
© Boris Buchholz
„Eure Wahl, unsere Zukunft“: Im Berliner Südwesten gehen hunderte Schüler gegen den Rechtsruck auf die Straße
Es ist die Sorge, nicht gehört zu werden: Schüler aus der ganzen Stadt demonstrierten vor der Bundestagswahl auf der Steglitzer Schloßstraße, um für Demokratie, Vielfalt und ihre Zukunft einzustehen.
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Hunderte Schülerinnen und Schüler haben am Mittwochvormittag auf der Schloßstraße in Steglitz gegen rechts demonstriert. „Eure Wahl, unsere Zukunft“, riefen die Kinder und Jugendlichen unter anderem. Laut Angaben des Organisatoren-Teams nahmen 6000 junge Leute an der Demonstration, die vom Rathaus Steglitz bis zum Walther-Schreiber-Platz und wieder zurückführte, teil. Die Polizei sprach von etwa 1200 Teilnehmern.
„Wir sind heute hier, weil wir für Demokratie und für Vielfalt einstehen“, sagt Pauline Hebes. „Es ist gerade extrem wichtig, dass wir uns gegen den Rechtsruck stellen.“ Die 16-Jährige ist eine der Pressesprecherinnen der Gruppe „Fichte ohne Rassismus“, kurz Fiora, einer Schüler-Arbeitsgruppe der Steglitzer Fichtenberg-Oberschule. Die Gruppe hat die Demonstration organisiert und bei der Polizei angemeldet, die Schule selber hatte mit der Demonstration nichts zu tun. Wer Unterricht hatte und zur Demo ging, erhält einen Eintrag mit unentschuldigten Fehlstunden.

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Das schreckte die Schüler nicht ab. „Wir setzen ganz klar ein Zeichen und positionieren uns, das ist in einer Demokratie besonders wichtig“, sagt Co-Fiora-Sprecher Johannes. „Und dafür eine Fehlstunde zu akzeptieren, sind für mich keine großen Kosten“, sagt der 17-Jährige.
Ich habe Angst, dass die älteren Wahlberechtigten, in ihrer Mehrheit nicht im Sinne der jüngeren Generation abstimmen.
Lilli Shetifa, Friedenauer Gemeinschaftsschule
Was die Schülerinnen und Schüler von den Erwachsenen erwarten, erklärt die 16-jährige Alva Stanze von der Friedenauer Gemeinschaftsschule in ihrer Rede bei einer Zwischenkundgebung vor dem Forum Steglitz: „Liebe ältere Wahlberechtigten, ich bitte Sie inständig, Ihre Wahlstimme auch immer mit Ihrem Enkelkind und mit Ihren Kindern abzustimmen – wir dürfen noch nicht wählen.“

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Im Demoaufruf ist davon die Rede, dass die junge Generation nicht wisse, ob ihre Stimme gehört wird. „Es gab noch nie eine Wahl, bei der 50 Prozent der Wahlberechtigten über 50 Jahre alt waren“, ruft die 16-jährige Lilli Shetifa ihren Mitschülerinnen und -schülern zu. „Ich habe Angst, dass die älteren Wahlberechtigten, in ihrer Mehrheit nicht im Sinne der jüngeren Generation abstimmen.“
Sie müsse sich eigentlich auf ihre Prüfungen zum Mittleren Schulabschluss konzentrieren, doch sie mache sich Sorgen um den Klimawandel, um das Erstarken rechter Parteien, die Bildungsreform und „die ungleiche Verteilung von Reichtum auf diesem Planeten“. Auch Shetifa besucht die Gemeinschaftsschule in Friedenau.

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Die Demonstrierenden kamen aus allen Ecken der Stadt: vom Robert-Blum-Gymnasium in Schöneberg, von der Paula-Fürst-Schule in Wilmersdorf, vom Felix-Mendelssohn-Bartholdy-Gymnasium in Friedrichshain, vom Schiller-Gymnasium in Charlottenburg und dem Dreilinden-Gymnasium in Nikolassee. Bei einer Umfrage des Tagesspiegels nannten die Jugendlichen zwanzig Berliner Schulen, auf die sie gehen.
Gegen 14 Uhr wurde die Demonstration auf dem Hermann-Ehlers-Platz beendet. Laut Polizei kam es zu keinen Zwischenfällen. Man sei beeindruckt gewesen, wie gut sich die Schülerinnen und Schüler organisiert hätten, sagte ein Sprecher.
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