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Die Deutsche Polizeigewerkschaft fordert schnellere Verfahren gegen die Aktivist:innen.

© Imago/Aaron Karasek

Update

Nach FDP-Vorwürfen: Berliner Justizsenatorin lehnt Einflussnahme auf Ermittlungen zu Blockaden ab

Klimaaktivisten lösen immer wieder mit Sitzblockaden Verkehrschaos aus. Zeit zu Handeln für Lena Kreck, findet die FDP. Die wehrt sich gegen Anschuldigungen.

Berlins Justizsenatorin Lena Kreck hat sich entschieden gegen eine Einmischung in Ermittlungen zu Straßenblockaden von Klimaschutz-Demonstranten und gegen politischen Druck auf Strafverfolgungsbehörden ausgesprochen.

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„Wir leben in einem Rechtsstaat mit einer Gewaltenteilung, da haben politische Einflussnahmen auf Richter und Strafverfolgungsbehörden nichts verloren“, bekräftigte die Linken-Politikerin am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur, was sie bereits vergangenen Montag dem Tagesspiegel sagte. Auch Selbstjustiz sei fehl am Platz. „Bei allem Verständnis für die Genervtheit der Autofahrerinnen und Autofahrer, die in Staus feststecken.“

Mitglieder der Gruppe „Letzte Generation“ legten in letzter Zeit immer wieder mit Sitzblockaden auf Berliner Straßen den Verkehr lahm. Manche klebten dabei ihre Hände am Asphalt fest. Die Demonstranten fordern entschiedeneres Handeln gegen den Klimawandel. Aus dem politischen Raum wiederum und auch von Polizeigewerkschaften kommen Forderungen, Strafverfahren gegen Blockierer zu beschleunigen und die Personen schneller zu verurteilen.

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FDP-Fraktionschef Sebastian Czaja warf Kreck vor, nicht entschieden genug zu handeln. „Dass die Blockierer die Gesellschaft in Geiselhaft nehmen und Einsatz- und Rettungsfahrzeuge, die lebensrettende Maßnahmen durchführen, blockieren, ausbremsen und einengen, ist für uns wirklich nicht hinnehmbar“, sagte er der dpa. „Die Justizsenatorin ist in der Verantwortung, dafür zu sorgen, dass in diesen Fällen endlich beschleunigt ermittelt wird, damit schnell Urteile gesprochen werden können.“

Berlins Justizsenatorin: Lena Kreck (Linke).
Berlins Justizsenatorin: Lena Kreck (Linke).

© Imago Images/Fotostand/Reuhl

Die Polizei leiste hervorragende Arbeit. „Es fehlt jedoch bei der Justizsenatorin am politischen Willen, dass in Zusammenarbeit mit der Polizei möglichst schnell ermittelt wird“, meinte Czaja. „Sie muss eine Task Force zusammenstellen, und es müssen zeitnah Anklagen durch die Staatsanwaltschaft erfolgen. Bisher gibt es kein einziges Urteil.“

Czaja: „Man darf fragen, ob Kreck toleriert, was stattfindet"

Die Blockade-Aktionen seien keine Einzelfälle, es zeige sich ein strukturiertes Vorgehen der Aktivisten. „Aber wir sehen, dass nicht schnell genug gehandelt wird. Polizeilich ja. Aber wir brauchen hier eine enge Zusammenarbeit von Polizei und Justiz bei der Fallbearbeitung“, sagte Czaja. „Für die Justiz ist Senatorin Kreck verantwortlich. Und man darf sich in diesen Tagen durchaus die Frage erlauben, ob sie sich mit den Blockierern gemein macht, weil sie nicht ihren umfassenden Kompetenzen nachkommt und ein stückweit toleriert, was in dieser Stadt stattfindet, oder nicht.“

Kreck wies die Vorhaltungen zurück. „Wir haben mit den Innenbehörden in einem Spitzengespräch vereinbart, die Zusammenarbeit im Komplex „Aufstand der letzten Generation“ von Berliner Staatsanwaltschaft und Polizei weiter zu optimieren“, sagte sie. „Bereits vorher hatte die Staatsanwaltschaft extra eine Schwerpunktabteilung gebildet.“

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Klar sei: „Für die Beschuldigten gilt bis zu einem Urteil die Unschuldsvermutung. Eine Verurteilung kommt nur dann zustande, wenn keine Zweifel bestehen, dass eine Straftat begangen wurde. Das Gericht muss überzeugt sein, dass der Straftatbestand - zum Beispiel Nötigung, Widerstand, gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr - erfüllt ist. Dafür muss sehr sauber ermittelt werden.“ Auch das hatte Kreck am vergangenen Montag im Gespräch mit dem Tagesspiegel betont.

Aktuell laufen im Zusammenhang mit den Straßenblockaden 73 strafrechtliche Ermittlungsverfahren gegen 40 Beschuldigte, wie Kreck ergänzte. Auch Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey und Innensenatorin Iris Spranger (beide SPD) hatten die Protestaktionen zuletzt mehrfach kritisiert und konsequentes Vorgehen angemahnt.

Auch Berlins Generalstaatsanwältin Margarete Koppers wehrt sich gegen zunehmenden Druck auf die Justiz im Zusammenhang mit Blockadeaktionen von Klimaschutz-Demonstranten. „Wir sind natürlich nicht untätig und in gutem und engem Austausch mit dem Landeskriminalamt“, sagte Koppers im „taz"-Interview.

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Zuvor hatte die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) schnellere Verfahren gefordert und der Berliner Justiz Untätigkeit vorgeworfen. „Wenn man die jüngsten Erklärungen der Polizeigewerkschaften liest, fällt einem der Kitt aus der Brille“, meinte Koppers dazu.

Auch am Montag war die Polizei wegen entsprechender Aktionen wieder im Einsatz. Zum Wochenstart waren erneut Mitglieder der Gruppe „Letzte Generation“ an mehreren Stellen aktiv. Die Polizei sprach von mehr als 40 Demonstrant:innen an etwa fünf Orten, einige seien am Asphalt festgeklebt gewesen. 24 Menschen seien in Gewahrsam genommen worden, teilte die Gruppe „Letzte Generation“ am Abend bei Twitter mit.

Generalstaatsanwältin Koppers bedauerte unterdessen, dass durch den politischen Druck Staatsanwaltschaft und Polizei „auseinanderdividiert“ würden. „Die sollten sich einfach einmal beim Landeskriminalamt sachkundig machen, woran es liegt, dass sich die Ermittlungen so hinziehen. Da hat doch jemand überhaupt keine Vorstellung vom Rechtsstaat“, sagte Koppers in Richtung Gewerkschaft.

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Auch Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey und Innensenatorin Iris Spranger (beide SPD) hatten die Protestaktionen mehrfach kritisiert und konsequentes Vorgehen angemahnt.

„Berlin ist eine Autofahrerstadt"

„Der Druck aus der Stadtgesellschaft ist sehr groß“, meinte Koppers dazu im Interview. „Berlin ist eine Autofahrerstadt; dass es noch keine Anklagen und Urteile gibt, ist für Menschen, die juristisch nicht vorgebildet sind, vermutlich schwer nachzuvollziehen.“ Da die Menschen nicht im Stau stehen wollten, wachse der Druck auf die Politik, etwas dagegen zu unternehmen.

Nach eigenen Angaben beschäftigen die Berliner Staatsanwaltschaft bislang 73 Verfahren im Zusammenhang mit den Blockaden von Klimaaktivist:innen. Dabei geht es um Aktionen von Januar bis März. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft konnte jedoch noch in keinem der Verfahren eine Entscheidung darüber getroffen werden, ob Anklage erhoben wird.

Voraussetzung dafür seien abgeschlossene Ermittlungen der Polizei. Die müsse aber noch wichtige Punkte klären. „Bei der Polizei selbst sind nach meinem Kenntnisstand seit Jahresanfang um die 600 Strafanzeigen wegen der Straßenblockaden eingegangen“, sagte Koppers weiter. (dpa)

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