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„Der Druck wird immer größer“: Wegner sieht kaum noch Plätze für Geflüchtete in Berlin
Bis zum Jahresende braucht es weitere 6000 Plätze für Geflüchtete in Berlin. Bei einem Besuch des Senats im Bezirk Lichtenberg wird deutlich, dass die Standortsuche schwierig werden dürfte.
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Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) sieht die Stadt bei der Unterbringung von Geflüchteten nahe an der Belastungsgrenze. „Wir können feststellen, dass wir ab Oktober große Problem haben werden, weitere Menschen unterzubringen“, sagte Wegner am Dienstag im Anschluss an eine gemeinsame Sitzung des Berliner Senats und des Bezirksamts Lichtenberg. „Der Druck wird immer größer. Wir haben jetzt schon keine Plätze.“
Der Regierende Bürgermeister forderte, das Thema Migration und Asyl zu einem zentralen Punkt bei der kommenden Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) am 20. Juni zu machen. Asylverfahren müssten schneller bearbeitet und entschieden werden. Nach der MPK Ende 2023 sei „nichts passiert“.
Wir ducken uns überhaupt nicht weg.
Martin Schaefer (CDU), Bezirksbürgermeister von Lichtenberg
Der Senat und Berlins Flüchtlingskoordinator Albrecht Broemme sind weiter auf der Suche nach zusätzlichen Standorten. Nach Tagesspiegel-Informationen müssten bis Jahresende zusätzliche 6000 Plätze entstehen, um die Unterbringung zu gewährleisten. Broemme hatte Anfang Mai mitgeteilt, es brauche 50 neue Standorte, wenn man die Großunterkunft am ehemaligen Flughafen Tegel schließen wolle.
Sowohl Wegner als auch Lichtenbergs Bezirksbürgermeister Martin Schaefer (CDU) betonten, dass Berlin weiterhin alles daran setze, Menschen, die nach Berlin kommen, bestmöglich unterzubringen. Über die Frage, wo neue Plätze für die Unterbringung entstehen können, gibt es jedoch Streit zwischen dem Senat und den Bezirken. „Wir ducken uns überhaupt nicht weg, Menschen aufzunehmen“, sagte Schaefer. Bei den Standort-Fragen sei man jedoch „unterschiedlicher Meinung“.
Derzeit sind in der Stadt rund 35.000 Plätze belegt
Die Situation bei der Unterbringung von Geflüchteten ist seit Jahren angespannt in Berlin. Derzeit sind rund 35.000 Plätze belegt. Vor zwei Monaten wählte der Senat 16 Standorte aus, an denen neuen Container-Unterkünfte für rund 6000 Menschen entstehen sollen. Vier dieser Standorte für rund 1800 Menschen sollen in Lichtenberg entstehen.
Schaefer kritisierte die Entscheidung des Senats damals, da der Bezirk jetzt schon an seiner Belastungsgrenze sei, insbesondere was die soziale Infrastruktur, also etwa Schul- und Kitaplätze, betrifft. Derzeit befinden sich rund 11,5 Prozent alle Plätze in Lichtenberg. Noch mehr gibt es nur Marzahn-Hellersdorf, Tempelhof-Schöneberg und Pankow.
„Wo und wie wir die Integration schaffen, da müssen wir hart miteinander ringen“, sagte Schaefer am Dienstag. „Da können wir auch mal unterschiedlicher Meinung sein.“ Wegner kündigte an, die Verantwortung in Zukunft gleichmäßiger verteilen zu wollen.
Senatsbesuch unter Eindruck der Wahlergebnisse
Der Besuch des Senats in Lichtenberg, der am Nachmittag Sozial- und Bauprojekte in dem Bezirk besichtigte, stand auch unter dem Eindruck der Europawahl am Sonntag. Die AfD holte in Lichtenberg mit 17,5 Prozent die meisten Stimmen, dicht gefolgt vom Bündnis Sahra Wagenknecht, das 15,2 Prozent erreichte.
Beides seien „rein populisitische Parteien, die keine Lösungen anbieten, sondern mit Gefühlen arbeiten“, sagte Wegner. Der Regierende Bürgermeister sah als Ursache hierfür, dass insbesondere auf Bundesebene Themen diskutiert werden, die die Menschen nicht wirklich bewegen würden. Bezirksbürgermeister Schaefer sagte: „Wenn uns nicht gelingt, wieder besser zuzuhören, dann werden wir uns an solche Wahlergebnisse gewöhnen.“
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