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Kosten der Flughafen-Pleite: Die Drei-Milliarden-Euro-Frage

Der Kreditrahmen für BER ist ausgeschöpft – das wussten die Länderchefs offenbar schon länger. Jetzt müssen sie sich rechtfertigen.

Erst das Termindebakel, dann die verheimlichte Kostenexplosion beim BER: In Brandenburg wächst der Druck auf den Ministerpräsidenten und Vize-Aufsichtsratschef Matthias Platzeck (SPD), der am Montag eine Regierungserklärung zum Flughafen abgeben will. Nicht nur die Opposition fordert „selbstkritische“ Aufklärung, wie es zu den Missständen kommen konnte.

Auch der Brandenburger SPD-Bundestagsabgeordnete Peter Danckert sprach klare Worte: „Ich erwarte von Ministerpräsidenten reinen Tisch, auch zu den Versäumnissen, zur Mitverantwortung des Aufsichtsrates, und zwar zur Kostenexplosion und zu den Verzögerungen“, sagte Danckert am Freitag dem Tagesspiegel. Dass der Aufsichtsrat 2011 nur vier Mal getagt habe, was der gesetzlichen Mindestzahl entspreche, zeige die fehlende Akribie des Kontrollgremiums. Er wolle auch wissen, wer die Verantwortung für die Diskrepanz trage, dass die Kosten vom geplanten Investitionsvolumen von 2,5 Milliarden Euro inzwischen die drei Milliarden überschreite, während man die betroffenen Bürger der Umgebung „mit Billigschallschutz abspeist“.

Wie berichtet, gehen Geschäftsführung und Aufsichtsrat seit Dezember 2011 von einem bewilligten Investitionsbudget von 2,995 Milliarden Euro aus, Aufträge über 2,5 Milliarden Euro sind bereits vergeben. CDU-Fraktionsvize Dieter Dombrowski verlangt Aufklärung: „Wenn der Aufsichtsrat bereits im Dezember 2011 tatsächlich die Kostensteigerung auf knapp drei Milliarden Euro gebilligt hat, ist der Ministerpräsident seiner Pflicht nicht nachgekommen, das Parlament über die Probleme selbstständig zu informieren“. Grünen-Frakionschef Axel Vogel erinnerte daran, dass Finanzminister Helmuth Markov (Linke), der ebenfalls im BER-Aufsichtsrat und dort dem Finanzausschuss vorsteht, jüngst im Landtag trotz Nachfragen nichts Konkretes zu den Baukosten am Hauptstadtflughafen gesagt hat. „Man hat den Eindruck, dass hier absichtlich Informationen zurückgehalten wurden“, sagte Vogel. Die Grünen fordern nun erst recht den Rücktritt des gesamten BER-Aufsichtsrates. Flughafengegner wollen den Rücktritt von Klaus Wowereit als Regierungschef. Zudem müsse er sich als Aufsichtsratsvorsitzender der Flughafengesellschaft selbst entlassen, sagte ein Sprecher der Friedrichshagener Bürgerinitiative. Moderater äußerte sich FDP-Landeschef Gregor Beyer. „Niemand ist davon ausgegangen, dass es beim Kostenrahmen von 2,5 Milliarden Euro bleibt.“ Dennoch sei es schlechter Stil, wie Finanzminister Markov zur Kostenfrage im Finanzausschuss herumgedruckst habe.

Wowereit bestätigte im Verkehrsausschuss des Abgeordnetenhauses, dass der Kreditrahmen von 2,4 Milliarden Euro fast ausgereizt sei. Wahrscheinlich werde die „Kante übersprungen“. Mehrkosten, zu denen auch noch die Anwendungen durch die Verschiebung des Eröffnungstermins kommen, müsste zunächst die Flughafengesellschaft aufbringen. Dass die Verspätungskosten bei rund 15 Millionen Euro pro Monat liegen, dementierte Wowereit nicht. Verlässliche Angaben könne man noch nicht machen.

Wegen der Verspätung entgehen der Flughafengesellschaft Einnahmen in Millionenhöhe, weil sie auf dem neuen Airport wesentlich höhere Gebühren von den Fluggesellschaften kassiert hätte. Auch Mitarbeiter, die für BER eingestellt worden sind, müssen bezahlt werden. Wegen der für den Flughafenausbau aufgenommenen Kredite macht der Flughafen bereits jetzt allerdings Verluste. Sie werden in den nächsten Jahren noch steigen, hat Flughafenchef Rainer Schwarz bereits angekündigt. Sollte der Flughafen Berlin-Brandenburg die Mehrkosten nicht aufbringen können, müssten die Gesellschafter Berlin, Brandenburg und der Bund einspringen, kündigte Wowereit ferner an. Berücksichtigen müsse man dabei, dass deren Beiträge mit zusammen 440 Millionen Euro, die längst überwiesen seien, bisher verhältnismäßig bescheiden seien.

Das Land Berlin zahlte seit dem Jahr 2000 Zuschüsse und Kapitalzuführungen von 208 Millionen Euro. Außerdem wurden in diesem Zeitraum öffentliche Darlehen in Höhe von 133 Millionen Euro gewährt. Der Bürgschaftsrahmen für die Absicherung von Krediten der Flughafengesellschaft beträgt 880 Millionen Euro, wurde bisher aber nur zur Hälfte in Anspruch genommen.

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