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Denkspiel Rummikub: Ein Angebot in einer Tagespflege in Brandenburg.

© Patrick Pleul/dpa

22 Millionen Euro jährlich: Brandenburg will mit Pakt für Pflege ländlichen Raum stärken

In der Coronakrise ist die Pflege besonders im Blick. Die Koalition will aber auch langfristige Konzepte entwickeln – und investiert in ein Bündel von Maßnahmen.

In Brandenburg stehen künftig rund 22 Millionen Euro pro Jahr mehr für die Pflege zur Verfügung. Am Mittwoch unterzeichneten Brandenburgs Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) und die Mitgliedsorganisationen des Landespflegeausschusses den im Koalitionsvertrag der Brandenburger Kenia-Koalition vereinbarten "Pakt für Pflege".

Das von Nonnemacher als "sozialpolitisches Flaggschiff der Landesregierung" bezeichnete Bündnis sieht vor, dass 11,7 Millionen pro Jahr den Städten und Gemeinden für regionale Strukturplanung und Vernetzung in den Kommunen zur Verfügung gestellt werden. Rund zwei Millionen sind für den Ausbau von Pflegestützpunkten vorgesehen. Fünf Millionen Euro pro Jahr stehen für den Ausbau von Kurzzeit- und Tagespflege zur Verfügung. Mit 1,2 Millionen Euro pro Jahr soll die Fachkräftesicherung in der Pflege unterstützt werden.

Besonders sollen mit dem Pflegepakt Angebote im ländlichen Raum unterstützt werden: "Dort leben die Pflegebedürftigen", sagte Nonnemacher. "Die Pflege der Zukunft ist eine Pflege im Quartier." Gefördert werden sollten etwa alltagsunterstützende Angebote, bei denen Senioren in ihrer Nachbarschaft gemeinsam zum Essen zusammenkommen. Auch der Ausbau von Kurzzeit- oder Tagespflege sei eine "ganz wichtige Sache, um Angehörige zu entlasten". Diese werde in Brandenburg derzeit nur halb so häufig in Anspruch genommen wie im Bundesdurchschnitt.

Ursprünglich waren im Koalitionsvertrag rund 30 Millionen Euro für den "Pakt für Pflege" vorgesehen. Dies sei aufgrund der Pandemie aber nicht umsetzbar gewesen. "Ich beneide die Finanzministerin nicht um ihren Job", sagte Nonnemacher. Diese habe den Pakt erst auf so geringe Mittel zusammenstreichen wollen, dass sie "mir die Tränen in die Augen getrieben haben", sagte Nonnemacher. Die nun vereinbarten 22 Millionen könnten sich demgegenüber im bundesweiten Vergleich sehen lassen.

Caritas: Strategie für die nächsten 20 bis 30 Jahre entwickeln

Die Direktorin des Caritasverbands für das Erzbistum Berlin, Ulrike Kostka, begrüßte die Unterzeichnung des Pflegepakts. "Pflege ist eine der existenziellen Aufgaben und Berufe", sagte Kostka. "Wir sehen in dem Pakt für Pflege eine Zukunftsstrategie, wie die Pflege in den unterschiedlichen Sozialräumen gestaltet werden kann, und einen Schritt, sich zu vereinbaren, um für die nächsten 20 oder 30 Jahre die Pflege zu entwickeln." Sie sei persönlich sehr gespannt, wie es gelinge, Angebote in der Kurzzeit- und Tagespflege in Gemeinden mit geringer Bevölkerungszahl zu gestalten. "Uns ist daran gelegen, dass jeder, da wo erlebt, die Pflegeangebote bekommt, die er braucht."

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Der Geschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes, Jens Graf, erklärte, die Frage nach der Sicherung einer wohnortnahen Pflege spiele in den Kommunen eine immer wichtigere Rolle. „Gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern, dem Engagement der Organisationen und Vereine, den Anbietern von Pflege- und Unterstützungsleistungen etwa beim Einkaufen oder der Versorgung mit Mittagessen können dafür tragfähige Voraussetzungen aufgebaut werden.“

Aufsicht: Pflegeheime müssen Covid-19-Patienten zurücknehmen

Für Diskussionen sorgte am Rande der Pressekonferenz ein Schreiben der Heimaufsicht des Landes Brandenburg an die Träger von Alten- und Pflegeheimen. Darin werden die Träger verpflichtet, Patienten, die an Covid-19 erkrankt sind, in ihren Einrichtungen aufzunehmen.

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In der Pressekonferenz erklärte die Ministerin, das Schreiben selbst angewiesen zu haben: Wenn Patienten aus einem Pflegeheim nicht mehr in einem Krankenhaus behandelt werden müssen, müsse die Einrichtung diese Patienten zurücknehmen – so, wie jüngere Menschen, die an Covid erkrankt sind, nach entsprechenden Behandlungsfortschritten aus Krankenhäusern in die häusliche Isolation entlassen werden. Dazu seien bislang aber nicht alle Heime in Brandenburg bereit gewesen. Das Ergebnis: Manche Senioren würden unnötig lange in einem Krankenhaus betreut, was die Überlastung dort verschärfe.

Dieser Zeitung ist allerdings auch mindestens ein Fall bekannt, bei dem ein Krankenwagen mit einem Covid-Patienten vor einem Pflegeheim vorfuhr, obwohl der Patient dort gar nicht lebte. „So war das natürlich nicht gemeint“, sagte Nonnemacher auf Nachfrage. Es wäre „auf das Heftigste zur kritisieren“ und „eine ganz unschöne Sache“, würden Pflegebedürftige nun in ein falsches Heim oder ein Heim, wo sie nie Kontakt zu hatten, gebracht.

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