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Zähne zusammenbeißen. Wegen Corona könnte es ein größeres Interesse als sonst an der Grippeimpfung geben.

© Foto: Marcus Brandt/dpa

Nachfrage gestiegen: Geht Berlin der Grippe-Impfstoff aus?

Vereinzelt werden in Berlin Engpässe bei der Versorgung mit der Impfung bekannt. Die Kassenärztliche Vereinigung relativiert den Eindruck.

Was, wenn beide Eltern krebskrank sind, damit zur Corona-Risikogruppe gehören – und wegen fehlender Impfdosen nicht, wie empfohlen, gegen Grippe geimpft werden können?

So ergeht es aktuell einer Berlinerin, die sich an diese Zeitung gewandt hat. Zuerst habe sie eine Absage vom Hausarzt bekommen, der keine weitere Lieferung erhalten haben will. Eine Apotheke in den Schönhauser Allee Arkaden, wo sie auch nach Impfdosen gefragt hatte, vertröstete sie auf Ende November. Bei zwei weiteren Apotheken habe sie ebenfalls ihr Glück versucht – erfolglos, berichtet die Frau.

Geht der Region Berlin-Brandenburg demnächst der Grippe-Impfstoff aus? Am Montag berichtete die „Abendschau“ des RBB, dass für die 80 Millionen Bundesbürger nur 26 Millionen Impfdosen zur Verfügung stünden. Das Interesse an einer Immunisierung dürfte angesichts der Corona-Pandemie in diesem Jahr größer sein als sonst.

„Mein Wunsch wäre es tatsächlich, dass man jetzt bis Mitte Dezember vielleicht denen den Vorrang gibt, die zu den Risikogruppen gehören“, sagte Martin Terhardt von der Ständigen Impfkommission beim Robert-Koch-Institut.

Zudem berichten laut RBB einzelne Arztpraxen davon, dass die im Frühjahr von den Praxen auf Vorrat bestellten Impfdosen bereits aufgebraucht seien. So werden in einer Praxis in Lichterfelde Patienten mittlerweile standardmäßig mit einem Kassenrezept versehen, um sich den Impfstoff selbst in der Apotheke abzuholen – vorausgesetzt, die hat den Impfstoff auch tatsächlich vorrätig.

Lieferprobleme beim Großhandel?

„Vereinzelt melden uns Apotheken, dass es Schwierigkeiten beim Großhandel gibt“, sagt Mathias Braband-Trabandt vom Brandenburger Apothekerverband in Potsdam. Die im März und April bestellten Vorbestellungen seien planmäßig abgearbeitet. „Wir wissen, dass durch Ärzte verstärkt Bedarf gemeldet wird – und die Impfsaison hat gerade erst begonnen.“

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Ähnlich formuliert es Stefan Schmidt vom Berliner Apothekerverein. „Die von den Ärzten vorbestellten Mengen sind vollständig in der Auslieferung“, sagt er. Die Auslieferung erfolge sukzessive.

Dass im Verhältnis zu den Vorbestellungen zu wenig ausgeliefert werde, sei beim Verband nicht bekannt. „Dass bei einzelnen Praxen zu wenig vorbestellt wurde, kann ich aber nicht ausschließen.“

Die Kassenärzte geben Entwarnung

Bei der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Berlin sieht man derzeit keine Engpässe in Sachen Grippe-Impfstoff. „Die Niedergelassenen haben sich in allen Berliner Bezirken gleichermaßen auf die bevorstehende Infekt- und Grippezeit vorbereitet“, sagt Pressesprecherin Dörthe Arnold.

„Die erste Charge des Grippeimpfstoffes ist laut unserer Kenntnis bereits ausgeliefert, die zweite ist unterwegs.“ Bestellt würden die Impfstoffe direkt von den Vertragsarztpraxen. Über die genaue Zahl der Bestellungen für die gesetzlich versicherten Patienten habe die KV allerdings keine Kenntnis.

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Der stellvertretende Sprecher im Potsdamer Gesundheitsministerium, Dominik Lenz, sagte ebenfalls, dass es nach Informationen des Ministeriums im Land Brandenburg gegenwärtig keinen Mangel an Grippeimpfstoffen gebe. Auch nach Auskunft des Bundesministeriums für Gesundheit stünde derzeit in Deutschland ausreichend Impfstoff zur Verfügung.

„Da muss ich’s wohl auf dem Schwarzmarkt versuchen“

„Da der Grippeimpfstoff für die Saison 2020/2021 von den Herstellern und Großhändlern zeitlich versetzt ausgeliefert wird, kann es zu zeitweisen Lieferengpässen kommen“, erklärte Lenz und betonte, dass die Grippesaison gerade erst begonnen habe. „Insbesondere in den Monaten Oktober bis Dezember sollte gegen die Grippe geimpft werden.“

Selbst zu Beginn des Folgejahres könne durch eine Impfung noch ein wirksamer Schutz aufgebaut werden. Im Übrigen sei es sogar möglich, dass sich auch Patienten aus Berlin oder Mecklenburg-Vorpommern in Brandenburg impfen lassen könnten.

Die Frau, deren Eltern dringend eine Impfung benötigen, sucht noch vor Ort weiter. „Da muss ich’s wohl jetzt auf dem Schwarzmarkt versuchen“, sagt sie mit einigem Sarkasmus in der Stimme.

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