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Von Hakenfelde bis Kladow: Erinnern an die Nazi-Opfer in Spandau - an diesen fünf Orten
Lesung in der Dorfkirche, Erinnerung in Siemensstadt, Debatten in der Zitadelle, ein besonderer Gottesdienst an der Scharfen Lanke. Und das ist nicht alles. Ein Überblick für Spandau.
Stand:
80 Jahre Kriegsende - auch in Berlin-Spandau. Es ist ein besonders wichtiges Jahr, mit Gottesdiensten, mit Debatten in der Zitadelle („Der Abriss des Kriegsverbrechergefängnisses war ein Fehler“), mit vielen lehrreichen Geschichtsspaziergängen (u.a. zum Waldkrankenhaus und zur Dorfkirche Alt-Staaken) und vielen wichtigen Veranstaltungen und Terminen auch in Spandau. Am 27. Januar jährt sich die Befreiung des KZ in Auschwitz.
Hier ein Überblick im Frühjahr 2025, der zuerst im Spandau-Newsletter des Tagesspiegels erschienen ist. Der Newsletter gehört zu unserem digitalen T+Angebot.
1 Erinnern in Kladow
Im Januar jährt sich zum 80. Mal der Tag der Befreiung des Lagers Auschwitz und die Rettung der Überlebenden. „Das wollen wir mit einer Konzert-Lesung würdigen“, erzählt Burkhard Weituschat vom Kulturverein „Kladower Forum“ (1985 gegründet, über 300 Menschen). Wann und wo? Am Sonnabend, 25. Januar, 17 Uhr, im Gemeindehaus am Kladower Dorfplatz.
„In Auschwitz gab es keine Vögel“, heißt der Abend. Mit dabei sind der Bassist Gregor Praml und die Autorin Monika Held. Sie erzählt in ihrem Roman die Lebensgeschichte des KZ-Häftlings Heiner und seiner Frau Lena: „Die beiden haben sich beim Frankfurter Auschwitz-Prozess kennengelernt und ineinander verliebt. Er war der Zeuge aus Wien, sie Übersetzerin polnischer Zeitzeugenaussagen …“ Mehr Informationen: www.spandau-evangelisch.de

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2 Erinnern in Siemensstadt
Die Arbeitsgruppe „Stolperschwelle“ der Kirchengemeinde Siemensstadt lädt am Freitag, 24. Januar, zu dieser Veranstaltung, die sich um die eigenen vier Wände dreht: „NS-Zwangsarbeit und das Zwangsarbeiterinnen-Lager (1940-1945) im Gemeindehaus der Ev. Kirchengemeinde Siemensstadt.“ Mit dabei: Eva Kuby und Felix Beyer-Buns vom Berliner Dokumentationszentrum für NS-Zwangsarbeit. Los geht es um 19 Uhr im Gemeindehaus am Schuckertdamm 336, dann soll auch die „Stolperschwelle“ befestigt werden.
Der Hintergrund? „Während der Nazizeit beschäftigte die Firma Siemens Hunderte von Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen. Unter ihnen mehr als 40 Zwangsarbeiterinnen, die 1940-45 nach einem Beschluss des damaligen Gemeindekirchenrates (!) im Gemeindesaal der Kirchengemeinde Siemensstadt untergebracht wurden“, hat Gudrun O’Daniel-Elmen mal erzählt. Sie ist die ehrenamtliche Erinnerungsbeauftragte der evangelischen Kirche in Spandau.

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„Zwar gibt es am Verwaltungsgebäude der Fa. Siemens eine Gedenktafel für Siemens-Zwangsarbeitende, die aber nicht öffentlich zugänglich ist“, so O’Daniel-Elmen. „Daher hat die Gemeinde beschlossen, mit einer „Stolperschwelle“, die mindestens 2000 Euro kosten wird, an diese Frauen zu erinnern.“ Jetzt ist es soweit.
3 Erinnern in Staaken, Altstadt, Zitadelle
Die Zitadelle um Museumschefin Urte Evert rückt 2025 das Kriegsende in den Mittelpunkt, u.a. mit Geschichtsspaziergängen zur Dorfkirche Staaken, in die Altstadt oder zum Waldkrankenhaus. Die Klinik wurde 1947 von den Briten eröffnet, das Gelände wurde aber von den Nazis genutzt: „Die Baracken der Zwangsarbeiter stehen bis heute auf dem Klinikgelände. Die Zwangsarbeiter sollten „Germania“ von Albert Speer aufbauen, wozu es ja nicht kam“, hat die Museumschefin im Tagesspiegel erzählt.

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Im Sommer 2025 ist dann die große Ausstellung „Spandau Prison“ zum abgerissenen Kriegsverbrechergefängnis geplant. Mehr Details hat Evert hier im großen Tagesspiegel-Interview verraten.
4 Erinnern im Johannesstift in Hakenfelde
Eine Gedenkfeier zur Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus ist auch im Spandauer Norden geplant: am 30. Januar, 12 Uhr, im Johannesstift um Pfarrerin Anne Hanhörster.

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„Der Religionskurs der Evangelischen Schule Spandau zeichnet den Lebensweg von Albert Jacobi nach. In den 1930er Jahren begann er eine Ausbildung im Johannesstift, die er aufgrund des Nazi-Regimes nicht beenden konnte“, heißt es in der Einladung. Ort: Ev. Johannesstift, Stiftskirche, Schönwalder Allee 26.
5 Erinnern an der Scharfen Lanke
Auch die Weinbergkirchengemeinde um Pfarrer Christopher Piotrowski und die neue Pfarrerin Kathrin Deisting (kam aus Siemensstadt) lädt ein: zum „Gottesdienst zum Gedenken an die Opfer der Shoah“ – am 2. Februar, 11 Uhr, in der Gnadenkirche in der Jaczostraße. Mit dabei: u.a. Kantor Gabriel Loewenheim und der ehemalige Pfarrer Hartmut Diekmann.

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Die Kirche hat eine interessante Geschichte zu erzählen: 2021 war im Gotteshaus (Baujahr 1946) in der Jaczostraße ein neues und buntes Kirchenfenster eingebaut worden, das ganz besonders ist. Gestaltet hatte es der jüdische Künstler Yehuda Bacon. „Er überlebte Auschwitz, studierte Kunst in Jerusalem und war als Professor für Grafik tätig. Er hat der Weinberggemeinde ein Bild geschenkt, das er als Glasfenster gestaltet hat …“
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