihre Sachen sonst eigenständig vom Standort entferne, sprich: vor die Tür stelle. Dass dies als Drohung aufgefasst worden sei, könne man nicht nachvollziehen, so die Sprecherin.

Der Bezirk möchte zwar das gesamte RAW-Gelände und die Gewerbemieter:innen schützen. Allerdings soll auf dem vorderen Teil, nahe Warschauer Brücke, ein 140 Meter hohes Gebäude errichtet werden. Das würde dann mehr Schatten auf Hanna und die Bienen werfen und das Gelände massiv verändert. Auch für „RAW Ost“ gibt es Pläne für den Bau eines Bürogebäudes ab 2027. Laut der Sprecherin von „Corestate“ gebe es derzeit noch keine Baugenehmigung. Doch spätestens zur Bebauung wolle der Eigentümer neben Hanna auch die anderen Mieter:innen wie den Biergarten, die Eventlocation sowie die Hobbygärten vom Gelände haben.

Selbst, wenn ich wollte, ich könnte nicht einfach so umziehen

Imkerin Hanna müsste eine Umsiedlung erst beim Veterinäramt beantragen.

Die Bienen summen derzeit noch nahe der Eventlocation „Radsetzerei“. Hier fand zuletzt die gut besuchte Ausstellung „Tim Burton’s Labyrinth“ statt und Hanna erzählt, ein Mitarbeiter der Security sei angeblich von einer Biene gestochen worden. Nun könne man sicherlich nicht sagen, ob es eines ihrer Tiere war, aber dies sei ihr als einer der Gründe genannt worden, warum sie wegsolle.

Zudem geht es um Brandschutz. Im August soll in der Halle eine neue Ausstellung präsentiert werden und Hannas Bienenkästen stehen eigentlich die vorgeschriebenen fünf Meter von der Halle entfernt. Trotzdem sei ihr mitgeteilt worden, dass dies nicht ausreiche und man sich darum sorge, der Bauwagen oder die Waben könnten im Sommer Feuer fangen.

Imkerin Hanna auf dem RAW Gelände.

© Robert Klages

Auch das klingt für Hanna nach Drohungen. Sie wäre bereit, ihre Führungen mit Öffnung der Bienenstöcke den Öffnungszeiten der neuen Ausstellung anzupassen, aber niemand sei bereit, mit ihr darüber zu reden. „BerlinCuisine“, zu der die „Radsetzerei“ gehört, antwortete nicht auf eine Anfrage des Tagesspiegels.

Friedlich zusammenleben?

Hanna steht vor ihrem „Sandarium“, aus dem Boden fliegen Bienen. „Hier leben Wild- und Honigbienen friedlich zusammen“, erklärt die Imkerin. „Das ist eine kleine Sensation, weil sie das in offener Wildbahn eigentlich nicht tun.“

Friedlich zusammenleben möchte Hanna eigentlich auch weiterhin auf dem RAW-Gelände, aber aufgrund der eher feindlichen Stimmung und der Drohungen hat sie sich auf die Suche nach einem neuen Ort begeben und freut sich auf Anfragen oder Hinweise.

Allerdings können Bienen nicht einfach so umsiedeln, sagt Hanna. Das muss beim Veterinäramt beantragt und von Expert:innen durchgeführt werden. Zudem sollten die Bienen mindestens drei Kilometer weit neu angesiedelt werden, weil sie sonst zu ihrem alten Zuhause zurückfliegen.

„Selbst wenn ich wollte – ich könnte nicht einfach so umziehen“, sagt Hanna mit einem Schulterzucken. Und sie gibt zu bedenken: „Bienen sind geschützte Tiere, auf Zerstörungen der Stöcke stehen hohe Strafen.“ Die Sprecherin von „Corestate“ sagt, man habe mit Expert:innen gesprochen und Bienen könnten einen Umzug durchaus verkraften.

Derzeit weiß Hanna nicht weiter. Dass sie nicht einfach so aufgibt, hat sie bereits früher gezeigt: Sie war Teil der Besetzung der „Freibeuter“, einem Schiff auf dem Rummelsburger See, das 2019 geräumt wurde. Teile der Kunstarbeiten, Skulpturen aus Holz, die damals auf dem Schiff entstanden sind, stehen neben den Bienenwaben auf dem RAW-Gelände.

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