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 Teilnehmer der Pro-Palästina-Demo bauten vor dem Henry-Ford Bau an der Freien Universität Berlin (FU) Zelte auf. Das Palästinakomitee der FU hatte zum Protestcamp gegen den Gaza-Krieg am Henry-Ford-Bau aufgerufen.

© dpa/Fabian Sommer

Dialogversuch mit Palästina-Aktivisten: Freie Universität Berlin will Gesprächsreihe starten

In einer Gremiensitzung der FU Berlin wurden zwei Studierende angehört, die Teil der Campus-Proteste sind. Die Universitätsleitung will versuchen, die Spannungen durch Gespräche abzubauen.

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Die Hochschulleitung und Gremienmitglieder der Freien Universität Berlin (FU) hörten am Mittwoch Vertreterinnen einer pro-palästinensischen Gruppe an, die auch an Aktionen auf dem FU-Campus beteiligt waren. Die Aktivisten waren in eine Sitzung des Akademischen Senats (AS) eingeladen. Weil in dem Rahmen kein längerer Austausch möglich war, soll das Gespräch zu einem anderen Termin fortgesetzt werden – laut einer FU-Sprecherin als Reihe von öffentlichen und nicht-öffentlichen Runden.

Zwei FU-Studentinnen, die sich als Alissa und Cecilia vorstellten, trugen im AS Reden mit Forderungen und Kritik an der FU und an der deutschen Nahostpolitik vor. „Wir können nicht weiterstudieren, während ein Krieg vor unseren Augen stattfindet“, begründeten sie ihren Protest und brachten mit Verweis auf einen Artikel in der Fachzeitschrift „The Lancet“ ihre Bestürzung über die Opfer im Gaza-Krieg zum Ausdruck.

Erzähl‘ keine Lügen, lies die Berichte richtig, arbeite wissenschaftlich!

Zwischenruf einer Studierenden während der Rede der FU-Studentinnen Alissa und Cecilia

Für die humanitäre Katastrophe machte die Rednerin einzig den „israelischen Staat“ verantwortlich. Die Strategien und das Massaker der Hamas wurden als Auslöser des Kriegs und Faktor in der Führung nicht erwähnt. Eine andere Studierende, die offenbar zur Beobachtung der Reden gekommen war, rief dazwischen: „Erzähl‘ keine Lügen, lies die Berichte richtig, arbeite wissenschaftlich!“

FU hat keine Handhabe bei Forderungen

Diversen Forderungen, die die Aktivisten vorbrachten, kann die FU kaum nachkommen, etwa nach einem Waffenstillstand in Gaza oder einem Stopp deutscher Waffenlieferungen. Darauf wies auch FU-Präsident Ziegler die Rednerinnen am Ende hin.

Auch für die Klärung des Genozid-Vorwurfs gegenüber Israel, den die Studentinnen erhoben, habe eine Universität kein „politisches Mandat“, sagte Ziegler. Kooperationen mit israelischen Universitäten abzubrechen, wie auch gefordert wurde, käme nicht infrage. Er wies die Aktivistinnen auch auf ihre pauschalisierende Rede vom „Staats Israel“ hin und regte Differenzierung an: „Man muss fragen, wer genau tut was?“

Andere Forderungen waren Stipendien für palästinensische Studierende und die Umbenennung des Henry-Ford-Baus in Esther-Bejarano-Bau. Bejarano war eine Überlebende des NS-Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau. Die Studentinnen beklagten auch „Repressionen auf dem Campus“ und forderten, die Strafanzeigen zurückzunehmen, die nach mehreren Räumungen von Besetzungen, zuletzt am Dienstag, erhoben wurde.

Laut FU hat wurde die Einladung in den AS bereits vor mehr als einer Woche an die Beteiligten eines Protestcamps gerichtet, das für rund zwei Wochen vor dem Henry-Ford-Bau errichtet worden war. Während der Zeit des Camps gab es nach ihren Angaben keine Zwischenfälle.

Teilnehmer des Pro-Palästina-Protests bauten vor dem Henry-Ford Bau an der Freien Universität Berlin (FU) Zelte auf.

© dpa/Fabian Sommer

Allerdings hatten sich die Aktivisten am Dienstag entschieden, die Zelte abzubrechen, mit der Begründung, die FU sei auf die Forderungen nicht eingegangen. Daraufhin besetzten sie einen Hörsaal, den die Universität kurz darauf durch die Polizei räumen ließ.

Ein studentisches AS-Mitglied sagte im Anschluss zu den Rednerinnen, es habe auch friedliche Proteste gegeben an der Uni gegeben. Bei dem Thema sollten sich alle Beteiligten um einen ruhigen Ton bemühen und sich bewusst sein, dass manche Schlagworte andere triggerten. Er wies darauf hin, dass nur ein kleiner Teil der Studierenden – etwa 300 bis 500 Personen berlinweit – an den Campus-Protesten beteiligt sei und schlug vor, ein Dialogformat zu finden, das die breite Masse und nicht nur „die üblichen Verdächtigen und ihre Freunde“ anspricht.

Die FU-Leitung hatte sich laut einer Sprecherin dagegen entschieden, die Polizei in den Konferenzraum des AS zulassen. „Es würde die Protestgruppe nur weiter radikalisieren, wenn noch Polizei im Raum wäre.“ Wegen einer Parallel-Veranstaltung im Henry-Ford-Bau, auf der ein NS-Zeitzeuge sprach und auch der stellvertretende Vorsitzende des Zentralrats der Juden präsent war, sei eine große Nervosität der Polizei zu spüren gewesen.

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