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„Schluss mit Gratismentalität“: CDU in Marzahn-Hellersdorf will Eltern für Schulessen zahlen lassen
Weil Berlin sparen muss, stellt die CDU-Fraktion die kostenlose Schulspeisung infrage – ausgerechnet in dem Bezirk, in dem die Kinderarmut besonders groß ist.
Stand:
Um das Mittagessen, welches Tausende Schülerinnen und Schüler jeden Mittag in der Unterrichtspause erhalten, hat es in den vergangenen Wochen ziemlich viel Stress gegeben. Der für einen Großteil der Schulen zuständige Caterer hatte das Essen in ungenießbarem Zustand, verspätet oder gar nicht ausgeliefert. Einzelne Berliner Bezirke kündigten daraufhin den Vertrag, Marzahn-Hellersdorf reduzierte die zu beliefernden Schulen auf fünf Stück.
Nun steht im Bezirk aber gleich das komplette Konzept „kostenloses Schulessen” auf der Kippe. In der Bezirksverordnetenversammlung Ende Oktober kam es bei diesem Thema zu einer lautstarken Diskussion.
Der Grund: Die CDU-Fraktion hatte die Frage in den Raum geworfen, ob Berlin sich angesichts der klammen Kassen eine kostenlose Bewirtung der Kinder überhaupt noch leisten könne.
Schulplätze vs. Schulessen
Und beantwortete sie gleich selbst: „Für uns geht es um die Frage der Gerechtigkeit. Wie können wir ein qualitativ hochwertiges Bildungssystem schaffen? Wie können wir sicherstellen, dass wir nicht abwägen müssen zwischen Schulessen oder Schulplatz und zunächst einmal die schulische Versorgung sichergestellt ist?“, fragte Fraktionsvorsitzender Johannes Martin.
Familien, die finanziell besser gestellt sind, wären durchaus in der Lage, für das Mittagessen ihrer Kinder auch zu zahlen, hieß es. Kostenlose Angebote für jene, die es sich eben nicht leisten können, würde es auch weiterhin geben. Aber man müsse „weg von dieser Gratismentalität”.
Dass Johannes Martin hier Schulessen gegen Schulplätze aufwog, irritierte einige der Verordneten der Fraktionen, die den Antrag auf Erhaltung des kostenlosen Angebotes gestellt hatten. „Sie machen hier Gegensätze auf, die es gar nicht gibt. Schulplätze müssen staatlich erfüllt werden. Wenn Sie sagen, wir müssen Prioritäten setzen: Wenn ich mir das Schulessen anschaue, dann geht es hier um weniger als ein halbes Prozent des Gesamthaushaltes”, sagte Steffen Ostehr (Linke).
„Ich lade Sie ein, einmal eine Woche kein warmes Mittagessen zu sich zu nehmen und dann zu schauen, wie Ihr Arbeitstag abläuft”, antwortete Pascal Grothe(Grüne).
Die Einführung des kostenlosen Schulessens habe – insbesondere in Stadtteilen wie Marzahn und Hellersdorf – zu einer Entstigmatisierung von Kindern aus einkommensschwachen Haushalten geführt, hieß es weiter. Würde dies abgeschafft, verstärke sich die soziale Benachteiligung wieder; vor allem auch, weil vermutlich zahlreiche Kinder nur knapp über der Bemessungsgrenze lägen und damit keinen Anspruch auf Unterstützung hätten.
Marzahn-Hellersdorf gehört neben Neukölln zu den Berliner Bezirken mit der höchsten Anzahl an Kindern, die Sozialleistungen bekommen; im vergangenen Jahr war sie um vier Prozent auf 25,9 Prozent gestiegen.
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