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Stephan Schwarz (parteilos), Senator für Wirtschaft, Energie und Betriebe des Landes Berlin ist Miteigentümer der GRG Services Group - führt aber nicht mehr das operative Geschäft.

© Annette Riedl/dpa

Update

Investitionsbank, Wasserbetriebe, Flughafen: Darf die Reinigungsfirma des Senators bei landeseigenen Unternehmen putzen?

Die Reinigungsfirma von Berlins Wirtschaftssenator Schwarz unterhält mindestens sieben Verträge mit landeseigenen Einrichtungen. Die FDP will es genauer wissen.

Dass die Doppelrolle als Wirtschaftssenator und Miteigentümer des Reinigungsunternehmens GRG Services Group Kritiker auf den Plan rufen würde, muss Stephan Schwarz klar gewesen sein, noch ehe er die Rolle für viele überraschend übernommen hatte: Bereits in seinem ersten Interview nach der Vereidigung am 21. Dezember wurde der Firmenerbe gefragt, wie er Interessenkonflikte zu vermeiden gedenke.

Die gebe es nicht, „weil ich keinerlei Einfluss mehr nehmen kann“, antwortete der Quereinsteiger ins politische Geschäft – und verwies darauf, seine Ämter in allen Gremien des Unternehmens niedergelegt zu haben. Zwar besitze er „keinerlei Organfunktion“ mehr, bleibe aber „natürlich“ Miteigentümer des Familienunternehmens, sagte Schwarz weiter und stellte klar: „Ich möchte daraus keinen Vorteil für mein Unternehmen haben.“

Die Opposition im Abgeordnetenhaus möchte naturgemäß genauer wissen, wie Schwarz, der viele Jahre auch ehrenamtlicher Präsident der Berliner Handwerkskammer war, Politik und Geschäft auseinanderhalten will. Der FDP-Abgeordnete Tobias Bauschke fragte in einer schriftlichen Anfrage bei der für Landesaufträge zuständigen Finanzverwaltung nach, welche wirtschaftlichen Beziehungen zwischen dem Land Berlin und der bis vor Kurzem von Schwarz geführten GRG Services Group bestehen.

Die Antworten liegen dem Tagesspiegel exklusiv vor. Nach Angaben der Finanzverwaltung bestehen in vier Fällen Geschäftsbeziehungen zwischen der GRG Services Group und dem Land Berlin. Hinzu kommen Vertragsbeziehungen mit den Berliner Wasserbetrieben, der Flughafengesellschaft Berlin Brandenburg und der Investitionsbank Berlin (IBB).

Zwar wurden sämtliche Vertragsbeziehungen vor November 2021 eingegangen und seitdem weder verlängert noch beendet, was eine direkte Einflussnahme von Schwarz als Wirtschaftssenator faktisch ausschließt. Nähere Informationen zu Inhalt oder Umfang der Geschäftsbeziehungen macht die Finanzverwaltung jedoch nicht. Begründung: „Einzelheiten unterliegen dem Betriebs- und Geschäftsgeheimnis.“

Bauschke gibt sich mit den spärlichen Angaben nicht zufrieden

FDP-Mann Bauschke, erst seit wenigen Monaten Mitglied des Parlaments und in der Fraktion Sprecher für Soziales und Pflege, will sich damit nicht zufrieden geben. „Dreist“ nennt er die aus seiner Sicht spärlichen Angaben des Senats zu seinen Fragen und erklärt: „Statt transparent zu antworten, befeuert der Senat mit seiner Vernebelung Misstrauen und regt zu Spekulation an.“ Der Wirtschaftssenator müsse „reinen Tisch machen“, fordert Bauschke. Er erklärt, die Öffentlichkeit habe ein Recht darauf zu erfahren, „ob in diesem Fall ein eklatanter Interessenkonflikt vorliegt oder nicht.“

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Der Senator selbst beantwortete eine Tagesspiegel-Nachfrage bezüglich seiner Doppelfunktion und den daraus resultierenden Rollenkonflikten ähnlich informationsarm und in Teilen wortgleich zur Finanzverwaltung. „Als Minderheitsgesellschafter der GRG Services Group ohne Geschäftsführungsbefugnis bin ich nicht berechtigt, Auskünfte über die Vertragsbeziehungen zwischen GRG Services Group und der BIM Berliner Immobilienmanagement GmbH zu erteilen“, antwortete Schwarz auf die Frage nach Art und Umfang der Geschäftsbeziehungen zwischen Unternehmen und Land Berlin.

Eine Reinigungsfachkraft von Schwarz Firma GRG Services reinigt den Boden in einem Gewerbegebäude. Das Unternehmen beschäftigt rund 4000 Personen.
Eine Reinigungsfachkraft von Schwarz Firma GRG Services reinigt den Boden in einem Gewerbegebäude. Das Unternehmen beschäftigt rund 4000 Personen.

© Kai-Uwe Heinrich

Die Frage nach seiner Doppelfunktion als Senator auf der einen und Miteigentümer eines 4000 Mitarbeiter starken Unternehmens auf der anderen ließ er an sich abprallen. „Aus meinem Amt als Senator darf kein Vorteil für das Familienunternehmen entstehen. Aber es darf auch keinen Nachteil geben für das Unternehmen und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, wenn ich mich in der Politik engagiere“, erklärte Schwarz.

Hier trifft der Senator einen Nerv bei der sonst wirtschaftsfreundlichen FDP: Je lauter die Partei Kritik an Aufträgen für Schwarz’ Firma übt, desto mehr schreckt sie auch andere Unternehmerinnen und Unternehmer davon ab, selbst Verantwortung in der Verwaltung zu übernehmen.

Schwarz will lieber Staatssekretäre in Aufsichtsräte der Unternehmen entsenden

Klar ist aber auch: Der Politiker Schwarz darf sich nicht mit Angelegenheiten des Unternehmers Schwarz befassen. In dem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob und wie Stephan Schwarz gedenkt, die Aufsichtsräte der Wasserbetriebe und der Investitionsbank zu leiten – Unternehmen, die seine GRG beauftragt haben. Wie berichtet trifft Schwarz aktuell Vorbereitungen, um die einem Sprecher zufolge mit „anspruchsvollen und zeitaufwendigen Aufsichts- und Kontrollpflichten“ verbundene Rolle von einem seiner Staatssekretäre übernehmen zu lassen.

Die Frage, ob die dafür nötige Gesetzesänderung mit seiner Rolle als Miteigentümer eines Auftraggebers der künftig möglicherweise durch ihn vertretenen landeseigenen Firmen motiviert ist, beantwortet Schwarz knapp mit „Nein“. Gleichzeitig erklärt er: „Bei landeseigenen Unternehmen greife ich in meiner Funktion als Aufsichtsrat nicht in das operative Tagesgeschäft ein und treffe auch keine Entscheidungen in Vergabeverfahren.“ Bislang wiederum hat er keinen der zwei ihm theoretisch zustehenden Aufsichtsratsposten überhaupt angenommen. Im Fall der IBB soll darüber laut Unternehmenssprecherin Claudia Davies erst im März entschieden werden.

Die Zentrale der Investitionsbank Berlin in Wilmersdorf: Bei diesem landeseigenen Unternehmen reinigt die Firma des Senators regelmäßig die Fenster.
Die Zentrale der Investitionsbank Berlin in Wilmersdorf: Bei diesem landeseigenen Unternehmen reinigt die Firma des Senators regelmäßig die Fenster.

© promo

Schwarz’ GRG Services Group habe vor etwa einem Jahr nach einer Ausschreibung den Zuschlag für den Auftrag zur Reinigung der Fenster und Fensterrahmen der IBB-Zentrale in der Bundesallee in Wilmersdorf erhalten, heißt es. Es ist allerdings schwer einzuschätzen, ob dieser Auftrag so groß ist, dass es theoretisch zu der Situation kommen könnte, dass ein möglicher IBB-Aufsichtsratschef Schwarz über eine Verlängerung eines Auftrages an den GRG-Miteigentümer Schwarz zu befinden hätte: „Aus datenschutzrechtlichen Gründen dürfen wir leider keine Vertragsdetails veröffentlichen“, sagt IBB-Sprecherin Davies.

Nur so viel sei verraten: Die GRG reinigt die Hochhausflächen der Bankzentrale zweimal jährlich. Die ebenerdigen Flächen würden „wesentlich öfter“ gereinigt, viele davon monatlich, einige aber auch vierteljährlich.

Hinweis: In einer ersten Fassung des Beitrags wurde Stephan Schwarz als Ex-Präsident der Handelskammer Berlin bezeichnet. Tatsächlich war Schwarz von 2003 bis 2019 Präsident der Berliner Handwerkskammer. Wir bitten diesen Fehler zu entschuldigen.

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