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ChatGPT-Chef Sam Altman an der Berliner TU: „Wir würden sehr gern ein Stargate Europe starten“
Der umstrittene Gründer von Open AI kam am Freitag an die Technische Universität: Hochschullehrende diskutierten über KI in der Wissenschaft, Altman bewarb seine Firma. Studierende protestierten und störten sich etwa an dessen Unterstützung für Donald Trump.
- Martin Ballaschk
- Antonia Bohländer
Stand:
Globaler Tech-Star in Berlin: Am Freitagnachmittag hat Sam Altman an einer Podiumsdiskussion an der Technischen Universität (TU) teilgenommen, wobei es zu Protesten von Studenten kam. Altman ist Chef des KI-Unternehmens Open AI, das den ChatGPT-Chatbot entwickelt hat. Gegen den Altman-Auftritt hatten Studierende mobilisiert: Unter dem Motto „Keine Trump-Supporter an der TU“ verteilten etwa 15 Protestler vor Beginn der Veranstaltung Flyer. Sie störten sich insbesondere an Altmans Unterstützung für US-Präsident Donald Trump.
Früher stets kritisch auf Trump zu sprechen, hatte Altman im Januar seine Meinung geändert. Wie Amazon, der Facebook-Konzern Meta, Google, Microsoft und Apple demonstrierte auch er nun Nähe zur neuen Regierung, indem er eine Million Dollar an Trumps Antrittsfonds spendete. Mit Erfolg, wie es scheint: Unter Trump erfolgte bereits eine Deregulierung von KI in den USA.
Die Studierenden verteilten zunächst am Morgen vor der TU Flyer und warfen sie dann auch von der ersten Etage in den Innenraum der Uni herunter. Die „Berliner Morgenpost“ hatte zuvor von einer geplanten Demo berichtet.
Diskussion als Teil von „Werbekampagne“ kritisiert
Die Protestgruppe bestand aus Mitgliedern verschiedenster Initiativen an der TU. Sie kritisierten die Unterstützung Trumps scharf, Altman würde der „faschistischen Politik“ den Weg ebnen. Zudem liegt gegen Altman eine Klage seiner Schwester, Annie Altman, vor. Sie wirft ihrem Bruder vor, sie über Jahre hinweg belästigt, sexuell missbraucht und vergewaltigt zu haben. Ein weiterer Punkt, den die Studierenden an der Einladung kritisierten. Altman hat die Vorwürfe seiner Schwester allerdings zurückgewiesen.
Auch sehen die protestierenden Studenten die Rolle von Open AI bei der Aufweichung der Klimaziele unter Trump kritisch, was den Nachhaltigkeitszielen der Universität entgegenstehe. Zudem gebe die Einladung „rechtem Gedankengut eine Bühne“ und sei Teil einer „Werbekampagne“.
Tatsächlich ist Altman gerade auf Werbetour, diese Woche hat er sich mit Elektronik-Herstellern wie Samsung und Hynix und der Chip-Schmiede ARM getroffen. Hintergrund ist das 500 Milliarden Dollar schwere Vorzeige-KI-Projekt „Stargate“ der Trump-Regierung. Bei dessen Aufbau ist Open AI Hauptpartner und sind riesige Rechenzentren geplant. Am Donnerstag hatte das Unternehmen mitteilen lassen, in München eine Niederlassung eröffnen zu wollen, wie der „Spiegel“ berichtete.

© Antonia Bohländer
Auch während der Diskussion am Freitag um 12.30 Uhr im Audimax hatte Altman reichlich Gelegenheit, für seine Firma zu trommeln. Dabei sollte es eigentlich um das Thema KI in Forschung und Wissenschaft gehen. Studierende hatten vorab etwa 1000 Fragen eingereicht.
Das Podium, das von lautstarkem Jubel und Applaus begrüßt wurde, moderierte Fatma Deniz, Vizepräsidentin für Digitalisierung und Nachhaltigkeit an der TU Berlin. Sie forscht an der Verarbeitung von Sprache im menschlichen Gehirn.
Ebenfalls auf dem Podium: TU-Professor Volker Markl, einer der führenden digitalen Köpfe Deutschlands. Er ist Teil des Direktorenduos des Berlin Institute for the Foundations of Learning and Data (BIFOLD), dem nationalen Kompetenzzentrum für Künstliche Intelligenz. Weitere Mitdiskutantin war die Ökonomin Nicole Büttner, Chefin des Berliner KI-Startups Merantix Momentum. Dieses unterstützt Betriebe bei der Einführung von KI etwa bei der Prozessoptimierung und Automatisierung.
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Der Andrang bei der Diskussion war groß. Für die Teilnahme benötigte man Tickets, der Audimax-Saal mit 1200 Plätzen sei nach 30 Minuten ausgebucht gewesen, so Deniz. Für die Sicherheit war gesorgt: Gäste mussten Jacken und Taschen abgeben, größere elektronische Geräte waren nicht zugelassen.
Open AI und Berliner KI-Konsortium schließen Partnerschaft
Open AI brachte den bekannten ChatGPT-Chatbot und damit generative Künstliche Intelligenz erstmals in den breiten Massenmarkt. Zuletzt musste Altman auf den chinesischen Mitbewerber Deepseek reagieren: Dessen Modell „R1“ liefert ähnliche Leistung wie das „o1“-Modell der Amerikaner, ist aber viel effizienter. Es benötigt auch nur einen Bruchteil der Rechenleistung für das Training, die sonst hunderte Millionen Dollar kostet.
Open AI hat nun mit dem Berliner BIFOLD eine Partnerschaft geschlossen: Der Konzern überlässt den Forschern KI-Rechenkapazität im Gegenwert von etwa 50.000 Dollar, um dessen neues „o3“-Modell auszuprobieren. BIFOLD-Chef Volker Markl betont die Versprechen der datengetriebenen Wissenschaft, etwa für die personalisierte Medizin. Dabei könnte die Kooperation helfen.

© TU Berlin/Michael Setzpfandt
Bei den eigenen KI-Anwendungen bleibt das Training teuer, hier verspricht sich das Konsortium offenbar Vorteile. Markl unterstreicht, dass Chatbots derzeit im Alltag bei Standardaufgaben wie beim Programmieren tatsächlich viel Zeit sparen. Bei der Gelegenheit bewirbt Altman GPT und insbesondere das „Deep Research“-Tool als zeitsparendes Werkzeug für Wissenschaftler. Diese könnten sich stärker auf die Forschungsfragen konzentrieren, wenn die KI ihnen Arbeit abnimmt.
Deutschland ist ein riesiger Markt für uns, es ist der größte in Europa.
Sam Altman, Chef des KI-Unternehmens Open AI
Altman würde gern Infrastruktur in Europa aufbauen
Die Wissenschaft würde sich ohnehin bald sehr beschleunigen, sagte Altman bei der Veranstaltung: „Zehn oder 100 Jahre Forschung in einem Jahr“ wären vielleicht irgendwann möglich. Er erwartet einen Durchbruch in den Fähigkeiten von Künstlicher Intelligenz in den nächsten Jahren, die Menschheit befinde sich in einem historischen Moment. Schon jetzt würden die Intelligenz seiner Produkte ihn selbst überflügeln.
„Deutschland ist ein riesiger Markt für uns, es ist der größte in Europa, und wir würden sehr gern ein Stargate Europe starten“, sagte Altman, wofür man aber Unterstützung brauche. Dabei würde man alle Regularien beachten, versichert er auf Deniz’ Nachfrage. Die europäische Bevölkerung sollte selbst entscheiden, ob die Balance von Gesetzen und Fortschritt richtig sei. Ein starkes Europa sei wichtig für die Welt, der Kontinent sollte bei KI im eigenen Interesse so schnell wie möglich aus allen Kräften mitmischen. Was sich Altman den Aufbau einer solchen europäischen Infrastruktur kosten lassen würde, hakte Fatma Deniz von der TU nicht nach.
Ob nicht der Energiehunger von KI ein Problem sei, fragte Deniz. „Die Modelle sind unglaublich effizient, auf jeden Fall effizienter als ein Mensch, der Essen und so weiter braucht“, antwortete Altman darauf. Pro Anfrage sei KI bereits sehr günstig. KI solle auch helfen, günstigen Strom aus Kernfusion herzustellen. Auf diese Weise ließe sich das Energieproblem und die Klimakrise lösen. „Fusion wird in ein paar Jahrzehnten die vorherrschende Energieform sein.“ Bei dieser Form der Stromerzeugung sind die versprochenen Forschungsdurchbrüche seit Jahrzehnten ausgeblieben. Altman hat einige hundert Millionen in das Fusions-Startup „Helion“ investiert.
Offen kritische Nachfragen zum widersprüchlichen politischen Gebaren von Open AI und seinem Chef blieben aus, stattdessen konnte Altman seine Begeisterung für seine Produkte zum Ausdruck bringen. Aus den fast tausend eingereichten Fragen der Studierenden wurden in der zweiten Hälfte der Veranstaltung einige vorgelesen – in zusammengefasster Form.
Darunter die Frage, ob es nicht problematisch sei, dass man in die „Blackblox KI“ nicht hineinschauen kann. Altman verneinte dies: „Ich benutze jeden Tag Produkte, bei denen ich nicht verstehe, wie sie funktionieren.“ Volker Markl und Nicole Büttner verwiesen darauf, dass beim Einsatz dieser Systeme genau abgewogen werden müsse. Absehbar seien KI-Systeme für besonders sensible Bereiche nicht geeignet.
Mehr Licht ins Dunkel wünschen sich auch viele auch im Hinblick auf die Firmenpolitik von Open AI. Die Softwareentwicklung von Open AI ist nicht-öffentlich und folgt damit der intransparenten Linie Altmans. Im Gegensatz dazu sind etwa weite Teile der Technologie des chinesischen Konkurrenten Deepseek frei verfügbar und können von jedermann verwendet werden.
Open AI wurde zwar mit einer Open-Source- und Non-Profit-Philosophie gegründet, doch mit der Zeit wurde das Unternehmen immer mehr auf Profitabilität getrimmt, Sicherheitsbedenken beiseite gewischt, die Idee der Offenheit zurückgefahren. Das sorgte für interne Konflikte: Führende Mitarbeiter verließen Open AI wegen ethischer Bedenken und gründeten den Mitbewerber Anthropic. Der Verwaltungsrat feuerte Altman im Richtungsstreit 2023, um ihn nach wenigen Tagen zu reinstallieren.
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