Der prominente Wochenrückblick : Ski Aggus Fauxpas beim brennenden Riesenrad

Wenn man so will, läuft der Sommer immer noch auf Hochtouren, zumindest in Sachen viraler Trends. Waren bis vor einigen Wochen alle noch „brat“, sind sie jetzt „very demure“ oder „very mindful“ und damit willkommen zur neuesten Ausgabe des prominenten Wochenrückblicks.

Wenn Sie bis hierhin kein Wort verstanden haben, dann verfügen Sie offenbar über keinen TikTok-Account und das ist bekanntlich nicht weiter schlimm. Ihnen geht es damit ähnlich wie einigen sogenannten Gesellschaftsreportern deutscher Tageszeitungen – die es sich aber trotzdem nicht nehmen ließen, benannte Trends zu erklären.

Das können wir auch und vielleicht sogar besser: „brat“ (zu Deutsch: Göre) heißt das aktuelle neongrüne Album der britischen Sängerin Charli XCX und meint, als Adjektiv genutzt, eine nonchalante Lebenseinstellung oder besonders coole Charaktereigenschaft. So war unter anderem schon zu lesen, die US-Präsidentschaftskandidatin der Demokraten sei so: „Kamala Harris is brat“ – was unbedingt als Kompliment zu verstehen war.

Mit „demure“ beziehungsweise „mindful“, manchmal auch „cutesy“ (zu Deutsch: zurückhaltend, achtsam, niedlich) ist es etwas komplizierter. Hier war es die US-TikTokerin Jools Lebron, die den Hype entfachte. In einem Video sieht man sie, wie sie sich mit entsprechenden Vokabeln beschreibt, so lege sie zum Beispiel Wert darauf, sich sittsam zu schminken, wenn sie zur Arbeit gehe. Der Witz: ernst gemeint ist das natürlich nicht.

Very sensibel, very vorausschauend

Letztendlich beschreibt „demure“ subtil eine ähnlich draufgängerische Art wie „brat“ und wird in der Zwischenzeit als Kompliment oder Gefühlslage für alles, was Gen-Z und jeder x-beliebige Promi so gut findet, angewendet. Von der nach nur zwei Jahren Ehe mit Ben Affleck frisch getrennten Jennifer Lopez über die äußerlich äußerst überladenen Khloé Kardashian bis hin zum Entertainer RuPaul (bekannt als Dragqueen unter selbem Namen) – alle sind oder fühlen sich „very demure“.

Fürs Erste sollte das Thema damit geklärt sein und wir können uns der hiesigen Prominenz widmen. Die ist nämlich gar nicht „mindful“, zumindest wenn man dem wohl nie abflauenden Hype des Shitstorms Glauben schenkt. Ski Aggu, seines Zeichen Kunstfigur und Rapper, in der Regel gut zu erkennen, weil er sich hinter einer gigantischen Skibrille versteckt, überkam ein solcher. Also ein Shitstorm. Der Wilmersdorfer, der mit bürgerlichem Namen August Diederich heißt, hatte vergangene Woche einen Auftritt auf dem Leipziger Highfield-Festival, als Teile eines Riesenrads zu brennen begannen.

Very einfühlsam, very praxisnah

Auslöser des Shitstorms waren Videos, die das brennende Fahrgeschäft zeigen, hier hörte man ihn aus dem Off dumme Sprüche reißen und die dramatische Situation herunterspielen. Tatsächlich hätte es dafür aber einen Grund gegeben: Laut eines Statements des Musikers hätte man ihm aufs Ohr gesagt, dass er die Show nicht abbrechen dürfe und mit dem Publikum im Dialog bleiben solle, damit keine Massenpanik entsteht. Ob der angemessen Demureness über Fragen wie „Wollen wir jetzt noch einen kranken Brecher (Hit) dazu spielen?“ lässt sich wohl streiten.

Und was ist sonst noch passiert? Richtig, Hoffnung. Die gibt es bald wieder für all jene, die unter so etwas wie pädagogischem Popkulturpessimismus leiden. Die als „Super Nanny“ bekannt gewordene Katia Saalfrank kommt wohl zurück. Nicht in ihrer Funktion als Grenzen des guten Geschmacks überschreitende Anstandsdame, sondern als „einfühlsame“ und „praxisnahe“ Analystin aus der Distanz. So ähnlich zumindest beschreibt „RTL2“ ihre Funktion der Sendung „Helft uns! Die Familienretter“, die im September starten soll. Sie werde darin von Laiendarstellern inszenierte Konflikte aus der Ferne kommentieren. Einfühlsam und praxisnah eben – und vielleicht ein neuer TikTok-Trend.